ASIEN/HEILIGES LAND - Ökumenische Gruppe widerlegt Rede von Benjamin Netanjahu bei den Vereinten Nationen: „Besatzung ist Ursache für Rückgang der christlichen Präsenz“

Montag, 29 September 2025 Ökumene   krisengebiete   ostkirchen   ortskirchen   mittlerer osten  

UN News

Bethlehem (Fides) – Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu dürfe es sich nicht erlauben, „die Wahrheit zu verdrehen“, was die Lage der Christen im Heiligen Land und die Probleme betrifft, die seit Jahrzehnten zu ihrer Abwanderung führen.
Die gemeinsame Erklärung von „A Jerusalem Voice for Justice“ ist unmissverständlich und widerlegt die jüngsten Äußerungen Netanjahus zu den Ursachen, die seit langem zum Rückgang der christlichen Präsenz im Land Jesu führen. Diese Ursachen hängen – so die Unterzeichner der Erklärung – mit den Folgen der israelischen Besatzung zusammen und nicht mit der Rolle der Palästinensischen Autonomiebehörde.
Mit der Erklärung wollen Mitglieder der ökumenischen Gruppe insbesondere, einen Abschnitt der Rede zurückweisen, die der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am 26. September vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York gehalten hat.
Die Rede des israelischen Premierministers vor der UNO – so schreiben die Unterzeichner der Erklärung – sei gespickt gewesen mit „vielen Halbwahrheiten und unverhohlenen Lügen, habe auf Islamfeindlichkeit zurückgegriffen und bewusst Antisemitismus mit legitimer Kritik am Zionismus und an Israel verwechselt“.
Netanjahu widmete einen entscheidenden Teil seiner Rede auch der christlichen Präsenz im Heiligen Land. „Den Christen“, so der Ministerpräsident des jüdischen Staates, „geht es nicht viel besser. Als Bethlehem, der Geburtsort Jesu, unter israelischer Kontrolle stand, waren 80 % seiner Einwohner Christen. Aber seit die Palästinensische Autonomiebehörde die Kontrolle übernommen hat, ist diese Zahl auf weniger als 20 % gesunken.“ Eine Behauptung, die von den Mitgliedern der ökumenischen Gruppe anhand von Zahlen und historischen Bezügen widerlegt wird.
„Bethlehem“, heißt es in ihrem Dokument, „war bis 1948 eine mehrheitlich christliche Stadt: Damals waren mehr als 80 % der Bevölkerung Christen. Mit der Vertreibung von etwa 750.000 palästinensischen Flüchtlingen aus ihrer Heimat im historischen Palästina während der ‚Nakba‘ von 1948 entstanden in Bethlehem drei Flüchtlingslager, wodurch sich die demografische Zusammensetzung der Stadt veränderte. Als Israel 1967 das Westjordanland besetzte, hatte Bethlehem eine mehrheitlich muslimische Bevölkerung.“
Dananch „führten Jahrzehnte der israelischen Besatzung, die harte Lebensbedingungen mit sich brachten, zur Auswanderung vieler Christen und Muslime, und diese Situation dauert bis heute an.“
Auch Bethlehem, eine Stadt, die vom christlichen Pilgertourismus abhängig ist, „hat in den letzten zwei Jahren des Krieges Israels gegen Gaza besonders gelitten“, da der Zustrom von Pilgern aus aller Welt fast vollständig zum Erliegen gekommen sei „Hunderte von Menschen“, berichten die Mitglieder von „A Jerusalem Voice for Justice“, „haben Bethlehem in den letzten Monaten aufgrund der anhaltenden Verwüstungen durch die israelische Besatzung und der militärischen Gewalt verlassen“. „Der Grund, warum Christen und viele andere Bethlehem verlassen, ist also die israelische Besatzung und ihre Politik der Sperren, der Kontrolle von Aufenthaltsgenehmigungen und des Ausschlusses von Aufenthaltsrechten, und nicht die Politik der Palästinensischen Autonomiebehörde”. Angesichts der Tragödie der Gegenwart lebten „Christen und Muslime in Bethlehem und in ganz Palästina weiterhin als ein Volk zusammen und teilen die gleichen Kämpfe unter der Besatzung“.
Die Gruppe „A Jerusalem Voice for Justice” ist spontan entstanden und hat sich angesichts der erneuten Ausbrüche von Gewalt und Terror im Heiligen Land zusammengeschlossen, um die Ereignisse und Prozesse zu analysieren, die das Leben der Völker im Land Jesu beeinflussen und erschüttern. Zu dem Netzwerk gehören unter anderem der emeritierte lateinische Patriarch von Jerusalem Michel Sabbah, der lutherische Bischof Munib Younan, der griechisch-orthodoxe Bischof Attallah Hanna, die Koordinatorin des ökumenischen Zentrums „Sabeel“, Sawsan Bitar, der palästinensische Theologe John Munayer, der Jesuitenpater David Neuhaus und Pater Frans Bouwen von der Gesellschaft der Afrikamissionare (Weiße Väter) und Pater Alessandro Barchi von der Don Giuseppe Dossetti gegründeten „Piccola Famiglia dell'Annunziata“.
(GV) (Fides 29/9/2025)


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