VATIKAN - Papst Franziskus: “Der ‚dritte Weltkrieg in Stücken‘ verwandelt sich immer mehr in einen echten globalen Konflikt“

Montag, 8 Januar 2024 papst franziskus   frieden   kriege  

https://www.vaticannews.va/it/papa/news/2024-01/papa-francesco-discorso-corpo-diplomatico-santa-sede-guerra-pace.html

Vatikanstadt (Fides) - Der "dritte Weltkrieg in Stücken" verwandle sich in einen "echten globalen Konflikt", warnt Papst Franziskus in seiner Ansprache an das beim Heiligen Stuhl akkreditierte Diplomatische Korps. Unter Bezugnahme auf sein oft geäußertes Konzept eines "Weltkriegs in Stücken" stellt Papst Franziskus fest, dass die Konflikte im vergangenen Jahr nicht nur nicht abgenommen haben, sondern sich sogar noch ausgeweitet haben. Der Papst beklagt auch die Schwächung des Multilateralismus und stellt fest, dass "die Gremien, die zur Förderung von Sicherheit, Frieden und Zusammenarbeit geschaffen wurden, nicht mehr in der Lage sind, alle ihre Mitglieder an einem Tisch zu vereinen". "Es besteht die Gefahr einer Zersplitterung (der internationalen Gemeinschaft) in 'Clubs', die nur Staaten aufnehmen, die ideologisch ähnlich sind", bedauerte er.
"Moderne Kriege finden nicht mehr nur auf abgegrenzten Schlachtfeldern statt, und es geht auch nicht mehr nur um Soldaten“, so der Bischof von Rom, „In einem Kontext, in dem die Unterscheidung zwischen militärischen und zivilen Zielen nicht mehr zu gelten scheint, gibt es keinen Konflikt, der nicht in irgendeiner Weise die Zivilbevölkerung trifft". Die zivilen Opfer dürfen nicht als "Kollateralschäden" betrachtet werden, warnt der Papst, denn hinter diesem Ausdruck stehen die Gesichter und Namen von Menschen, Männern, Frauen und Kindern. " Wenn wir jedem einzelnen von ihnen in die Augen schauen, sie beim Namen nennen und ihre persönliche Geschichte erzählen könnten, würden wir den Krieg als das erkennen, was er ist: nichts als eine entsetzliche Tragödie und ein unnötiges Blutbad, das die Würde jedes Menschen auf dieser Erde verletzt", so der Papst.
Papst Franziskus rief daher zur Achtung der Menschenrechte auf, und auch wenn man gezwungen sei, zur Selbstverteidigung zu kämpfen, müsse man immer die Verhältnismäßigkeit der Antwort beachten. "Die Ereignisse in der Ukraine und im Gazastreifen sind ein klarer Beweis dafür", fuhr er fort: "Wir dürfen nicht vergessen, dass schwere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht Kriegsverbrechen sind und dass es nicht genügt, sie aufzudecken, vielmehr müssen sie verhindert werden. Wir brauchen daher ein stärkeres Engagement der internationalen Gemeinschaft für den Schutz und die Durchsetzung des humanitären Völkerrechts, das der einzige Weg zu sein scheint, um die Menschenwürde in Kriegssituationen zu schützen".
Der Weg zum Frieden führe über Abrüstung, denn die Anhäufung von Waffen schaffe nur eine illusorische und trügerische Abschreckung. "Waffen schaffen Misstrauen und vergeuden Ressourcen. Wie viele Leben könnten mit den Mitteln, die heute für die Rüstung aufgewendet werden, gerettet werden? Wäre es nicht besser, sie in echte globale Sicherheit zu investieren?", fragt sich der Papst.
"Der Weg zum Frieden erfordert die Achtung der Menschenrechte, wie sie in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, deren 75-jähriges Bestehen wir gerade gefeiert haben, einfach und klar formuliert sind", erinnerte Papst Franziskus und betonte, dass es sich dabei "um vernünftige und allgemein anerkannte Grundsätze handelt". „Leider", so fügte er hinzu, "haben die Versuche der letzten Jahrzehnte, neue Rechte einzuführen, die nicht vollständig mit den ursprünglich definierten übereinstimmen und nicht immer akzeptabel sind, zu einer ideologischen Kolonisierung geführt, unter der die Gender-Theorie eine zentrale Rolle spielt, die äußerst gefährlich ist, weil sie die Unterschiede auslöscht mit dem Anspruch, alle gleich zu machen". Nach dem Hinweis auf die Geißel des Antisemitismus erinnerte der Bischof von Rom daran, dass es "mehr als 360 Millionen Christen in der Welt gibt, die aufgrund ihres Glaubens ein hohes Maß an Verfolgung und Diskriminierung erfahren und von denen immer mehr gezwungen sind, aus ihren Heimatländern zu fliehen".
Das menschliche Leben müsse von der Empfängnis an respektiert werden. Im diesen Zusammenhang nannt Papst Franziskus die Praxis der sogenannten Leihmutterschaft "bedauerlich", die, wie er sagt, "die Würde der Frau und des Kindes schwer verletzt" und "auf der Ausnutzung einer materiellen Notlage der Mutter beruht".
Weitere Herausforderungen für den Frieden ergeben sich für Papst Franziskus schließlich aus neuen Technologien wie der künstlichen Intelligenz und der Genomik. Für den Papst muss dem Schutz des menschlichen genetischen Erbes "besondere Aufmerksamkeit" gewidmet werden, "um Praktiken zu verhindern, die der Menschenwürde zuwiderlaufen, wie die Patentierung von menschlichem biologischem Material und das Klonen von menschlichen Wesen".
(L.M.) (Fides 8/1/2024)


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