AMERIKA/HAITI - Apostolischer Nuntius: „Nach 6 Monaten leben immer noch viele Menschen in Zelten und viele Arme sehen keinen Ausweg“

Samstag, 10 Juli 2010

Rom (Fidesdienst) – Seichs Monate nach dem verheerenden Erdbeben auf Haiti am 12. Januar 2010, von dem vor allem die Hauptstadt Port-au-Prince betroffen war, sprach der Fidesdienst mit dem Apostolischen Nuntius auf Haiti, Erzbischof Bernardito Auza über die gegenwärtige Lage.

Exzellenz, wie sieht die Situation auf Haiti heute aus?

Ich kann nur bezeugen, dass die Situation immer noch verheerend ist, was die Befahrbarkeit der Straßen anbelangt. Es hat den Anschein, als ob das Erdbeben erst gestern gewesen wäre! Keiner schafft die Trümmer weg und bestimmte Straßen in der Hauptstadt sind immer noch nicht befahrbar. Viele Menschen leben immer noch in Zelten ohne irgendwelchen Besitz und viele Arme, die nicht einmal Zelte haben sehen keinen Ausweg.

Und wie steht es um den Wiederaufbau?

Das Problem des Wiederaufbaus ist vor allem in der Hauptstadt vor allem an die Einrichtung einer entsprechenden damit beauftragten Kommission gebunden. Anfangs hatte die internationale Staatengemeinschaft eine gemischte Kommission mit 17 Mitgliedern vorgeschlagen (10 Ausländer, 7 Haitianer), die von der Regierung jedoch nicht gebilligt wurde. Danach wurde eine andere Zusammensetzung vorgeschlagen mit gleich vielen ausländischen und ausländischen Mitgliedern (10 Ausländer, 10 Haitianer) und es scheint als ob diese nun die Arbeit aufnehmen könnte.

Der Präsident hat auch die Anberaumung von Wahlen in Aussicht gestellt…

Ich habe mich zu einem Gespräch mit Präsident Preval getroffen und dabei hat er mir gesagt, er habe derzeit vor allem drei Prioritäten für das Land: die Einrichtung eines Organismus für den Wiederaufbau, die Anberaumung von möglichen Wahldaten, vielleicht schon für Ende November und die Koordinierung der Unterbringung der vielen Obdachlosen, die immer noch in Zelten leben.

Auf welche Weise trägt die Kirche zum Wiederaufbau bei?

Als Kirche warten wir auf ein Zeichen der Regierung, damit wir mit unseren Kräften einen Beitrag leisten können. Es gibt viele religiöse Institutionen, die ihre Gebäude noch nicht wieder aufbauen können, weil die Regierung für die Region noch kein Sicherheitsattest ausgestellt hat. Und dies hängt nicht von uns ab. Wir haben viele Projekte und die internationale Gemeinschaft hat uns sehr geholfen, doch wir brauchen weitere Hilfe für unser größtes Vorhaben.

Worin besteht dieses Vorhaben?

Wir wollen im Land zwei Priesterseminare bauen. Es gibt bereits erste Pläne, doch die müssen noch einem technischen Ausschuss ausgearbeitet werden. Wir wollten ein Grundstück an einem wunderbaren Ort kaufen. Doch dieses Projekt mussten wir verwerfen, weil es unsere Möglichkeiten überschritt. Es steht nun ein anderes Grundstück in Aussicht, doch wir befinden uns noch in der Verhandlungsphase. Dabei werden wir von den Bischofskonferenzen der befreundeten Länder ermutigt, die uns unterstützen, vor allem Amerika und Frankreich. Und dies macht allen Mut, die sich um den Wiederaufbau der Kirche auf Haiti bemühen: so sehen wir ein Licht am Ende des Tunnels. Wir hoffen, dass wir bald den Grundstein legen können und dass es bis zum 1. Jahrestag des Erdbebens am 12. Januar 2011 etwas Konkretes gibt.

Wie lautet ihre Bitte an die internationale Staatengemeinschaft?

Wir wünschen uns, dass alle verstehen, dass es noch viel zu tun gibt. Dass wir noch viel Hilfe brauchen. Wir danken den Bischöfen Haitis, dem heiligen Stuhl und der internationalen Staatengemeinschaft, dass wir den Wiederaufbau angehen können. Priorität der katholischen Kirche ist dabei der Wiederaufbau der Kirchen und der Seminare. (CE) (Fidesdienst, 10/07/2010)


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