Von Nikos Tzoitis
Nach 1500 Jahren verliert eines der wichtigsten und ältesten christlichen Klöster der Welt, das Katharinenkloster auf dem Berg Sinai, nach einem Urteil des Gerichts von Ismailia seine Verwaltungsautonomie und wird Eigentum des ägyptischen Staates. Ein Urteil, das ernste Bedenken hinsichtlich der Gegenwart und Zukunft des Klosters und der dort lebenden Gemeinschaft aufwirft.
Das Kloster auf dem Berg Sinai wurde im 6. Jahrhundert n. Chr. von Justinian gegründet und überlebte Kriege, Eroberungen und Verfolgungen, unter anderem dank seines Status als „fromme Stiftung (Vakuf)“, einer heiligen Stätte, die gemäß der koranischen Tradition als solche zu erhalten ist. Als solcher wurde er auch von den Beduinen in der Wüste Sinai respektiert. Die UNESCO hat das Kolter in die Liste der als Weltkulturerbe anerkannten Monumente aufgenommen. Die unschätzbaren Schätze des Klosters - Ikonen, Manuskripte, Reliquien, Bibliotheken und Besitztümer - wurden bisher von den zwanzig Mönchen der örtlichen Mönchsgemeinschaft verwaltet, die sich im Gefüge des griechisch-orthodoxen Patriarchats von Jerusalem auf eine weitgehende Autonomie beruft.
Nach dem Urteil des Gerichts von Ismailia vom Mittwoch, den 28. Mai, ist das Eigentum des Klosters de facto beschlagnahmt und dem ägyptischen Staat übergeben worden, während die Mönche nur eingeschränkten Zugang zu bestimmten Gebäuden haben. Ihr Aufenthalt im Kloster ist nur zu gottesdienstlichen Zwecken und unter den vom neuen staatlichen Eigentümer festgelegten Bedingungen gestattet.
Die Website „orthodoxia.info“ bezeichnete die Durchsetzung des Urteils als „eine der schwersten Verletzungen der religiösen und individuellen Freiheiten in den letzten Jahrhunderten“, die in einer für den Nahen Osten unruhigen Zeit begangen wurde.
Das Urteil, das das Kloster de facto seiner Autonomie beraubt, ergeht nach einer langen Zeit von Rechtsstreitigkeiten und Gerichtsverfahren, die gegen die relative Verwaltungsautonomie des Klosters eingeleitet wurden.
Ägyptische Regierungsvertreter rechtfertigen die Maßnahme als einen Akt des Schutzes des kulturellen Erbes des Klosters.
Der Archäologe Abdel Rahim Rihan argumentierte in diesem Zusammenhang, dass der Grundbesitz des Klosters unter die Gesetze zum Schutz des kulturellen Erbes falle und die nach dem Gerichtsurteil getroffene Entscheidung eine Aufwertung zum Wohle des „Welterbes und der Mönche“ garantiere. Die Mönche ihrerseits sprechen von einer De-facto-Vertreibung aus ihrem eigenen Kloster.
Die Entscheidung setzt dem langjährigen Rechtsstreit des ägyptischen Staates gegen die Mönche des Katharinenklosters ein umstrittenes Ende. Der ägyptische Staat hat seit der Zeit der von den Muslimbrüdern kontrollierten Regierung in wechselnden Phasen versucht, das Kloster unter seine Kontrolle zu bringen.
Einigen Analysten zufolge zeigt die getroffene Regelung, dass der Präsident, General Abdel Fattah el-Sisi, nicht in der Lage ist, Apparate zu kontrollieren, die Teil des Staates sind, von denen einige auch mit salafistischen Gruppen in Verbindung stehen.
Nun wird Kairo eine Krise mit Griechenland bewältigen müssen, das auf das Vorgehen der Regierung gegen das Kloster scharf reagiert hat, und das zu einer Zeit, in der Ägypten im Zentrum der turbulenten Entwicklungen in Palästina steht, die auch die Sinai-Halbinsel betreffen, ein Gebiet, in dem Randgruppen organisierter Islamisten operieren, die in der Vergangenheit das Kloster bedroht haben, indem sie auch Anschläge durch bewaffnete Kommandos verübten. Die getroffene Regelung schwächt das Kloster auch in den zahlreichen zivilrechtlichen Streitigkeiten, in denen es gegen verschiedene Kontrahenten antrat.
Die Reaktion der Mönche war heftig. Eine internationale Sensibilisierungs- und Informationskampagne, die sich an Kirchen und andere Religionsgemeinschaften richtet, ist bereits in Planung, um die Aufhebung der Gerichtsentscheidung zu erreichen.
Eine Reaktion des griechisch-orthodoxen Erzbischofs von Athen, Hieronymos, folgte ebenfalls unmittelbar. „Ich will und kann nicht glauben“, so Hieronymos, „dass der Hellenismus und die Orthodoxie heute eine weitere historische ‘Eroberung' erleben“. „Dieser geistige Leuchtturm der Orthodoxie und des Hellenismus“, fügte er hinzu, “steht heute vor einer Frage des Überlebens“.
(Fides 30/5/2025)