Rom (Fides) „Was ist Afrika?“ Um diese Frage ging es bei der Vorstellung des Buches „The Metamorphosis of West Africa – Not only migration" (Rubbettino, 2025), herausgegeben von Erzbischof Samuele Sangalli, Gründer und Präsident der Stiftung „Fondazione Sinderesi – Praticare l’etica“ sowie beigeordneter Sekretär der Sektion für die Erstevangelisierung und die neuen Teilkirchen des Dikasteriums für die Evangelisierung, und von Antonella Piccinin, Dozentin an der Päpstlichen Universität Gregoriana.
Das Buch wurde gestern in Rom mit Beiträgen von Erzbischof Fortunatus Nwachukwu, Sekretär der Sektion für die Erstevangelisierung und die neuen Teilkirchen des Dikasteriums für Evangelisierung, Abdellah Redouane, Generalsekretär des Islamischen Kulturzentrums Italiens, und Lucio Caracciolo, Direktor der italienischen Zeitschrift für Geopolitik „Limes“, sowie Erzbischof Sangalli vorgestellt.
„Eine Frage, die ausgehend von den Grenzen der westlichen Sichtweise gestellt wird, die oft nur eine Seite der Dinge sieht“, so Erzbischof Sangalli dazu in seinem Beitrag. „Es ist utopisch zu glauben, dass wir kein Vorverständnis haben, aber wichtig ist, dass dieses nicht zu Vorurteilen wird“, fuhr der Präsident der „Fondazione Sinderesi“ fort. Wie Caracciolo sagt: „Das Problem, das wir Europäer mit Afrika haben, ist, dass wir von oben auf es herabblicken. Wir betrachten es mit einer Überlegenheit, die aus einer Geschichte stammt, von der wir glauben, dass nur wir sie haben. Allein die Tatsache, dass wir von Afrika als einem Unikum sprechen, führt uns in die Irre“, betonte der Direktor von „Limes“ und wies darauf hin, dass es „mehrere Afrikas“ gibt.
„In Wirklichkeit wissen die Afrikaner viel mehr über uns Europäer als umgekehrt. Diese asymmetrische Sichtweise ist ein enormes Problem, weil man einen Dialog nicht aus nur einer Perspektive heraus beginnen kann“, sagt Caracciolo.
Dieses Problem werde deutlich, wenn man betrachte, wie die Europäer die afrikanischen Demokratien im Vergleich zum westlichen Demokratiemodell sehen (das sich übrigens in einer Krise befindet, wie Caracciolo unter Verweis auf den allgemeinen Rückgang der Wahlbeteiligung feststellte), ohne zu verstehen, dass es auch andere Modelle als das eigene geben kann. Und dies sei ein weiteres Hindernis für das gegenseitige Verständnis.
Der Direktor von „Limes“ schloß mit der Feststellung, dass die Krise der USA und der Rückgang des europäischen Einflusses auf dem Kontinent Raum für afrikanische Subjektivitäten geschaffen haben, die jedoch miteinander kollidieren könnten, und dass nicht-westliche Akteure mit ihren jeweiligen Interessen in Afrika Fuß fassen können.
Das Thema des Einflusses alter und neuer Mächte auf dem Kontinent wurde auch von Abdellah Redouane aufgegriffen und erweitert, der an die Übel des Kolonialismus erinnerte, aber auch die Gefahren nicht verschleierte, die in den unterschiedlichen Politiken der nicht-westlichen Mächte liegen, die sich in verschiedenen Regionen Afrikas niedergelassen haben.
„Afrika wird heute wie ein Schlachtfeld und wie eine Mine behandelt, in der sich alle wie Hyänen verhalten, um sich ein Stück seines Reichtums zu sichern“, betonte hingegen Erzbischof Fortunatus Nwachukwu. „Als Afrikaner müssen wir darauf achten, dieses negative Bild unseres Kontinents nicht zu verstärken“. Unter Bezugnahme auf den Titel des Buches bekräftigt Erzbischof Nwachukwu, dass Afrika eine neue Form annehmen sollte, aber sich gleichzeitig auch die Sichtweise derjenigen ändern sollte, die auf den Kontinent blicken. „Die Metamorphose Afrikas hat zwei Dimensionen: die Veränderungen, die in den afrikanischen Ländern stattfinden sollten, und die Änderung unserer Sichtweise auf Afrika“. Eine solche Veränderung der Perspektive sei umso notwendiger, um die Frage der Ethnizität anzugehen (das Thema des Beitrags von Erzbischof Nwachukwu im vorgestellten Buch): "Man sollte den anderen nicht mehr aufgrund seiner Herkunft betrachten, sondern aufgrund des Blickes, den Gott auf uns richtet". Alle seien seine Kinder und sollten einander daher als Brüder und Schwestern betrachten, ohne Unterschied der Rasse oder Ethnie.
Wahre Identität, so Erzbischof Sangalli abschließend, sei also „die Identität dessen, der ständig im Dialog steht”. Eine Herausforderung, die nicht nur Afrika, sondern die gesamte Menschheit betrifft.
(L.M.) (Fides 2/12/2025)