AFRIKA/KAMERUN - Vorsitzender der Bischofskonferenz und Erzbischof von Bamenda: “Wir mussten keine Pfarrei schließen und ich bin vor Ort geblieben“

Freitag, 15 September 2023 ortskirchen   bischöfe   synodalität   frieden  

Rom (Fides) – Der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz von Kamerun, Erzbischof Andrew Nkea Fuanya von Bamenda, sprach im Interview mit Fides über die Lage der Kirche in Kamerun.

Wie wird Synodalität in der Kirche in Kamerun gelebt?
Ich beantworte diese Frage gerne, weil ich Mitglied des Synodenrates bin und wir seit drei Jahren an diesem Thema arbeiten. Die Synodalität hat in Kamerun sozusagen "Feuer gefangen", weil wir unseren Gläubigen von Anfang an erklärt haben, dass jede Diözese der Einladung von Papst Franziskus folgen muss, einander zuzuhören, gemeinsam zu voranzugehen und uns über unsere Ideen auszutauschen, wobei wir uns auch daran erinnern sollten, dass wir als Christen niemanden vergessen dürfen.
Ich möchte betonen, dass wir in Kamerun eine strukturelle Situation haben, in der wir von Entscheidungen ausgehen, die auf der Ebene der Basisgemeinschaften getroffen werden. Wir beginnen also immer mit der Bevölkerung, der Gemeinschaft, und gehen erst dann weiter zu den Missionen, den Pfarreien und der Diözese. Wenn also ein Bischof eine Entscheidung zu einem bestimmten Thema treffen will, beginnt die Beratung mit der Einbeziehung der Gläubigen, angefangen bei den Familien bis hin zum Bischof, der dann zusammen mit seinen Beratern die endgültige Entscheidung auf der Grundlage des Gehörten trifft.
Wir können also sagen, dass es in unserer Kultur bereits konkrete Synodalität gibt. Ich habe mich über die Erfahrungen aus Kamerun mit den anderen Mitgliedern des Synodenrates und auch mit dem Heiligen Vater ausgetauscht.

Welche Rolle spielt die Mission in der Kirche in Kamerun?
Ich nenne hierzu gerne das Beispiel meiner Erzdiözese Bamenda. Wir haben eine Süd-Süd-Partnerschaft mit der Erzdiözese Bangui in der Zentralafrikanischen Republik begonnen, wohin wir Missionare entsandt haben. Aber wir vernachlässigen auch den Norden der Welt nicht: Wir haben „Fidei Donum“-Priester in Diözesen in Europa und den Vereinigten Staaten entsandt. Da wir viele Berufungen haben - wir haben derzeit 150 Seminaristen - haben mich einige befreundete Bischöfe in anderen Teilen der Welt gebeten, Priester aus meiner Erzdiözese zu schicken. Die katholische Kirche ist eine Weltkirche, daher darf ich nicht nur an Bamenda denken, sondern muss auch an andere Diözesen denken, in denen Priestermangel herrscht. Wir arbeiten auch bei der Ausbildung von Priestern aus den Diözesen, die uns darum bitten, mit. Derzeit haben wir in unserem Priesterseminar zwei Seminaristen aus Bangui.

Mehr als 150 Seminaristen auszubilden, ist sicher nicht einfach...
Es ist nicht einfach, weil die Kosten hoch sind (sie liegen bei mindestens tausend Euro pro Seminaristen für das Studium am Priesterseminar). Gott sei Dank hilft uns „Propaganda Fide“ (das Dikasterium für Evangelisierung), aber auch unsere Gläubigen tragen ihren Teil dazu bei, denn sie sehen es als ihre Pflicht an, sich finanziell an der Ausbildung künftiger Priester zu beteiligen.

Wie steht es um den ökumenischen und interreligiösen Dialogs in Kamerun?
Es gibt eine gute Zusammenarbeit zwischen uns. Letzte Woche hatten wir beispielsweise ein Treffen mit den anderen führenden Religionsvertretern sowohl der anderen christlichen Konfessionen als auch der Muslime, um gemeinsam die soziopolitische Lage in Kamerun zu erörtern.
Ich spreche oft mit dem Vorsitzenden der protestantischen Kirche und auch mit dem Imam von Bamenda. Mit letzterem fahren wir bei Treffen wie dem in der vergangenen Woche im selben Auto. Wir haben keine Probleme miteinander. In der Caritasstelle der Diözese sind fünf Muslime beschäftigt, und wir haben zu allen ein geschwisterliches Verhältnis.

Bamenda ist Teil der so genannten anglophonen Region, in der ein Separatistenkonflikt herrscht...
In dem seit sieben Jahren andauernden Konflikt geht es nicht so sehr um die Sprache (eine englischsprachige Minderheit gegen eine französischsprachige Mehrheit), sondern um die Kultur. Als Bischöfe haben wir immer betont, dass wir die Kultur des anderen bewahren und respektieren müssen. Die Forderungen kamen von Juristen und Lehrern und wurden von der breiten Bevölkerung geteilt, aber erst als die Politiker sie aufgegriffen haben wurde ein Konflikt ausgelöst. Die Bevölkerung führt keinen Krieg. Es gibt separatistische Gruppen, die sich dazu entschlossen haben, aber die Bevölkerung ist dagegen, weil sie sehr unter der Gewalt leidet, die von den Separatisten ausgeht.
In den letzten Jahren hat sich die Situation jedoch verbessert. Kinder, die früher nicht zur Schule gehen konnten, können dies jetzt tun. Mehrere Binnenvertriebene sind in ihre Häuser und Dörfer zurückgekehrt. Aber das Problem bleibt bestehen. Wir appellieren an alle Parteien, nicht mehr zu den Waffen zu greifen und einen vorurteilsfreien und offenen Dialog aufzunehmen, um das Problem endgültig zu lösen. Sicherlich müssen wir weiterhin für den Frieden beten. Wir danken dem Heiligen Vater, der beim sonntäglichen Angelusgebet regelmäßig dazu auffordert, für Kamerun zu beten.
Die Kirche hat weder für die Separatisten noch für die Regierung Partei ergriffen, um weiterhin ihre Vermittlungsdienste anbieten zu können. Trotz der Gewalt in der Erzdiözese Bamenda musste keine Pfarrei geschlossen werden und ich bin vor Ort geblieben. Vielmehr führe ich einen konstanten Dialog mit der Regierung und mit den Separatisten, um einen Weg zum Frieden zu finden.
(L.M.) (Fides 15/09/2023)


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