AFRIKA/UGANDA - Comboni-Missionsschwestern in Kanawat über die tragische Geschichte ihres Kochs

Samstag, 10 Dezember 2022

LG

Kanawat (Fides) - "Paulinus war in den letzten zehn Jahren der Koch in unserer Gemeinschaft. Er war ein guter Mann und hatte auch einige Aufgaben auf Dorfebene", berichtet die italienische Missionarin, Schwester Laura Gemignani von den Comboni-Missionsschwestern. Sie spricht ruhiger Stimme und vermittelt den Schmerz, von dem sie erzählt, nicht mit einem Ton der Verzweiflung, sondern mit einem Gefühl des Friedens. Und ihr Bericht gibt einen Einblick in den Kontext des Aberglaubens und der Dankbarkeit, die das tägliche Leben prägen, in dem sie und ihre Schwestern Zeugnis von der Liebe Christi zu allen Menschen ablegen.
In dem Dorf Kanawat, das zehn Autostunden von der Hauptstadt Kampala entfernt ist, haben die Comboni-Schwestern ein Haus. Paulinus, der dort als Koch arbeitete, „hatte Betty geheiratet, die als Waisenkind groß geworden war und keine Angehörigen hatte“. Zur Zeit des Krieges mit der Lord's Resistance Army unter der Leitung des Rebellenführers Joseph Kony war Familie getötet worden. Paulinus hatte sie geheiratet und Vater und Mutter ersetzt und sich um alles kümmerte, die Einkäufe erledigte, einen zweiten Job gesuchte und versuchte, die Kinder zur Schule zu schicken. "Er hatte vier Ziegen", fährt Schwester Laura fort, "und der älteste der acht Söhne des Paares konnte nicht zur Schule gehen. Der Junge besuchte die ersten Unterrichtsstunden und begann dann, sich um die Ziegen zu kümmern. Die einzige Kuh, die die Familie besaß, musste nun geschlachtet werden, um für Paolino die Beerdigung zahlen zu können“.
Schwester Laura sagt, dass der Mann zwei Wochen im Monat abwechselnd mit einer anderen Person in ihrem Haus arbeitete. "Wir Schwestern haben der Familie geholfen und das Schulgeld für drei Kinder bezahlt. Wir konnten uns mit ihm verständigen, da er ein wenig Englisch sprach. Er hat uns bei allem geholfen, er hat sogar Brot für uns gebacken."
Bei der Beschreibung der prekären Lebensbedingungen dieser Familie erklärt die Comboni-Missionarin, dass Paolino nicht einmal ein Stück Land besaß, das er bebauen konnte, und dass das Haus, das er Lehm gebaut auf dem Grundstück eines anderen stand. "Jetzt müssen wir ihnen helfen, ein Stück Land zu finden, das sie mit offiziellen Dokumenten kaufen können. Jeder sagt der Frau, dass sie sich einen Arbeit suchen muss, und das denke auch ich, obwohl die Betreuung von acht Kindern eigentlich ein Vollzeitjob ist. Sie weiß nicht, was sie tun soll, und wenn sie mit dem wenigen Geld, das ich ihr gebe, auf den Markt geht, nehmen sie ihr das Geld weg, ohne ihr etwas dafür zu geben. Eine Familie mit einer Frau und acht Kindern, die einfach so ohne Hilfe stehen gelassen wird".
Der Mord an Paulinus geschah nicht bei einer Razzia, wie dies in Karamoja häufig der Fall ist. "Bei den Tätern handelte es sich um organisierte Diebe. Es war spät am Abend, als Paolino die Schreie einer Frau hörte, die um Hilfe rief. Er ging hinaus, um ihr zu helfen, ganz instinktiv, ohne nachzudenken, und hinter ihm stand ein Mann mit einem Gewehr, der ihn mit einem Schuss direkt in den Kopf tötete. Er wurde außerhalb des Grundstücks seines Hauses begraben. In der Kultur berührt niemand eine Person, die mit einem Gewehr getötet wurde, denn das bringt Unglück. Am nächsten Morgen kam die Nachricht, dass Paolino tot war und ihn noch niemand angerührt hatte. Die einzige war Schwester Joice, die ihn nach der Nacht im Freien in einem verheerenden Zustand vorfand. Sie fasste Mut und wusch ihn mit Verbandszeug, Desinfektionsmittel, Wasser und Seife. Betty, seine Frau, holte den schönsten Anzug, den er hatte, Schuhe und Socken hervor und kleidete ihn wie einen Prinzen. Trotz ihrer Armut und wollte sie Paulinus würdig bebraben. Schwester Joice versuchte, die Leiche so zu präparieren, damit er wieder heil und für ihre Kinder vorzeigbar wurde. Meine Schwestern gingen zur Beerdigung, ich ging ein paar Tage später. Betty starrt ins Leere, sie weiß nicht, was sie tun soll, sie hat kann keinen klaren Gedanken fassen, sie weiß nicht, wohin sie sich wenden soll. Ihre Freunde oder die Menschen in der Nachbarschaft leben in derselben Situation wie sie, wenn nicht noch schlimmer und die Situation ist wirklich dramatisch. Sie brauchen alles“.
"Von Paulinus‘ Geschichte", fährt Schwester Laura fort, "wissen wir alles, weil er mit uns gearbeitet hat. Aber Geschichten und Todesfälle wie den seinen gibt es jeden Tag. In dieser Situation ist die Kirche aufgerufen, das Heil Christi zu verkünden, Zeugnis von der Vergebung abzulegen und diesen Frauen Hoffnung und Mut zu geben. Deshalb ist es so wichtig, dass es die Schule in Kanawat gibt. Eine eritreische Mitschwester kümmert sich um 1.300 Kinder. Rund 300 leben dort in einem Internat, wo sie essen und schlafen. Es tut ihnen gut, wenn man sie aus der Gewalt der Umgebung, in der sie geboren wurden, herausholen kann. So können sie sich besser konzentrieren, lernen und haben zu Essen! Viele von ihnen kommen auch in die Schule, weil sie dort etwas zu essen bekommen. Jetzt, da die Schule wegen Ebola geschlossen wurde, gehen die Kinder zu meiner Mitschwester und bitten sie um Arbeit, damit sie in der Schule bleiben und essen können".
„Wenn man über Geschichten wie die von Paulinus in den Medien berichten würde", so Schwester Laura, "würden vielleicht viele den Sender wechseln, weil sie nichts davon hören wollen … Aber solange im Haus der anderen kein Frieden herrscht, wird es auch in unserem eigenen Haus keinen Frieden geben.“
(LG/AP) (Fides 10/12/2022)


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