ASIEN/PAKISTAN - Christliche Anwälte: „In unserem Land nehmen Diskriminierung und Verfolgung zu“

Mittwoch, 17 November 2010

London (Fidesdienst) – „Diskriminierungen und Verfolgungen zu Lasten der Christen nehmen zu. Es ist an der Zeit, dass die Regierung die Frage der Achtung der Menschenrechte in gebührendem Maß berücksichtigt. UNO und Europäische Union sollten Druck ausüben“, so der Koordinator des Zentrums für Beratung und Rechtsbeistand (CLAAS) und Christ, Nasir Saeed, in einem Interview mit dem Fidesdienst. Das Zentrum mit Hauptsitz in London und einer Niederlassung in Pakistan hilft verfolgten Christen in Pakistan mit Unterstützung zahlreicher Rechtsanwälte kostenlos-

Wie sieht die Situation der Christen in Pakistan derzeit aus?

Das Leiden geht weiter. In letzter zeit kommt es zu einer besorgniserregenden Zunahme von Diskriminierung und Verfolgung zu Lasten der Christen im Land, darunter vor allem christliche Mädchen und Frauen. Entführungen, Vergewaltigungen, Zwangsehen, Zwangsbekehrungen, Vorwürfe der Blasphemie, sind an der Tagesordnung. Dieses lange Leiden führt dazu, dass vor allem junge und arme Menschen sich ungerecht behandelt und vernachlässigt fühlen. Es muss jemand die Stimme erheben, damit sich ihre Position verbessert und ihnen Recht widerfährt.

Können Sie uns konkrete Beispiele und Daten liefern?

Es gibt zahlreiche Fälle. Wir wissen, dass drei Mitglieder ein und derselben christlichen Familie gezwungen wurden, ihre Wohnung zu verlasse, weil sie fälschlicherweise der Blasphemie beschuldigt wurden, wobei es keinerlei Beweise gibt. In verschiedenen christlichen Dörfern leben die Menschen in ständiger Alarmbereitschaft aus Angst vor Massengewalt. Viele Episoden der Gewalt kommen nie ans Tageslicht, weil einflussreiche muslimische Persönlichkeiten erfolgreich Druck ausüben oder weil die Opfer, bei denen es sich oft um arme Menschen handelt, die in abgelegenen Regionen leben, kein Geld haben, um gerichtliche Schritte zu unternehmen oder gar nicht wissen, wie sie auf Unterdrückung reagieren sollen. So ist es auch schwierig, genau Zahlenangaben zu liefern, was die Fälle der Gewalt und der Verfolgung anbelangt. Doch die Zahl ist weit höher als man denkt, denn die meisten Fälle gelangen nicht in die Medien und es gibt keine amtlichen Anklagen.

Was denken Sie über den Fall Asia Bibi?

Asia Bibi ist die erste Frau, die zum Tode verurteilt wird, doch vielen Menschen ist vor ihr dasselbe Schicksal widerfahren. Viele andere sind noch im Gefängnis. Wir sind jedoch bestürzt darüber, wie oft Christen und vor allem Frauen unter dem Anti-Blasphemie-Paragraphen leiden. Wir tun alles, damit die UNO und die Europäische Union dieser Angelegenheit Aufmerksamkeit widmen und ernsthaft Druck auf die Regierung ausüben. Es ist an der Zeit, dass sich auch die Regierung in Pakistan ernsthaft mit der Menschenrechtsfrage und insbesondere mit den Rechten der Minderheiten befasst.

Warum sind vor allem Frauen betroffen?

Frauen zahlen, wie im Fall von Asia Bibi, einen sehr hohen Preis dafür, dass sie als Christinnen in einer muslimischen Gesellschaft leben: die Verbreitung von Gewalt und Anschuldigungen hat ein nie da gewesenes Ausmaß erreicht. Christinnen werden von oben herab betrachtet, sie werden als minderwertig beurteilt und von muslimischen Männern wie Gegenstände behandelt.

Wie beurteilen Sie das Vorgehen der Regierung und der Institutionen?

Obschon es in sehr umfangreichem Maß zu religiöser Intoleranz kommt, nehmen die pakistanische Regierung, die Politiker und muslimische Religionsführer die Sache nicht ernst. Die Polizei führt nur selten ernsthafte Ermittlungen durch, so lange es keine Nichtregierungsorganisation, Kirchengemeinschaft oder einflussreiche Persönlichkeit gibt, die sich mit dem Fall befasst. Diese Untätigkeit ist sehr schlimm.

Was fordern Sie vom Staat?

Wir möchten, dass unsere pakistanischen Brüder und Schwestern gleichberechtigt behandelt werden wie alle anderen Bürger des Landes, wie es der Staatsgründer Ali Jinnah in die Verfassung schreiben ließ. Wir versuchen in diesem Sinn mit Rechterberatung zu helfen und dies ist nicht einfach, weil diese oft nur zurückhaltend in Anspruch genommen wird. Botschaften der Hoffnung und der Ermutigung und Solidarität sowie die Gebete der Gläubigen in aller Welt sind sehr wichtig. (PA) (Fidesdienst, 17/11/2010)


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