ASIEN/INDONESIEN - Gibt es erneut fundamentalistische Strömungen in Aceh? Gerüchte und Befürchtungen im Vorfeld des Staatsbesuchs von Barak Obama

Mittwoch, 21 April 2010

Jakarta (Fidesdienst) – Wie aus einem am 21. April in Brüssel veröffentlichten Bericht der „International Crisis Group“ mit dem Titel „Indonesia: Jihadi Suprise in Aceh“ hervorgeht, muss in der Provinz Aceh im Norden der indonesischen Insel Sumatra erneut mit einer Zunahme fundamentalistischer Aktivitäten gerechnet werden. Die Autoren fordern deshalb von der indonesischen Zentralregierung zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen.
„Wir beobachten die Situation, doch wir können die Inhalte des Berichts nicht bestätigen“, so P. Ismartono vom Krisenzentrum der Indonesischen Bischofskonferenz. Der Jesuitenpater ist seit 2003 auf Aceh tätig und koordiniert eine Reihe von Hilfsprogrammen nach der Tsunami-Kathastrophe.
„Wir arbeiten im Rahmen unserer Programme vor Ort mit hunderten muslimischen Kindern und Jugendlichen aus Aceh und es ist uns nichts aufgefallen, was auf eine Zunahme des Fundamentalismus hindeuten könnte. Im Gegenteil, die Hilfen, die aus westlichen Ländern und insbesondere von US-amerikanischen Nichtregierungsorganisationen zur Verfügung gestellt wurden haben der Region ein neues Profil verliehen und die Menschen sind den Geberländern aus dem Westen dankbar und schätzen sie viel mehr als früher“.
Mit Hilfsmitteln im Umfang von 6,7 Milliarden Dollar konnten nach dem Tsunami 1.700 Schulen, 996 öffentliche Gebäude, 36 Flughäfen und Häfen, 3.800 Moscheen, 363 Brücken und über 20.000 Straßenkilometer gebaut werden. „Man versteht, dass die Geberländer heute als Freunde oder sogar als Brüder betrachtet werden“, so Erzbischof Antonius Sinaga OFM Cap von Medan, der wichtigsten Städte im Norden Sumatras.
In der Provinz Banda Aceh gelten die islamischen Gesetze der Scharia (für die muslimischen Einwohner der Provinz) und in den ländlichen Gebieten, so P. Ismartono, „werden diese Gesetze in manchen Fällen zu fundamentalistischen Zwecken missbraucht“. Doch im Allgemeinen „erlebt Aceh auf sozialer und kultureller Ebene eine Neugeburt: die Mentalität der Menschen ist heute viel offener und entgegenkommender als in der Vergangenheit“, so der Jesuitenpater.
P. Ismartono erkennt hingegen „Konflikte in den Beziehungen zwischen der Lokalverwaltung und der indonesischen Zentralregierung“. Zudem kritisiert er, dass „Autoren solcher Berichte oft in Jakarta ansässig sind“ während es seiner Ansicht nach angebracht wäre, „dass sich Experten vor Ort mit der tiefgehend und detailliert mit der tatsächlichen Situation in Aceh auseinandersetzen“.
Der Jesuitenpater vermutet abschließend, dass „im Vorfeld des Besuchs des amerikanischen Präsidenten Barak Obama (der für März geplant war und auf Mai verschoben wurde) Versuche gibt, Indonesien an Glaubwürdigkeit einbüßen zu lassen und es als ein integralistisches Land darzustellen.“ Doch das Land ist trotz der muslimischen Mehrheit, „ein Beispiel für das Zusammenleben und den Pluralismus von Kulturen und Religionen“, bekräftigt der Jesuitenpater abschließend. (PA) (Fidesdienst, 21/04/2010)


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