AFRIKA/UGANDA - Die „historischen Königreiche“ in Uganda. Hintergrund

Mittwoch, 16 September 2009

Kampala (Fidesdienst) – Die Unruhen, zu denen es in der vergangenen Woche in Uganda zwischen der Polizei und den Anhängern des als „Kabaka“ bezeichneten Königs von Buganda, Ronald Muwenda Mutesi II. kam, lenkten das Augenmerk des Landes und der internationalen Staatengemeinschaft auf die historischen Königreiche.
Das Problem geht auf das 19. Jahrhundert zurück, als mit der Kolonisierung das Gleichgewicht gestört wurde, das zwischen den verschiedenen Königreichen geherrscht hatte, die sich auf dem Staatsgebiet des heutigen Uganda befinden. Die englische Kolonialverwaltung integrierte die verschieden ugandischen Königreiche nach dem Prinzip des „indirect rule“ das die traditionellen afrikanischen und asiatischen Machtinhaber zu Handlungsträgern der britischen Kolonialherrschaft machten.
Das größte dieser Königsreiche war und ist immer noch Buganda, das sich von der Mitte Ugandas bis zum Ufer des Victoria Sees erstreckt. Die englischen Kolonialherren erlaubten im Tausch gegen die Kooperation dem König (Kabaka) von Buganda, die Ausdehnung des eigenen Reichs zu Lasten des Königreichs Bunyoro, wodurch es zu einem Disput zwischen den beiden Reichen kam, der bis heute noch nicht beigelegt ist.
Das Königreich Bunyoro hat heute 700.000 Einwohner und befindet sich im Westen Ugandas am Ufer des Albert-Sees. Bunyoro (das von einem „Omukama“ regiert wird) war zur Zeit der Eroberung durch die Kolonialmächte eines der unter militärischen Gesichtspunkten stärksten reiche und widersetzte sich der Kolonisierung. Deshalb wurde es von den Engländern mit der Übertragung einiger Gebiete an Buganda bestraft. Die kürzliche Entdeckung wichtiger Erdölvorkommen auf dem eigenen Gebiet, machte eine Kontrolle über das Reich durch die zentrale Regierung in Kampala unter strategischen Gesichtspunkten relevant.
Am östlichen Ufer des Viktoria-Sees liegt das Königreich Busoga, das zu den ältesten Königreichen des Landes gehört. Es wird von einem „Kyabazinga“ regiert, der über rund 2 Millionen Untertanen herrscht. Dort kam es nach dem Tod von König Henry Wako Muloki im Jahr 2008 zu Kämpfen um die Nachfolge. Die Krönung von Edward Columbus Wambuzi zum neuen König von konnte den Disput nicht völlig beilegen. Ebenfalls im Westen Ugandas liegt das Königreich Toro mit rund 800.000 Untertanen, das enge Beziehungen zum libyschen Staatsoberhaupt Muammar Gheddafi unterhält.
Im Norden Ugandas leben Acholi in Gruppen von Clans, denen jeweils der so genannte „Rwot“ als Häuptling vorsteht. Nach zwei Jahrzehnten der Gewalt gegen Zivilisten durch die Lord’s Resistance Army (LRA) waren rund 2 Millionen Acholi gezwungen in Flüchtlingscamps Schutz zu suchen. Da die Mitglieder der LRA jedoch selbst Acholi sind, werden diese von den Behörden nach den Prinzipien der traditionellen Justiz, genannt „Mato oput“, zur Rechenschaft gezogen. Schuldige werden frei gesprochen, wenn sie ihre Schuld zugeben und Reue zeigen. Damit möchte man zur Integration ehemaliger LRA-Kämpfer beitragen.
Im Südwesten Ugandas sind die Banyankore (oder Banyankole) in zwei Gruppen aufgeteilt: die kleinere Gruppe der Bahima (Hirten und Viehzüchter) und die größere Gruppe der Bairu (Landwirte). Dies sind die unter historischen demographischen Gesichtspunkten wichtigsten Reiche, doch es gibt mehrere andere, die von der Regierung in Kampala anerkannt werden.
Nach der Unabhängigkeit (1962) standen die Beziehungen zwischen der Regierung in Kampala und den verschiedenen Reichen im Mittelpunkt der politischen Diskussion zwischen den Anhängern eines zentral regierten Staates und denen, die eine Föderation wünschten, in deren Rahmen die Könige weiterhin auch politische und verwaltungsmäßige Macht haben sollten. Nach dem Sturz von Milton Obote (1966) wurden die Reiche abgeschafft (1967). Sie wurden als „kulturelle Institutionen“ 1993 vom heutigen Präsidenten Yoweri Museveni wieder eingeführt, dessen Machtübernahme von den Untertanen des Buganda-Reichs unterstützt wurde.
Das Buganda ist im Konflikt mit der Zentralregierung in Kampala seit es vor zwei Jahren erneut um die Umwandlung Ugandas in eine föderativen Staat bat. Vor dem Hintergrund der Präsidentschaftswahlen im Jahr 2011 sollten die Uneinigkeiten zwischen den verschiedenen Reichen mit Umsicht bewältigt werden, da sie andernfalls den Zusammenhalt des Landes gefährden könnten. (LM) (Fidesdienst, 16/09/2009 – 54 Zeilen, 618 Worte)


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