VATIKAN - „DIE STEINE, DIE KLÄNGE, DIE FARBEN DES HAUSES GOTTES“ von Exz. Mons. Mauro Piacenza - Das Zentrum des liturgischen Raums und das Herz der menschlichen Sakralität: Presbyterium und Kreuz (III)

Freitag, 29 September 2006

Vatikanstadt (Fidesdienst) - Normalerweise ist im Presbyterium die Präsenz eines Sitzes vorgesehen, dessen Anordnung es dem zelebrierenden Priester erlauben muss, der Gemeinde vorzustehen und das Gebet zu leiten. (Generelle Einleitung zum Römischen Messbuch Nr. 310).
Die Anordnung muss derart sein, dass sie seiner praktischen und symbolischen Funktion entspricht, ohne die vorrangige Bedeutsamkeit des Altars und des Ambos zu verringern. In diesem Fall kann die verkleinerte Form des Möbels dienlich sein. Es soll jedoch auf angebrachte Weise der Sitz des Priesters vom Sitz des Bischofs (Katheder) differenziert werden, vor allem - was selbstverständlich ist - in der Kirche, die bezeichnenderweise „Kathedrale“ genannt wird. Darüber hinaus ist es nötig, den Raum für die Prozessionen abzuschätzen, unter Berücksichtigung eines Strecke per breviorem und einer per longiorem.
Problematischer ist die Beziehung zwischen Altar (und folglich der anderen Möbel) und Tabernakel, im Falle, dass entschieden wird, den Aufbewahrungsort der Eucharistie in der Priesterzone anzuordnen. Die Generelle Einleitung zum Römischen Messbuch, unter Nr. 315, schliesst es aus, dass die Heilige Eucharistie auf dem Altar aufbewahrt wird, der auf das Volk hin ausgerichtet ist und auf dem man normalerweise die Heilige Messe feiert. Es sieht daher zwei Lösungen vor: a) „im Presbyterium, aber nicht auf dem Altar der Zelebration, [...] nicht ausgeschlossen der vorherige Altar, der nicht mehr für die Zelebration benützt wird; b) „in einer für die Anbetung und das persönliche Gebet der Gläubigen geeigneten Kapelle [...]“.
Diese Regel sieht Alternativen vor: wie soll man sich für eine richtige Entscheidung verhalten? Der Schlüssel dazu wird in der Nr. 314 der Einleitung gegeben, welche bezüglich des Aufbewahrungsortes der Eucharistie dazu einlädt, „die Struktur der jeweiligen Kirche und die legitimen Gebräuche des Ortes“ in Betracht zu ziehen.
Man könnte also behaupten, dass es am besten wäre, für den Aufbewahrungsort der Heiligen Eucharistie eine dazu bestimmte Kapelle zu reservieren, die die anbetende Sammlung der Gläubigen begünstigt und gleichzeitig „von der Strukturierung her mit der Kirche vereint ist und gut sichtbar von den Gläubigen“ (Nr. 315) um den wesentliche Zusammenhang zwischen realer Gegenwart und Opfer des Altares anzuzeigen. Trotzdem gibt es Fälle, wie zum Beispiel das Nichtvorhandensein einer Kapelle oder die Enge der Kirche, in denen es entschieden vorzuziehen ist, die Eucharistie im alten Tabernakel des Hauptaltares (in einer antiken Kirche) aufzubewahren, oder einen extra dazu bestimmten (in einer neueren Kirche) zu konstruieren, immer unter Berücksichtigung dessen, dass er in einem erhöhten Punkt aufgestellt wird und nicht vom Priestersitz oder vom neuen Altar verdeckt wird und dass er wirklich hervorgehoben und edel sei!
In pastoraler Hinsicht bedenke man, dass der Gläubige sich unmittelbar zum Tabernakel wenden können muss und dass man sofort verstehen muss, dass in ihm derjenige aufbewahrt wird, der das Zentrum von allem ist!
Natürlich muss in diesem letzten Fall eine Anordnung ausgedacht werden, die den Aufgaben eines jeden Möbelstücks Rechnung trägt, Tabernakel eingeschlossen.
7. Es ist bekannt, dass eine Debatte im Gang ist bezüglich des Altares, deren beteiligte Positionen dialektisch sind, aber nicht so entgegengesetzt einander auszuschliessen. Die Debatte betrifft die Richtung des liturgischen Gebets, das gemäss einer grossen und antiken Tradition nach Osten gerichtet werden sollte. Es handelt sich nicht nur um eine Himmelsrichtung, sondern es geht darum, sich nach Christus hin auszurichten, der die „aufstrahlende Licht“, die aufgehende Sonne ist (Lk 1, 78) in Erwartung seiner eschatologischen Wiederkunft. Diese Debatte ist nicht neu, wie man weiss, aber sie ist neuerdings von einer Schrift des damaligen Kardinals Ratzinger entfacht worden (Der Geist der Liturgie, deutsche Ed. 1999, italienische Ed. 2001). Der zukünftige Papst diskutiert dort über die Liturgiereform und stellt im Bezug auf die Zelebration versus popolum fest, dass diese Frucht eines Missverständnisses betreffs der Interpretation der Art des Zelebrierens in den antiken römischen Basiliken ist. Dort zelebrierte man versus popolum weil man in dieser Weise gegen Osten gerichtet zelebrierte, da die Apsis dieser Basiliken gegen Westen gerichtet war; im Gegensatz dazu zelebrierte man in allen anderen Gebäuden, deren Apsis nach Osten gerichtet war derart, dass der Priester und die Gläubigen zusammen „auf den Herrn“ schauen konnten, zumindest während des eucharistischen Hochgebets. (S. 72-73)
Der Theologe Ratzinger schlägt in Wirklichkeit nicht vor, zum status quo ante zurückzukehren (Nichts ist schädlicher für die Liturgie, als alles ständig verändern und zu verwirren, S. 79), sondern er spricht ein Problem an, um eine grösseres Bewusstsein der Bedeutung der Liturgie zu erreichen. Darüber hinaus gibt es Elemente der Reform, die bereits unverzichtbar sind und die ihre Früchte in der Frömmigkeit des christlichen Volkes gebracht haben, wie die Wiedererlangung des Wortgottesdienstes versus popolum und einen eigenen Ort für die Verkündigung des Wortes, ein ausgewogener Ambo; ebenfalls die Annäherung des Altares an die Gemeinde aus einem zuvor teilweise sehr entfernten Ort.
Das Problem ist darüber hinaus nicht nur von praktischer Bedeutung, denn es beinhaltet die Theologie der Hl. Messe und die Theologie der Kirche, die vom Zweiten Vatikanischen Konzil eingehender entwickelt worden ist. In anderen Worten, durch die „neue“ Anordnung des Altares, eingeführt durch die Liturgiereform, will man den Wert der Hl. Messe als Gastmahl hervorheben und durch die Position des Priester noch mehr die Idee der Kirche als einer um einen Tisch versammelten Gemeinde geben.
Aber dies ist nur ein Aspekt der Messe, ein nun bereits konsolidierter Aspekt, der keineswegs in Kontrast mit dem anderen - demjenigen des Opfers - ist, sondern vielmehr dazu komplementär: die sakramentale Kommunion ist in der Tat, ein wesentlicher Teil des gemeinsamen Vollzugs des Opfers. Der opfernde Aspekt ist jedoch entschieden der vorrangige Aspekt, der Aspekt der „Quelle“.
Hinsichtlich diese grundlegenden, vorrangigen Aspekts der Messe, der natürlich in der Planung des Altares und der Anordnung des liturgischen Raums in Betracht bezogen werden muss, erinnert die Konstitution über die Liturgie des Zweiten Vatikanischen Konzils: „Unser Erlöser hat beim letzten Abendmahl in der Nacht, da er überliefert wurde, das eucharistische Opfer seines Leibes und Blutes eingesetzt, um dadurch das Opfer des Kreuzes durch die Zeiten hindurch, bis er kommt, fortdauern zu lassen und so der Kirche, seiner geliebten Braut, ein Denkmal seines Todes und seiner Auferstehung anzuvertrauen“ (Sacrosanctum Concilium n. 47).
Man könnte also in ausgeglichener Weise, sagen, dass Architektur und Skulptur, auf ihre Art und Weise die Hl. Messe als „Opfermahl“ beschreiben.
8. Ein kurzer Hinweis muss auch dem Altar selbst gelten. Um seine Wichtigkeit und die Bedeutung hervorzuheben sollte der Altar ein einziger sein, mit festem Standort, möglichst aus Naturstein, um darauf hinzuweisen, dass es sich um Christus, den „lebendigen Stein“ handelt. (ebd. Nr. 298 und 301; vgl 1. Petrus 2,4; Eph. 2,20); weiterhin muss er mit einem weissen Tischtuch bedeckt sein, mit Blumen geschmückt (ausser in den Bußzeiten: Advent und Fastenzeit und bei Beerdigungen) und mit Kerzen versehen. (ebd. Nr. 304-305 und 307)
+Mauro Piacenza, Präsident der päpstlichen Kommission für die Kulturgüter der Kirche, Präsident der päpstlichen Kommission für Archeologia Sacra. (Fidesdienst 29/9/2006 - Zeilen 86, Worte 1097)


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