AFRIKA/MADAGASCAR - Niedrige Wahlbeteiligung bei der Präsidentschaftswahl: “Die Bevölkerung weiß nicht mehr, was sie tun soll”

Freitag, 17 November 2023 wahlen   bischöfe  

Antananarivo (Fides) – Eine niedrige Wahlbeteiligung ist der erste wichtige Aspekt der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen, die am gestrigen 16. November in Madagaskar stattfanden. Und auch bei den Daten zur Wahlenthaltung ist es zu Kontroversen zwischen Regierung und Opposition gekommen. Nach offiziellen Angaben haben nur 39 % der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. Das Bündnis der 10 Gegenkandidaten des scheidenden Präsidenten Andry Rajoelina behauptet dagegen, die Wahlenthaltung habe bei 20 Prozent gelegen, "die niedrigste Wahlbeteiligung in der Geschichte Madagaskars".
Die niedrige Wahlbeteiligung wird von unabhängigen Beobachtern als Folge des angespannten politischen Klimas erklärt, das seit Monaten auf der Insel herrscht und im Vorfeld sogar Zweifel an der Durchführung der Wahl am 16. November aufkommen ließ.
Die politische Krise brach im Juni aus, als bekannt wurde, dass Andry Rajoelina 2014 die französische Staatsbürgerschaft angenommen hatte, ohne dass die Öffentlichkeit darüber informiert wurde. Nach Ansicht der Opposition hätte er deshalb nicht mehr kandidieren dürfen, aber die Gerichte weigerten sich, seine Kandidatur für ungültig zu erklären. Die Wahlen wurden von der Mehrheit der Oppositionskandidaten boykottiert, und die Wähler konnten sich schließlich zwischen nur drei Kandidaten entscheiden. Die gewaltsame Niederschlagung der Proteste durch die Sicherheitskräfte vor den Wahlen, die angeschlagene Wirtschaft, der Mangel an sozialen Diensten und die weit verbreitete Armut haben unterdessen die Popularität des scheidenden Präsidenten beeinträchtigt.
Der 2018 gewählte Rajoelina war bereits 2009 zum ersten Mal an die Macht gekommen, dank eines Aufstandes, in dessen Rahme der ehemalige Präsidenten Marc Ravalomanana abgesetzt wurde (vgl. Fides 20/3/2009 und 23/3/2009).
Zur aktuellen politische Krise hatten sich madagassischen Bischöfe in einer Anfang November veröffentlichten Botschaft geäußert, in der sie erklärten: "Viele Politiker und (wirtschaftlich) Begüterte scheinen zu glauben, dass Madagaskar ihr Privateigentum ist und dass sie damit machen können, was sie wollen". Die Bischöfe betonten, dass "die Bevölkerung nicht mehr weiß, was sie tun soll". "Wir appellieren an die Politiker, die Beamten und insbesondere an die Verantwortlichen und Kandidaten des Landes: Gebt dem Volk, dem Rechte und Pflichten zustehen, seinen Anteil am Wohlstand. Lasst sie ihre Zukunft frei und gesetzeskonform durch Wahlen planen." In ihrer Botschaft riefen die Bischöfe die Kandidaten dazu auf, "mit dem Stimmenkauf aufzuhören".
Schließlich forderte die Bischofskonferenz die Bevölkerung auf, "die Verantwortung dafür zu übernehmen, dass sie die Eigentümer von Madagaskar sind. Folgen Sie dem, was Ihr Gewissen Ihnen sagt. Lassen Sie sich bei Ihrer Wahl nicht von Geld oder anderen Dingen leiten. Wir müssen ruhig bleiben angesichts der Praktiken der Politiker, die uns spalten".
Die Ergebnisse der ersten Runde der Präsidentschaftswahl werden am 24. November bekannt gegeben. Die Stichwahl ist für den 20. Dezember geplant.
(L.M.) (Fides 17/11/2023)


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