ASIEN/PAKISTAN - Erzbischof Shaw über das Wachstum von Pfarreien und Missionsstationen in Punjab

Samstag, 1 Juli 2023 ortskirchen   evangelisierung   mission   jugendliche   bildungswesen   dialog  

Von Paolo Affatato
Lahore (Fides) - "Wir wollen unser Christsein in Pakistan hier und jetzt leben, ohne Angst und ohne Besorgnis. Mit dem Evangelium als unserem Wegweiser, der Kirche als unserer Mutter, den Armen und den Letzten als unseren Brüdern und Schwestern", so Erzbischof Sebastian Francis Shaw von Lahore zur Gegenwart seiner Kirche in Pakistan. In Zentralpakistan sollen bis 2023 zwei weitere Pfarreien entstehen, die zu den 30 bereits über die Erzdiözese verstreuten hinzukommen sollen, was der Erzbischof im Gespräch mit Fides als „tröstliches Zeichen“ erkennt.
"Das Leben in der Diözese", so der Erzbischof, "geht von der Idee aus, in dem riesigen Gebiet des Punjab zunehmend präsent zu sein. Aus diesem Grund eröffnen wir neue Pfarreien, und vor allem schaffen wir neue Missionsstationen in den Dörfern, wo wir mehrere Kapellen gebaut haben, ohne dass ein Priester vor Ort ist. In diesem Jahr habe ich mindestens zehn neue Kapellen eingeweiht, denn die Menschen wünschen sich eine kleine Kirche in ihrer Nähe, in der sie beten, die Sakramente empfangen, Versammlungen abhalten und einen Ort des Gemeinschaftslebens haben können".
"Bereits zu Beginn meiner pastoralen Tätigkeit als Weihbischof im Jahr 2009“, so der Erzbischof im Rückblick, „haben wir eine Studie über das Gebiet auf sozialer, wirtschaftlicher und pastoraler Ebene durchgeführt. Die Studie basierte auf geographischen und demographischen Daten. Als ich 2013 Erzbischof der wurde, stellten wir fest, dass wir sehr große Pfarreien haben. Die Entfernungen zwischen den Pfarreien sind sehr groß: Vor allem in den ländlichen Gebieten können sie mehr als 60 Kilometer betragen, in einem Gebiet, das in manchen Fällen mehr als hundert Dörfer umfasst".
Daraus ergebe sich praktische ein vorgezeichneter Weg: "Wir sagten uns: Lasst uns versuchen, die Größe der Pfarreien zu reduzieren. Wenn wir zum Beispiel das Gebiet der Pfarrei auf 50 Dörfer verkleinern, erleichtert das die Arbeit der Katecheten: Wenn es fünf Katecheten gibt, kann jeder von ihnen die Verantwortung und die Seelsorge - dann gemeinsam mit Priestern und Ordensleuten - für 10 Dörfer übernehmen. Die Idee ist, ein Netz von kleinen Kapellen aufzubauen. Ein Katechet wird diese Kapellen und die Familien in der Umgebung regelmäßig besuchen. Deshalb haben wir uns in den letzten 10 Jahren mit einem dreijährigen Ausbildungsprogramm intensiv um die Berufung und das geistige Wachstum der Katecheten gekümmert. Schritt für Schritt haben wir jetzt 258 Katecheten in der Diözese: Wir geben ihnen ein kleines Gehalt und sie arbeiten Vollzeit für die Diözese. Die Menschen in den Dörfern spüren so das Wort Gottes ganz nah".
Laut Erzbischof Shaw "ist die Frucht dieses pastoralen Engagements auch das Geschenk der Berufungen zum Priesteramt“. „In diesem Jahr haben wir fast hundert neue Seminaristen. Diese jungen Männer sind ein Geschenk, aber auch eine Verantwortung, die Gott uns anvertraut", betont er in diesem Zusammenhang.
Die Erzdiözese Lahore zählt 580.000 Katholiken bei einer mehrheitlich muslimischen Gesamtbevölkerung von 33 Millionen: "Dies ist die grundlegende Tatsache unserer Präsenz: Christen in einer islamischen Gesellschaft zu sein“, erklärt Erzbischof Shaw. „Der Weg, den wir für das Zusammenleben gehen, ist der des Dialogs und der Begegnung: Der Kompass ist das Gebot Jesu zu leben, das heißt, Gott und den Nächsten zu lieben. Ich muss sagen, dass die Initiative im Jahr 2019, als Papst Franziskus nach Abu Dhabi reiste, sich mit führenden islamischen Religionsvertretern traf und mit den Imam der Al-Azhar-Universität das "Dokument über die Brüderlichkeit aller Menschen für ein friedliches Zusammenleben in der Welt“, auch bekannt als "Abu Dhabi-Erklärung", unterzeichnete, sehr hilfreich war. Wir übersetzten es in Urdu und verteilten es an zivile und religiöse Authoritäten, Universitäten und Schulen. Am Ende des Textes steht geschrieben, dass wir, Christen und Muslime, an den einen Gott glauben. Wir glauben an Gott den Schöpfer, wir glauben an das Jüngste Gericht. Wir können Brüder sein und in der Welt in einer Haltung der gegenseitigen Akzeptanz und Brüderlichkeit leben. Dieses Dokument wird auch heute noch in Madrasas (islamischen Schulen), Moscheen und vielen muslimischen Gemeinschaften studiert. In der Zwischenzeit setzen die Franziskaner- und Dominikanermönche in unserer Gegend den Dialog fort. Heute sehen wir die Früchte dieser Bemühungen: Die interreligiösen Beziehungen haben sich verbessert. Die Menschen begegnen uns mit Respekt. Sie verstehen, dass wir gegen niemanden sind und dass wir nur den Worten Jesu folgen wollen: Liebet einander“.
Im Leben der christlichen Gemeinschaft, so der Erzbischof, sei der Bereich des Zugangs zu Bildung wichtig, „der für uns ein altes Problem ist, da in der Vergangenheit viele Christen, die sehr arm waren, keinen Zugang zu angemessenen Bildungswegen hatten“. „Heute haben wir etwa 70 katholische Schulen in der Diözese, in denen wir katholische Kinder, aber auch Kinder anderer Religionen aufnehmen“, berichtet er in diesem Zusammenhang „In den letzten Jahren haben wir zwei Institute zu Colleges aufgewertet, je eines für Jungen und Mädchen. Die Kinder haben nach ihrer Grundausbildung oft keine Chance, eine weiterführende Schule zu besuchen, geschweige denn eine Universität. Wir versuchen also, ihnen diese Möglichkeit zu geben“. „Letzten Monat habe ich mich mit jungen Menschen in der Oberstufe getroffen: 300 sind an Hochschulen und Universitäten eingeschrieben“, betont Erzbischof Shaw. „Das ist ein erstes gutes Ergebnis für uns. Um ihnen zu helfen, haben wir mit Hilfe ausländischer Spenden ein Stipendienprogramm ins Leben gerufen. Einige studieren, um Ärzte, Informatiker, Rechtsanwälte oder Chemiker zu werden". Außerdem versuche man in ländlichen Gebieten, in denen die in den Ziegelfabriken beschäftigten Familien leben, kleine Schulen zu eröffnen. "Wir wollen den Kindern dieser Familie eine Chance auf Bildung geben“, bekräftigt er. „In diese kleinen ländlichen Schulen, die völlig kostenlos sind und sich an arme Menschen richten, kommen christliche Kinder, aber auch Muslime: So wird eine harmonische Gesellschaft aufgebaut, die mit den Kindern gemeinsam beginnt".
Die Katholiken in Pakistan sehen sich auch mit den sozialen und politischen Problemen des Landes konfrontiert. "Die Kirche mischt sich nicht in die Politik ein, sondern bewegt sich in der Gesellschaft mit der Kraft des Gebets und der Bitte an Gott um den Geist der Weisheit“, erklärt der Erzbischof, „Wir sagen den Gläubigen: Lasst uns nicht polarisieren, lasst uns für das Wohl der Gesellschaft zusammenstehen und gute Führungskräfte unterstützen, die sich für das Gemeinwohl einsetzen“. „Wir erleben eine Wirtschaftskrise, die sich vor allem durch die Inflation auf das Leben der Menschen auswirkt“, beklagt er, „Die Preise für die Grundbedürfnisse steigen in die Höhe, und das ist ein ernstes Problem für das Leben der einfachen Menschen. Dank der karitativen Einrichtungen können wir den Ärmsten und Mittellosen kontinuierlich helfen. Das sind heute sehr viele Menschen. Die Wirtschaftskrise wurde durch die verheerenden Auswirkungen der Überschwemmung von 2022, von der zwei Bezirke in einem Teil unserer Diözese betroffen waren, noch verschärft. Die Caritas führt Wiederaufbau- und Entwicklungsprogramme durch: Wir haben Textilwerkstätten für Frauen eingerichtet, um sie in die Lage zu versetzen, sich selbst zu versorgen und zum Lebensunterhalt ihrer Familien beizutragen“.
Alle Aktivitäten, so der Erzbischof abschließend, "erfolgen im Geist der Synodalität, sowohl innerhalb der kirchlichen Gemeinschaften als auch auf dem Weg mit den muslimischen Gläubigen und allen Menschen guten Willens“. „Wir haben das Jahr 2023 auf diözesaner Ebene als 'Jahr der Bildung, Berufung und Ausbildung' bezeichnet“, führt der Erzbischof aus „ein Weg, den wir gemeinsam im Glauben, in der Hoffnung und in der Nächstenliebe beschreiten“. „Ein Weg, der sich insbesondere auf das Zeugnis des jungen Akash Bashir stützt“, so der Erzbischof, „der bei dem Versuch, die Brüder und Schwestern seiner Kirche vor einem Terroranschlag zu schützen, getötet wurde. Letztes Jahr haben wir mit Hilfe der Salesianer Don Bosco offiziell die diözesane Phase des Seligsprechungsprozesses eröffnet. Die Kommission und das Tribunal arbeiten hart, und diese Phase sollte noch in diesem Jahr abgeschlossen werden“. „Wir wissen, dass der Herr unsere Schritte segnet und dass diese Erfahrung auch in unserer Gemeinschaft Früchte tragen wird", bekräftigt Erzbischof Shaw abschließend.
(Fides 1/7/2023)


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