Juba (Fides) - Die Praxis der Frühverheiratung ist im Südsudan weit verbreitet. Eine kürzlich von der Organisation „Strategic Initiative for Women in the Horn of Africa“ (SIHA) veröffentlichte Studie berichtet, dass in der jüngsten Nation der Welt, die 2011 ihre Unabhängigkeit vom Sudan erlangte, jede Woche mehr als zehn Mädchen zwangsverheiratet werden und mehr als 50 % aller Mädchen im Land vor Erreichen des 18. Lebensjahr.
Vertreter der katholischen Kirche vor Ort schlagen deshalb Alarm. Sie beklagen, dass diese Praxis die Träume der Mädchen von einer höheren Bildung im Keim erstickt und ihnen somit jegliche Zukunftsperspektive verwehrt.
"Als Kirchenvertreter bedauern wir das Verhalten von Eltern, die ihre Töchter zwingen, die Schule abzubrechen, um sie zu verheiraten oder weil sie schwanger werden", so Bischof Mathew Remijio Adam von Wau. "Für eine bessere und gleichberechtigte Gesellschaft muss man die Bildung der Kinder, sowohl der Jungen als auch der Mädchen, begünstigen, denn wenn man sie dazu zwingt, früh zu heiraten oder ihre Ausbildung zu beenden, zerstört man ihre Zukunft", betonte Bischof Adam. In diesem Zusammenhang verweist er aber auch auf die Anstrengungen vieler Mütter, die auf den Feldern arbeiten, ein Haus bauen und ihre Töchter bei der Ausbildung unterstützen.
Aus dem SIHA-Bericht geht auch hervor, dass acht Prozent der minderjährigen verheirateten Mädchen im Südsudan schwanger werden, bevor sie das Erwachsenenalter erreichen, während die Weigerung, zu heiraten, häufig zu Missbrauch und Ausgrenzung aus der Gesellschaft führt. Je jünger eine Braut ist, desto mehr Geld erhält ihre Familie.
Wie der Bischof von Wau erhob auch Bischof Emmanuel Barnadino Lowi Napeta von Torit, Vorwürfe gegen Eltern, für die eine materiellen Mitgift, die sie im Austausch für ihre Töchter erhalten, wie zum Beispiel Rinder und andere Geschenke, wichtiger ist, als die Ausbildung und das Wohlergehen ihrer Töchter. "Während meines jüngsten Pastoralbesuchs in der Pfarrei Unserer Lieben Frau von Fatima", sagte Bischof Napeta diesbeizüglich, "habe ich gehört, dass Töchter dazu gezwungen, schon in jungen Jahren zu heiraten, um im Gegenzug Kühe zu bekommen“.
Der Prälat hofft, dass die Dorfältesten das Problem erkennen werden: "Diese alte Mentalität muss in Frage gestellt werden, damit die Mädchen eine gute Ausbildung erhalten, die ihnen eine gute Zukunft ermöglicht. Bildung macht das Unmögliche möglich".
Laut dem Plan für humanitäre Hilfe der Vereinten Nationen für den Südsudan wurden im Jahr 2022 vier Millionen Mädchen Opfer von Früh- oder Zwangsverheiratung, was einem Anstieg von 2,7 Millionen im Vergleich zum Vorjahr entspricht.
(AP) (Fides 21/6/2023)