ASIEN/CHINA - Magdalena und die katholische Gemeinde in Tibet: Staatliche chinesische Medien berichten von einer „Oase des Zusammenlebens“

Montag, 20 Februar 2023 mission   evangelisierung   dialog  

Von Marta Zhao
Lhasa (Fides) – Als "Oase des Zusammenlebens" zwischen den Religionen und "Ort der Begegnung" zwischen den Kulturen bezeichnet der Nachrichtendienst „China News Service“ (CNS) (chinanews.com.cn), die katholische Gemeinde von Yanjing, die einzige katholische Gemeinde in der Autonomen Region Tibet. Die zweitgrößte Presseagentur der Volksrepublik China, die Nachrichten in chinesischer und englischer Sprache verbreitet, hatte erst kürzlich einen ausführlichen Bericht über die "tibetische Gemeinde" online gestellt. Die Agentur weist darauf hin, dass auch das Kirchengebäude mit seinen architektonischen Merkmalen die tibetische Elemente mit gotischen Elementen verbindet und damit eine Verschmelzung verschiedener kultureller Traditionen darstellt. Doch die in dem Bericht zusammengetragenen Details und Nachrichten vermitteln vor allem ein lebendiges Bild der kleinen Kirchengemeinde, die sich auf dem Dach der Welt zum Glauben an Jesus bekennt und in der selbst die christlichen liturgischen Feierlichkeiten zu einer Gelegenheit für ein brüderliches Zusammenleben mit den Landsleuten werden, die in ihrer überwältigenden Mehrheit Buddhisten sind.
Im Mittelpunkt des Beitrags steh jedoch die Figur von Magdalena, der geweihten Laiin, die seit 26 Jahren als Küsterin für die Kirche zuständig ist. Magdalena läutet jeden Tag die Glocken, leitet das tägliche Gebet der Gemeinde, das in tibetischer Sprache gesprochen wird, und fungiert auch als "Reiseleiterin" für Besucher von außerhalb der Kirche. Magdalena hilft auch mit Hingabe und Fürsorge den Priestern, die regelmäßig aus Yunnan oder anderen Provinzen kommen, wenn es darum geht die Messe zu feiern, vor allem an liturgischen Festtagen, da es in der Pfarrei keine ständige Präsenz eines Priesters mehr gibt.
Die Geschichte von Magdalena beschränkt sich nicht darauf, die einzigartige Art und Weise zu beschreiben, in der sich das Band der Geschwisterlichkeit, das die tibetischen Katholiken mit ihren buddhistischen Mitbürgern verbindet, manifestiert. Zu Weihnachten beziehen die mehr als 520 Gläubigen der 70 katholischen Familien, die die Pfarrei besuchen, auch den Rest der Bevölkerung in die Feierlichkeiten zur Geburt Jesu ein. Am Morgen, nach der feierlichen liturgischen Zeremonie, versammeln sich alle, um gemeinsam die lokalen Gerichte zu essen. Am Nachmittag helfen die Buddhisten beim Schmücken der Kirche mit Weihnachtsschmuck. Nach dem Abendessen verkleiden sich alle in traditionelle Gewänder, um an einem Fest mit Gesang und Tanz zu Ehren der Geburt Jesu teilzunehmen. In ähnlicher Weise nehmen die Katholiken an den tibetisch-buddhistischen Festen im Dezember teil. „ Es kommt vor ", erzählt Magdalena, "dass in ein und derselben Familie sowohl Buddhisten als auch getaufte Katholiken leben, und an den Wänden ihrer Häuser hängen Bilder von Jesus und Maria zusammen mit denen von Buddha“.
Magdalena kümmerte sich auch um die Pflege der Weinstöcke, die von den Missionaren dort gepflanzt worden waren. Darin sieht sie ein beredtes Zeichen dafür, dass der Same des Christentums längst in das tibetische Land eingepflanzt worden war. Und wenn sie zwischen den Weinstöcken spazieren geht, freut sie sich, wenn sie dort Katholiken begegnet, die Rosenkränze in der Hand halten, und über fromme Buddhisten, die ihre Gebetsketten in der Hand drehen. Der Klang der Kirchenglocke unter dem Kreuz vermischt sich mit dem Klang der tibetischen Gebetsfahnen aus dem in den fünf Farben des Tals und des Flusses gewebten Tuch.
Der CNS-Bericht über das heutige friedliche Zusammenleben ist von besonderer Bedeutung, wenn man die Geschichte im Lichte der vielen schmerzhaften Ereignisse betrachtet, die die Verkündigung des Evangeliums in Tibet in der Vergangenheit geprägt haben. Die ersten Versuche, das Evangelium in Tibet zu verkünden, gehen auf Franziskaner-Missionare im 14. und die Jesuiten im 17. Jahrhundert zurück. In jüngerer Zeit berichten die in den Archiven der Gesellschaft für Außenmissionen (Missions Etrangères de Paris, Mep) aufbewahrten Berichte über missionarische Initiativen auf dem Dach der Welt ab Mitte des 19. Jahrhunderts durch die französische Missionare (die 1855 auch die Kirche in Yerkalo errichteten) und später durch die Augustiner-Chorherren vom Großen St. Bernhard (Schweiz). In den Berichten aus dieser Zeit erscheint Tibet als ein raues Land, in dem sich britische und russische Kolonialinteressen, Einfälle chinesischer "Warlords" und die Knechtschaft des lamaistischen politisch-religiösen Feudalsystems vermischen. Die Berichte der Missionare beschreiben die Entweihung von Kirchen und Kapellen, die Beschlagnahmung von Eigentum und den erzwungenen Abfall der zum Christentum konvertierten Tibeter, deren Kinder gezwungen wurden, als Mönche in Lamaklöstern zu dienen. Nach Angaben des Historikers des östlichen Christentums Jean Charbonnier wurde mehr als die Hälfte der 44 Missionare, die seit 1869 in Tibet starben, auf Befehl der Lamas ermordet. Auch die Kirche in Yerkalo wurde 1946 verwüstet, und der damalige Pfarrer, der Schweizer Maurice Tornay, wurde ermordet, als er mit zwei Begführern auf dem Weg nach Lhasa war, um sich mit dem Dalai Lama zu treffen, um Toleranz einzufordern und um die Rückgabe der Mission zu bitten, aus der er vertrieben worden war. Tornay wurde am 16. Mai 1993 von Papst Johannes Paul II. als Märtyrer „in odium fidei“ seliggesprochen.
(Fides 20/2/2023).


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