AFRIKA/SÜDSUDAN - Papstbesuch: “Ökumenische Reise” soll Weg für den Frieden ebnen

Freitag, 27 Januar 2023

Juba (Fides) – Im Rahmen eines ökumenischen Besuchs wird Papst Franziskus zusammen mit dem anglikanische Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, Primas der Anglikanischen Gemeinschaft, und Pastor Iain Greenshields, dem Vorsitzenden der Generalversammlung der Kirche von Schottland den Südsudan besuchen. In dem afrikanischen Land stellt die Zugehörigkeit zu verschiedenen Glaubensgemeinschaften in einem Kontext, der durch jahrzehntelange Bürgerkriege verwüstet und zerrüttet ist, heute auch einen einigenden Faktor im gesellschaftlichen Gefüge und im sozialen Leben dar. Oft hat diese Zugehörigkeit auch eine Rolle bei der Überbrückung von ethnischen Gegensätzen gespielt, die Konflikte schüren. Aus diesem Grund haben sich im Laufe der Jahre führende Vertreter der verschiedenen Glaubensgemeinschaften für Friedensverhandlungen eingesetzt.
Dies ist das Terrain, auf dem sich die von Papst Franziskus, Erzbischof Welby und Pastor Greenshields geplante "ökumenische Reise" bewegt, die sich als Zeichen und Gelegenheit versteht, den Wunsch nach Frieden und Güte, der in den Herzen vieler Menschen wohnt, die seit Jahrzehnten den Preis für sinnlose Konflikte auf zahlen, zum Ausdruck zu bringen.
Ein Rückblick auf die Geschichte und den Weg der verschiedene Kirchen und kirchliche Gemeinschaften heute verdeutlicht, wie es kam, dass alte konfessionelle Rivalitäten überwunden wurden und man heute Seite an Seite versucht, Konflikte zu beseitigen und den Aufbau eines friedlichen, am Gemeinwohl orientierten Zusammenlebens zu fördern.
"Die christliche Verkündigung", so der aus der spanische Diözese Toledo stammende Missionar Christopher Hartley, der heute in Nandi in der Diözese Tombura-Yambio lebt und arbeitet, "hat im heutigen Südsundan bereits im 6. Jahrhundert begonnen. Die Evangelisierungsinitiativen der Neuzeit haben im gesamten Sudan im 19. Jahrhundert während der Zeit des britischen Empire mit der Ankunft der ersten Comboni-Missionare aus Verona und der Mill Hill Missionare. In vielen Regionen, die heute zum Südsudan gehören, gewann die missionarische Präsenz jedoch erst ab den 1970er Jahren an Bedeutung und Kontinuität. Obwohl es immer noch einen gewissen Synkretismus mit Elementen aus traditionellen Religionen gibt, ist der feste Glaube eines großen Teils der christlichen Bevölkerung bewegend".
Etwa 6,2 Millionen Südsudanesen (das entspricht 37,2 % der nationalen Bevölkerung von über 16 Millionen) sind Katholiken. "Die heilige Josephine Bakhita, die erste afrikanische Comboni-Schwester, die um 1845 in den Nuba-Bergen im heutigen Südsudan geboren wurde, und der heilige Daniel Comboni sind die beiden großen Märtyrer, die von den Südsudanesen heute verehrt werden, auch hier in der Diözese Tombura Yambio“, so der Missionar weiter. „Die Arbeit der Comboni-Missionare im Südsudan wurde auch durch deren Vertreibung am 6. März 1964 und des Krieges im Jahr 1983 nicht gravierend beeinträchtigt", fügt Pater Christopher hinzu. "Der katholische Glaube kam erstmals 1912 mit den Comboni-Missionaren nach Mupoi in der Nähe von Tombura. Die Pfarrei von Nandi ist die dritte in der Diözese und wurde 1947 ebenfalls von den Comboni-Missionaren gegründet. Doch in vielen Regionen des Landes ist das Christentum erst vor wenigen Jahrzehnten angekommen. Es gibt Orte, an denen Missionare auch heute noch zum ersten Mal Jesus Christus verkünden. Es gibt keinen Mangel an Priester- und Ordensberufen, es gibt viele Priesteramtskandidaten in den Seminaren des Landes, auch wenn die Ausbildung manchmal sehr prekär ist". Es gibt nur ein großes Seminar in der Erzdiözese der Hauptstadt Juba, und die meisten Diözesen haben kleine Ausbildungsstätten. Die meisten Studenten des Südsudan studieren daher Theologie in Juba, Nairobi oder Kinshasa.
Die Bildung steht deshalb auch im Mittelpunkt der Bemühungen und Initiativen der katholischen Kirche vor Ort. Die meisten Minderjährigen im Südsudan besuchen katholische Bildungseinrichtungen. "In Tombura zum Beispiel gibt es mehr katholische als öffentliche Schulen", betont der Missionar.
Die ersten Comboni-Missionare kamen 1842 in den Sudan. Sie bauten Schulen und Krankenhäuser für die lokale Bevölkerung, die damals noch an traditionelle Stammesreligionen und Praktiken gebunden war. "Dank der Missionare gaben die meisten Einheimischen ihre traditionelle Religion auf und wurden katholisch“, berichtet der Missionar.
Im Jahr 2005 ebnete das Umfassende Friedensabkommen (Comprehensive Peace Agreement, CPA) zwischen den südlichen Regionen und der Regierung in Khartum den Weg für die Unabhängigkeit des Südsudan, die 2011 unterzeichnet wurde. Nach der Abspaltung des Landes vom Sudan haben sich die meisten Katholiken, die in Juba und den umliegenden Gebieten lebten, dafür entschieden, im Südsudan zu bleiben.

Anglikaner und Reformierte
Nichtkatholische Kirchen und kirchliche Gemeinschaften kamen ab 1899 in den Sudan. Die Anglikaner haben durch die „Church Missionary Society“ bereits in den ersten Jahren ihrer Präsenz in der Region gefestigt und zehntausende von Einwohner getauft. Gegenwärtig ist die Province of the Episcopal Church of South Sudan als Mitglied der Anglikanischen Gemeinschaft nach der katholischen Kirche die zweitgrößte Kirche im Südsudan
Die Vereinigte Presbyterianische Kirche, die zur Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen gehört, begann ihre Arbeit im Sudan im Jahr 1900. Im Laufe des 20. Jahrhunderts erreichten dann Missionare vieler anderer reformierter und evangelischer Kirchengemeinschaften, wie der Sudanese Church of Christ, das Land, wobei sie ihre Aktivitäten auf den Süden konzentrierten.
Unter den anderen Glaubensgemeinschaften im Südsudan sind die Muslime eine Minderheit. Viele von ihnen lebten in dem Land, bevor es 2011 seine Unabhängigkeit vom Sudan erlangte.
Die traditionelle afrikanische Religion, die auf animistischen Glaubensvorstellungen beruht, die sich von Stamm zu Stamm und von Gemeinschaft zu Gemeinschaft unterscheiden, wird weiterhin von einem großen Teil der Bevölkerung befolgt.

Hunger, Ernährungsunsicherheit und politische Instabilität
"Obwohl es Daten gibt, die auf einen Erholungs- und Reifungsprozess in diesem jungen Land hinzudeuten scheinen", so Pater Christopher weiter, "bleibt die Gesamtsituation alarmierend. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist von Hunger bedroht und lebt in völliger Ernährungsunsicherheit. Etwa zwei Millionen Kinder leiden an Unterernährung".
"Die politische, wirtschaftliche und soziale Instabilität im Südsudan ist vor allem auf den langen Konflikt zwischen Präsident Salva Kiir, der der größten ethnischen Gruppe der Dinka angehört, und seinem Stellvertreter Riek Machar, der der ethnischen Gruppe der Nuer angehört, zurückzuführen. Die beiden Erzfeinde besuchten 2019 den Vatikan, wo Papst Franziskus ihnen die Füße küsste und sie um Frieden bat. Obwohl im Südsudan nur 4-5 % der Bevölkerung über Elektrizität verfügen und der Zugang zu Wasser fast inexistent ist, ist das Land sehr reich an natürlichen Ressourcen, darunter Gold, Diamanten und Öl. Ressourcen, die aufgrund von Unsicherheit und politischer und sozialer Instabilität nicht mehr zur Verfügung stehen".
Noch vor der Gründung des unabhängigen Staates Südsudan war der Konflikt in Darfur, einer Region im Westen des Landes, ein Rückschlag für den Sudan als Ganzes. Der Konflikt, der 2003 offiziell ausbrach und 2009 für beendet erklärt wurde, forderte mindestens 400.000 Todesopfer und rund zwei Millionen Vertriebene mussten ihre Heimat verlassen. Trotz eines 2018 in Äthiopien unterzeichneten Friedensabkommens, bestehen bis heute starke ethnische Spannungen.
Im Südsudan sind die Kämpfe zwischen rivalisierenden Milizen seit August 2022 wieder aufgenommen worden. Die mehrfach verschobenen Wahlen in dem Land sind nun für Ende 2024 angesetzt.
Der Südsudan wurde 2011 zwischen zwei grausamen Bürgerkriegen gegründet und erlangte damit nach fast 30 Jahren Krieg die Unabhängigkeit. Hauptstadt des jungen Staates wurde Juba, wo es derzeit mindestens 50 ethnische Gruppen gibt. Frauen bekommen durchschnittlich 5/6 Kinder und die Lebenserwartung liegt unter 60 Jahren.
(AP) (Fides 27/1/2023)


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