AFRIKA - „Wir standen unseren afrikanischen Brüdern und Schwestern stets bei, wenn es um wichtige Veränderungen auf dem Kontinent ging und dies seit Mitte des 19. Jahrhunderts“: Interview mit dem Generaloberen der Gesellschaft der Afrikamissionen (SMA)

Donnerstag, 6 Juli 2006

Rom (Fidesdienst) - Dieses Jahr feiert die Gesellschaft der Afrikamissionen (SMA) das 150jährige Gründungsjubiläum. Der von Bischof Melchior de Marion Bresillac gegründete Missionsorden widmete sich insbesondere der Evangelisierung der Völker in Westafrika und trug zur Entstehung zahlreicher Ortskirchen bei. Anlässlich des Jubiläumsjahres, das am 8. Dezember vergangenen Jahres begann und bis zum 8. Dezember dieses Jahres dauern wird, sprach der Fidesdienst mit dem irischen Generaloberen, Pater Kieran O’Reilly, der die Gesellschaft der Afrikamissionen seit 2001 leitet.

Sollten Sie Ihre Gesellschaft jemandem vorstellen, der sie nicht kennt, welche Eigenschaften würden sie dann besonders hervorheben? Was unterscheidet ihre Gesellschaft von anderen Missionsinstituten?
Die wichtigste Eigenschaft, die ich einer Person präsentieren würde, die unsre Gesellschaft nicht kennt, ist, dass wir eine Missionsgesellschaft sind, die die eigene Tätigkeit auf den afrikanischen Kontinent konzentriert. Wir arbeiten solidarische mit Afrika, in Afrika und außerhalb Afrikas. Wir sind nicht das einzige Missionsinstitut, das dieses Ziel verfolgt, doch wir engagieren uns in diesem Bereich seit 150 Jahren und sind davon überzeugt, dass wir dieser Aufgabe eine einzigartige Perspektive geben. Diese Einzigartigkeit gab uns unser Gründer, Bischof Melchior de Marion Bresillac (1813-1859), der eine Gesellschaft für Missionare gründen wollte, die sich der Arbeit unter den „am meisten Vernachlässigten in Afrika“ widmen sollten.

Der Gründer der SMA, Bischof de Marion Brésillac, hinterließ umfangreiche Schriften zur Bedeutung der Mission …
Unser Gründer war Bischof in Indien. Er war der erste Bischof von Coimbatore im südindischen Unionsstaat Tamil Nadu. Während seiner Zeit in diesem Land schrieb er viel, vor allem Briefe, über sein Amt und seine Reisen. Die Gesellschaft hat diese Korrespondenz vor kurzem veröffentlicht und die Übersetzung in Englisch wird bis zum Ende des Jahres zur Verfügung stehen. Nachdem er eine lange Zeit in Indien verbracht hatte, schrieb er in seinen Briefen vor allem über seine Missionstätigkeit in diesem Land. Insgesamt decken diese Schriften sein ganzes Leben ab, von den ersten Tagen als junger Priester in Carcassonne in Südfrankreich, bis zu den letzten Tagen seines Lebens in Freetown, in Sierra Leone. Es handelt sich um ein reiches Erbe, das uns seine Gedanken zur missionarischen Tätigkeit in dieser Zeit besser erfassen lässt.
Sein totales Engagement für die Mission „ad Gentes“ lässt sich in seinem Lebenszeugnis zusammenfassen, zunächst als Missionar in Indien, als Mitglied der Gesellschaft der Außenmissionen von Paris (MEP) und später die missionarische Tätigkeit in Afrika, die in seinem Tod im Juni 1895 in Freetown gipfelte. Das totale Engagement für das, was wir als Erstevagelisierung bezeichnen und die Entwicklung der Ortskirche. Insbesondere gehört die Förderung einheimischer Priesterberufe zu den nachhaltigsten Erfolgen seiner Tätigkeit. Sobald unsere jungen Missionare eine Gemeinde entlang der afrikanischen Westküste gründeten, eröffneten sie auch Kleine und Große Seminare und bildeten so einen Kern von einheimischen Priestern aus, die später Grundalge der Kirche in Westafrika waren.

Beschreiben Sie uns bitte die „Geographie“ der Mitglieder der Gesellschaft der Afrikamissionen?
Ursprünglich kamen unsere Ordensmitglieder aus Europa, aus Ländern wie Frankreiche, Irland und den Niederlanden. Diese ursprüngliche Basis hat sich später auf Italien, Spanien, Kanada und die Vereinigten Staaten ausgedehnt. Doch nachdem die Kirchen in diesen Ländern eine Krise erfahren mussten, waren auch unsere Missionsinstitute davon betroffen. In den vergangenen zehn Jahren konnten wir einen beachtlichen Rückgang bei den Kandidaten feststellen, die sich für das Amt des Missionspriesters entscheiden.
Die Gesellschaft öffnete deshalb vor etwa 25 Jahren ihre Pforten auch Kandidaten aus anderen Gebieten. Heute befindet sich unsere Gesellschaft auf einem gemeinsamen Weg mit den Kirchen, die durch uns das Geschenk des Glaubens empfangen haben. An den Orten, wo wir unseren Dienst als Missionare in den vergangenen 150 Jahren geleistet haben, laden wir nun junge Männer ein, sich uns anzuschließen und in anderen Teilen Afrikas missionarisch tätig zu werden.
Wir haben auch Ordensmitglieder aus Indien, Polen, den Philippinen und Argentinien, die heute in internationalen Ordensgemeinschaften in Afrika leben. Der größte Teil unsere junge Missionare, die also unter vierzig Jahre alt sind, und rund 90% der Missionare in dieser Altersgruppe stellen, kommt aus diesen neuen Niederlassungen der Gesellschaft.

In welchem Umfeld und in welchen Bereichen der Mission sind sie tätig? Auf welche Schwierigkeiten stoßen sie hauptsächlich bei der Verkündigung Christi?
Die jungen Missionare engagieren sich in verschiedenen Tätigkeitsbereichen, insbesondere bei der Erstevangelisierung und bei der Seelsorge in den Städten und in den ländlichen Gebieten in Afrika. Viele arbeiten auch in unseren Programmen im Erziehungswesen mit.
Die Schwierigkeiten, auf die wir stoßen, sind vor allem die großen Erfordernisse, denen wir entsprechen müssen, was spirituelle und materielle Notwendigkeiten anbelangt und oft sind wir nicht in der Lage, diese zu erfüllen, vor allem, wenn es um materielle Dinge geht.

Bischof de Marion Bresillac gründete die SMA für die Evangelisierung Afrikas, doch heute sind Afrikamissionare auch in anderen Ländern in Europa. Amerika und Asien tätig… hat sich Ihr Tätigkeitsfeld ausgedehnt?
Ja, wie sind auch in den genannten Regionen tätig, doch wir sind dort an erste Stelle, um für unsre Ursprungskirchen zu Arbeiten und um neue Missionare zu suchen, sowohl Priester als auch Laienbrüder, um eine bessere Verständigung mit Afrika zu fördern, um uns in den Bereichen der Gerechtigkeit zu engagieren, die Afrika direkt betreffen, und auch um die Solidarität mit Afrika zu fördern. Im Verlauf der letzten dreißig Jahre hat die Gesellschaft, durch verschiedene Projekte in einigen europäischen Städten weite Teile der afrikanischen Gemeinschaften erreicht, die dort leben und in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Ortskirchen spezifische Pastoralprogramme für diese Bevölkerungsgruppen erarbeitet.

Kann man nach eineinhalb Jahrhunderten Missionstätigkeit versuchen Bilanz zu ziehen und die zukünftigen Perspektiven der SMA aufzuzeigen?
Die Gesellschaft hat in diesen 150 Jahren vor allem an der Seite der afrikanischen Völker gelebt. Man könnte sagen, dass wir unseren afrikanischen Brüdern und Schwestern stets beistanden, wenn es um wichtige und denkwürdige Veränderungen auf dem Kontinent ging und dies seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Wie konnten dabei auf bedeutende Weise zum Wachstum des Kontinents beitragen und auch zur Entwicklung des Bildungswesens auf den verschiedenen Ebenen. Zufrieden sind wir vor allem, dass wir sehen, wie Ortskirchen in Afrika erfolgreich wachsen. Die Tatsache, dass unsere Mitglieder aus Afrika heute Missionare Ad Gentes sind, ist für uns wirklich ein großer Segen, es ist das Ergebnis der Anstrengungen von Bischof De Bresillac und unserer ersten Missionare.

Welche Initiativen finden im Rahmen der Feiern zum 150jährigen Jubiläum statt und was erwarten Sie sich von diesen Jubiläumsfeiern?
Dieses Jubiläum gibt uns Gelegenheit, uns eingehend mit unserem Gründer und unseren ersten Missionaren zu befassen, mit ihrer Spiritualität und was dies heute für uns bedeutet. Das Jubiläum ist auch eine Gelegenheit, über unser Charisma nachzudenken und zu prüfen, wie wir es in unseren Ausbildungsprogrammen besser verständlich machen können. Wir bilden in unsren Ausbildungsprogrammen über 220 Studenten und in Afrika und anderen Ländern aus. Dieses Jahr ist für uns auch Gelegenheit die missionarische Identität unsres Ordens besonders hervorzuheben und zu vertiefen, damit wir ganz vom Missionsgeist der SMA geprägt sind.
Jede Ordensgemeinschaft der Gesellschaft engagiert sich auf unterschiedliche Weise für die Feiern des Jubiläums. Es wird vor allem auch auf lokaler Ebene gefeiert, damit unsere Familien, Freunde und Wohltäter teilnehmen können.
Die Hauptfeiern fanden am 25. Juni in der Basilika von Unserer Lieben Frau von Fourviere in Lyon statt. Dabei haben sich unsere Mitglieder und Wohltäter aus aller Welt in einem festlichen Rahmen versammelt. Den Gottesdienst hielt der Erzbischof von Lyon, Kardinal Philippe Barbarin, im Beisein von Kardinal Turkson Appiah von Cape Coast in Ghana, während der Sekretär der Kongregation für die Evangelisierung der Völker, Erzbischof Robert Sarah die Predigt hielt. Es waren auch zahlreiche Bischöfe aus vielen afrikanischen Ländern anwesend, die die Länder und Völker vertraten, in denen wir zum Aufbau der Kirche beigetragen haben. Der Gottesdienst wurde vom französischen Fernsehen live übertragen.
Dieser Anlass war eine Gelegenheit, den Völkern Afrikas dafür zu danken, dass sie unsere Missionare im Laufe der vergangenen 150 Jahre stets gastfreundlich aufgenommen haben. Von Anfang an haben sie uns aufgenommen und an ihrem Leben teilnehmen lassen. Wir hatten Glück, dass wir so viel von ihnen lernen konnten.
Viele unsere Missionare sind entlang er afrikanischen Westküste begraben; einige starben noch jung, und gaben ihre Leben für die Liebe zum Evangelium und um anderen die Botschaft der Hoffnung und des Heils zu bringen. Dies ist auch unsere Hoffnung und unsere Bitte für die Zukunft: dass viele sich uns bei unsere Missionstätigkeit anschließen mögen und wir die Regionen erreichen, in denen die Botschaft der Liebe noch nicht bekannt ist, die uns Jesus Christus geschenkt hat, damit diese schon bald von der Frohbotschaft des Heils erfahren.
Unsere wichtigste Hoffnung für die Zukunft, zu der uns diese Jubiläumsfeiern inspirieren, besteht darin, dass sich alle für diese wichtige Arbeit engagieren, und das unsere jungen Mitglieder in der Zukunft stolz die missionarische Tradition unsrer Gesellschaft fortsetzen und dabei die Herausforderungen mutig angehen, denen wir bei unserer Arbeit in Afrika gegenüberstehen werden. (SL) (Fidesdienst, 06/07/2006 - 131 Zeilen, 1.478 Worte)


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