VATIKAN - Interview mit Kardinal Crescenzio Sepe: „Mein Herz wird immer für die Mission schlagen“

Freitag, 2 Juni 2006

Vatikanstadt (Fidesdienst) - Kardinal Crescenzio Sepe wurde am Ende seines fünfjährigen Mandats als Präfekt der Kongregation für die Evangelisierung der Völker von Papst Benedikt XVI. zum Erzbischof von Neapel ernannt. Der Fidesdienst sprach mit ihm über seine Erfahrung und über die Zukunft, die ihn als Hirten der Erzdiözese Neapel erwartet.

Eminenz, vor fünf Jahren traten Sie über die Schwelle von Propaganda Fides nachdem Sie von Papst Johannes Paul II. zum Präfekt der Kongregation für die Evangelisierung der Völker ernannt worden waren. Was empfanden Sie damals?
Ich kam zu Propaganda Fide nach der begeisternden Erfahrung des Heiligen Jahres 2000, zu dem Millionen von Pilgern aus allen Teilen der Welt sich in Rom um den Papst versammelten und dies nach einer langen Vorbereitung, die zu denselben Themen in allen Ortskirchen stattfand. Es war eine sehr intensive und einzigartige Zeit, die viel Arbeit von enormer spiritueller Tragweite mit sich brachte, bei der ich täglich mit Papst Johannes Paul II. zusammenarbeiten durfte, was mir die Möglichkeit gab, den wunderbaren Reichtum der katholischen, universalen Kirche mit ihrer Formenvielfalt, die jedoch gleichsam eine ist und felsenfest auf ihrem Fundament, Jesus Christus steht, noch tiefer zu erfassen. Im Übrigen stand die Feier des zweitausendjährigen Geburtsgas Jesu Christi, der vom Vater gesandt wurde, um der Welt das Heil zu bringen, im Mittelpunkt des Heiligen Jahres, weshalb das Zentrum, um das alle Ereignisse kreisten, die Person und die Botschaft unseres Herrn war.
Im Heiligen Jahr haben wir in Rom Menschen aus den entferntesten Teilen der Welt empfangen wohingegen bei Propaganda die Perspektive genau umgekehrt war: von hier aus muss man in die Welt blicken, zu den zwei Dritteln der Menschheit, die die Frohbotschaft noch nicht empfangen haben. Wie ich bei mehreren Anlässen betonen durfte, wurde mit meinem Amtsantritt bei Propaganda Fide ein Jugendtraum wahr: bereits als ich noch das Gymnasium besuchte, hatte ich den brennenden Wunsch, eines Tages Missionar zu werden. Dabei habe ich auch nie vergessen, dass aus meiner Herkunftsgemeinde auch der selige Pater Paolo Manna stammte, der die Päpstliche Missionsunion und das Priesterseminar des Päpstlichen Institutes für die Außenmission (PIME) gründete. Nach einem im Grunde stets kontinuierlichen Weg als Priester, der stets vor allem von der totalen Bereitschaft, mich dem Willen des Herrn zu fügen gekennzeichnet war, wurde mir bei Propaganda Fide die Gnade zuteil, vollständig in die Welt der Missionen eintauchen zu dürfen.
Und heute, fünf Jahre später …
Wie ich auch zu meinen Mitarbeitern sagte, danke ich dem Herrn für diese Erfahrung, die mich enorm bereichert hat und mir dabei half, immer tiefer den Kern der Probleme und die Realität der Völker und Kulturen zu erfassen, die oft geographisch weit von uns entfernt sind, heute, in unserer globalisierten Welt jedoch immer näher rücken. In diesen fünf Jahren habe ich viel gelernt, ich habe viel empfangen und konnte die außerordentliche Lebendigkeit der Mission erfahren, ihre Schmerzen und ihr Leid, aber auch ihre Freude.
Ich betrachte es als eine große Gnade des Herrn, dass ich aus nächster Nähe die Realität in einigen christlichen Gemeinden kennen lernen durfte, wie zum Beispiel in der Mongolei, wo das Evangelium nach einer langen Zeit des Schweigens wieder verkündet wird: diese Gemeinde durfte ich auf ihren ersten Schritten in dieses neue Leben begleiten. Wie könnte man die viel versprechenden Öffnungen der Kirche in Vietnam vergessen, wo ich einen für dieses Land „historischen“ Besuch abstatten durfte. Ich besuchte die drei Kirchenprovinzen des Landes und begegnete dabei Bischöfen, Priestern, Ordensleuten und Priesteramtskandidaten. Ich stand der Errichtung der neuen Diözese Bai Ria und der Amtseinführung des ersten Bischofs vor und konnte mit Freude 57 vietnamesische Diakone im Beisein einer enormen Menge von Gläubigen die Priesterweihe erteilen, bei der die gerührten und glücklichen Gottesdienstteilnehmer nicht nur die Kathedrale füllten, sondern auch den Vorplatz und die Zufahrtsstraßen. Ich kann bezeugen, dass die Kirche in Vietnam ein wichtiges Kapitel ihrer Geschichte schreibt, ein Kapitel der Freude und der Hoffnung auf die Zukunft. Sehr interessant waren auch meine Besuche in Kuwait und auf der Arabischen Halbinsel, wo ich die Freude hatte, den beiden Apostolischen Vikaren, die Bischofsweihe zu erteilen. Zu sehen, wie die dortigen katholischen Gemeinden in einer besonders schwierigen und sensiblen Situation leben, hat mich die Gegenwart des Herrn erfahren lassen, der seine kleine Herde aufruft, sich nicht zu fürchten, weil er bei uns sein wird, bis zum Ende der Welt.
Mein Besuch im Sudan hat mich in eine extrem komplexe Situation eintauchen lassen und zwar unter religiösen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Die Folgen des langen Bürgerkriegs sind sehr schwerwiegend und der Krieg macht sich auch heute noch bemerkbar: es gibt immer noch Guerillakampf, Gewalt, Vandalismus … die Strukturen des Landes wurden zerstört, es gibt Krankheiten und extreme Armut. Auch in den Reihen der Kirche wurden viele Priester und Ordensleute durch den Bürgerkrieg traumatisiert. Der Besuch in einem Flüchtlingslager in Darfur war die schmerzlichste und beklemmendste Station meiner Reise. Doch auch inmitten von soviel Schmerz konnte ich die Freude der katholischen Gemeinde sehen, die Begeisterung und den Stolz auf den eigenen Glauben, der den Menschen auch in dieser besonders schwierigen Lage eine Stütze ist.
Ein weiteres afrikanisches Land, das ich besucht habe, um den Friedensprozess zu konsolidieren, der nach einem über 30jährigen Krieg begonnen hat, ist Angola. In der Kathedrale von Luanda habe ich zusammen mit allen angolanischen Bischöfen dem Herrn für das Geschenk des Friedens gedankt, mit dem die grausame Zeit des Krieges und des dramatischen Mordens unter den Kindern dieses Landes beendet wurde. Ein dramatisches Erbe dieser langen Zeit sind auch hier die Flüchtlingslager, die ich besuchte, um Worte des Trostes zu spenden und das Vertrauen in die Zukunft zu wecken.
Momente der Freude und des Feierns durfte ich mit den Katholiken in Benin feiern, wo ich im November 2002 an den Schlussfeiern zum Eucharistischen Kongress teilnahm, oder in Uganda bei den Hundertjahrfeiern in der Erzdiözese Mbarara.
Unvergesslich und begeisternd war der Zweite Lateinamerikanische Missionskongress mit seiner ganzen lateinamerikanischen Wärme, der im November 2003 das erste missionarische Großereignis des neuen Jahrtausends war, Ich habe eine Kirche gesehen, die Kirche Amerikas, die vorbehaltlos alles gibt, was sie besitzt, aus der eigenen Kleinheit und Armut, aus dem eigenen Martyrium, für die Mission Jesu Christi, um auf alle Völker und auf alle Kulturen zuzugehen und ihnen das Evangelium zu verkünden.
Außerdem besuchte ich Mexiko, Aserbaidschan, Indien, Thailand, Kambodscha, Laos, Myanmar, Taiwan … Trotz meiner Grenzen und Schwächen, habe ich versucht dem Geist des heiligen Paulus zu folgen und denjenigen Trost zu spenden, die unter Schmerzen leiden, und mich mit denen zu freuen, die Freude empfinden, mit den Menschen Mühen und Sorgen zu teilen und gemeinsam auf die erreichten Ergebnisse zu blicken. Viele Gesichter und Situationen bleiben in meiner Erinnerung, für die ich jeden Tag bei der Heiligen Messe bete. Mit Sicherheit ist die Missionstätigkeit nicht einfach, es gibt viele alte und neue Herausforderungen und Probleme, die sich uns Stellen. Aber wir haben eine Gewissheit: der Herr, der uns zu einer so hohen Aufgabe beruft, gibt uns mit Sicherheit auch die Mittel, damit wir sie erfüllen können.
Was werden Sie also mitnehmen …
Ich nehme die heldenhafte Opferbereitschaft der vielen Missionare und Missionarinnen mit, die unter enorm schwierigen Bedingungen leben und dabei stets freudig den Herrn verkünden und sich bis zum letzten Atemzug für diese Sache hingeben. Ich nehme das Blut mit, das Dutzende Bischöfe, Priester, Ordensleute und Laien vergossen haben, die in aller Welt ermordet wurden, nur weil sie Christen waren, weil sie sich im Namen ihres Glaubens all dem entgegenstellten, was dem Evangelium und der Würde des Menschen widerspricht. Außerdem bewahre ich in meinem herzen die Freude vieler christlicher Gemeinden, die in Notsituationen, in der Unterdrückung, in der Armut entstanden sind, und trotzdem ihren Glauben auch in Zeiten der Verfolgung bewahrt haben, und heute hoffnungsvoll in ihre Zukunft blicken, die auch die Zukunft der ganzen Kirche ist.
Wie könnten wir die vielen jungen Menschen vergessen, die sich in den Missionsländern auf das Priester- und Ordensleben vorbereiten. Sie sind die schönste Frucht der Opfer, die die Missionare gebracht haben, die das Leben dafür hingegeben haben, um die Kirche dort einzupflanzen, wo der Name Jesu Christi nie zuvor ertönt war. Und schließlich das „neue“ missionarische Engagement vieler Laien, der Bewegungen und neuen Gemeinschaften, ganzer Familien, die alles hinter sich lassen, um dem Ruf des Herrn zu folgen. Mit einem Wort, ich nehme die Überzeugung mit, dass die Kirche lebendig ist, auch wo es Schwierigkeiten und Unterdrückung gibt; dass das Christsein schön ist, eine quelle der Freude auch inmitten vieler Probleme, und dass der Herr auch heute noch die Menschen auf ihrem Weg begleitet.
Leider gibt es in vielen so genannten „Missionsländern“ schwierige Situationen, die Sie mit eigenen Augen sehen konnten: unendliche Kriege, Gewalt, Krankheiten, extreme Armut, Korruption, Diskriminierung …
Wie der Zyrenäer, der von Jesus gebeten wurde, ihm dabei zu helfen, das Kreuz zu tragen, habe ich bei meinen Pastoralreisen diese Situationen kennen gelernt und ich habe versucht, mich zu den vielen Brüdern hinabzubeugen, auf allen Breitengraden ihr oft schweres und manchmal sogar erdrückendes Kreuz tragen. Meine Anwesenheit sollte in vielen Notsituationen vor allem die Verbundenheit der Weltkirche zum Ausdruck bringen, die auch unter tragischen Bedingungen weiterhin das Evangelium der Liebe, der Gerechtigkeit und des Friedens verkündet. Ich hatte die Möglichkeit die zuständigen Behörden anzusprechen und alle Menschen guten Willens, damit diese eingreifen und Maßnahmen ergreifen, mit denen solche Situationen beendet werden können. Ich haben jenen Trost gespendet und gedankt, die sich dafür einsetzen, die Not vieler Menschen so gut es geht zu lindern, eine Not, die nie allein nur Not ist. Wer das Geschenk des Glaubens empfangen hat, wird nach der Finsternis des Kalvarienbergs die Morgenröte der Auferstehung erblicken. Ich habe die Menschen auf diesem Weg ermutigt, mit ihnen ihre Angst geteilt und sie dazu aufgerufen, jene Hoffnung zu bewahren, die nicht enttäuscht, da sie von Gott kommt.
Sollten Sie eine Priorität nennen, die Ihre Erfahrung als Präfekt der Kongregation für die Evangelisierung der Völker besonders gekennzeichnet hat, welche wäre das?
In diesen Jahren habe ich den Schwerpunkt vor allem bei der Ausbildung gesetzt und zwar auf allen Ebenen. Insbesondere denke ich dabei an die Studienseminare für die Bischöfe, zu denen Bischöfe aus den Missionsländern, insbesondere die neu ernannten, sich mehrere Wochen in Rom aufhielten und an Vorlesungen zu den grundlegenden Aspekten ihres Amtes in Beziehung zu den Ländern, in denen sie tätig sind, teilnahmen. Unter den Rednern waren wichtige Präfekten der verschiedenen römischen Dikasterien und andere sehr qualifizierte Persönlichkeiten, mit denen sich die Bischöfe in einem offenen und konstruktiven Dialog auseinandersetzen konnten. Mit dem Master in Entwicklungsmanagement haben wir einen neuen Weg der Entwicklungshilfe für Afrika eingeschlagen, der alte Konzepte überwinden soll: eine Gruppe junger Studenten aus 17 afrikanischen Ländern, die von den Vorsitzenden der Bischofskonferenzen der verschiedenen Länder des Kontinents empfohlen wurden, besuchen diesen Kurs, der von unserer Kongregation in Zusammenarbeit mit der Katholischen Universität Mailand und der Päpstlichen Universität Urbaniana durchgeführt wird. Diese Studenten werden bei ihrer Rückkehr in die Heimat eine Ausbildungen besitzen, die es ihnen erlaubt, einen Beitrag zur zukünftigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung in ihren Ländern zu leisten. Die letzte wichtige Veranstaltung war der Kongress zum 40jährigen Jubiläum des Konzilsdekrets „Ad gentes“, das in Zusammenarbeit mit der Päpstlichen Universität Urbaniana veranstaltet wurde und die Aktualität des Missionsauftrags hervorheben sollte und neue Wege für die Mission im dritten Jahrtausend erörterte. Dies sind nur die großen Aufgaben der vergangenen Jahre, die mir in den Sinn kommen, und es ist fast unmöglich die unzähligen kleinen aber deshalb nicht weniger wichtigen Aufgaben zu nennen, wie zum Beispiel Pastoralbesuche, Treffen, Missionskongresse, Kurse für missionarische Fortbildung und Animation …
Sie wurden von Papst Benedikt XVI. nun mit einer umfangreichen pastoralen Aufgab betraut: Sie sollen Jesus Christus in einem zwar geographisch begrenzteren aber nicht weniger komplexen Umfeld verkünden, das im Grunde vielen anderen westlichen Entwicklungsgebieten ähnlich ist, wo sich Städte chaotisch entwickeln und Armut weit verbreitet ist. Auch hier möchte die Kirche eine Kultur der Liebe aufbauen, die auf dem Respekt für die Menschen beruht, die aus verschiedenen Teilen der Welt kommen und von denen jede eine eigene Geschichte und eigene Bedürfnisse hat. Dies ist eine große Herausforderung …
Ich bin dem Heiligen Vater für diese Ernennung zutiefst dankbar und für das was er für die Missionskirche und die Kirche in Neapel getan hat. An zweiter Stelle möchte ich betonen, dass man manchmal vielleicht zu sehr den Unterschied zwischen denjenigen hervorhebt, die in den Dikasterien und Büros der Kurie arbeiten und denjenigen, die für eine Diözese verantwortlich sind. Als ob ein Präfekt oder ein Sekretär oder ein Mitarbeiter einer Kongregation sein Amt ausüben könnte, ohne konkreten Kontakt zu den Menschen, ihren Problemen, ihren Erwartungen zu haben, ohne die Sakramente zu feiern … ohne „Hirte“ nach dem Vorbild des Guten Hirten zu sein. Wir stehen alle im Dienst des einen Herrn und der einen Kirche, auch wenn wir in verschiedenen Ämtern tätig sind. In diesen fünf Jahren als Präfekt der Kongregation für die Evangelisierung der Völker habe ich mich stets als „Hirte“ dieser großen „Diözese“ empfunden, die über 1.000 Kirchsprengel mit zehntausenden Priestern, Ordensleuten und Missionaren umfasst … Kein Missionsgebiet war für mich nur ein Punkt auf der Landkarte oder eine Akte im Archiv und wo ich nicht persönlich hingehen oder einen Mitarbeiter entsenden konnte, habe ich stets versucht einen direkten Kontakt mit denjenigen herzustellen, die in einem bestimmten Gebiet tätig sind.
Nach Neapel werde ich im Gepäck meine vielen bisherigen Erfahrungen mitnehmen: angefangen bei meiner Tätigkeit in der Nuntiatur in Brasilien, wo ich die Favelas besuchte und versuchte das Leid vieler Menschen zu lindern, über die vielen Begegnungen mit Priestern aus allen Kontinenten, als ich Sekretär bei der Kongregation für den Klerus war, die mir die das herz öffneten und mich an ihren Ängsten und an ihren Freuden teilnehmen ließen. Die große Schule bei Propaganda Fide hat meine Horizonte noch einmal erweitert hat und von einem Kontinent bis zu den anderen ausdehnte.
Die Not der Menschen in den Flüchtlingslagern oder derjenigen die auf der Flucht vor Gewalt und Krieg zur ständigen Migration gezwungen sind oder gar derer, die kein schützendes Dach über dem Kopf haben, unterscheidet sich nicht sehr von der Not der Menschen, die am Rande unserer Großstädte leben, wo sie mit Arbeitslosigkeit, Drogensucht, Kriminalität, Wohnungsnot und unzureichender Gesundheitsversorgung zu tun haben. Vieler Priester, Ordensleute und Laien, die Situationen der Ungerechtigkeit und der Armut bekämpfen, stoßen bei ihrer Arbeit oft auf diejenigen, die sich durch Illegalität bereichern, in Italien, wie in ganz Europa, in Nord- und Südamerika oder in Afrika. Die Kirche möchte keine politischen Rezepte anbieten, denn dies ist nicht ihre Aufgabe, doch sie hat die Pflicht, die ihr von Christus anvertraut wurde, den Menschen an seine Würde zu erinnern und der ganzen Gesellschaft die unverzichtbaren Werte des Evangeliums vor Augen zu führen, denn sonst würde sie die eigene Sendung verraten. Allein aus der Umkehr zu Gott wird en neues Lebensmodell entstehen, das auf Respekt, Legalität und Gerechtigkeit gründet und auf der Aufwertung vieler positiver Elemente, die dem menschlichen Wesen innewohnen. Dies ist die große Herausforderung, die mich erwartet und die jeden Christen erwartet.
Wie viel von Ihrem Jugendwunsch bewahren Sie noch in Ihrem Herzen?
Die pastorale Leitung einer Erzdiözese wie wichtig sie auch ist und wir welch große Geschichte sie auch besitzen mag, wie dies für Neapel gilt, könnte den Anschein erwecken, als ob sie den Horizont des missionarischen Engagements einschränkt. Doch dies trifft meines Erachtens nicht zu. Es ändert sich die Perspektive, doch das Gebot Jesu bleibt stets dasselbe, auf allen Breitengraden, in die der Herr uns beruft. Von welchem Gesichtspunkt aus auch immer wir blicken, die missionarische Verantwortung ist stets immens und betrifft alle Getauften und es spornt uns dazu an, alle Grenzen zu überschreiten, damit die heutigen Menschen, die oft so mutlos und rastlos sind, die volle Verwirklichung und das wahre Glück in Ihm finden, der für ihr Heil gestorben und auferstanden ist.
Die Probleme und Situationen ändern sich, doch der Mensch bleibt im Grunde stets derselbe, mit seinen Vor- und Nachteilen, seinen Tugenden und seinen Sünden, stets nach dem Abbild Gottes geschaffen. Die vielen Erfahrungen, die ich im Gepäck habe, die vielen schrecklichen Situationen, in denen es auf den ersten Blick keinen Ausweg gibt, werden mir nützlich sein, wenn es drum geht, in allen Menschen guten Willens, denen ich auf meinem neuen Weg begegnen werde, den Wunsch zu wecken, etwas zu tun, sich begeistern zu lassen und auch die Realität einer Stadt wie Neapel, mit seinen immensen und vielleicht nur schlafenden Ressourcen, nach dem göttlichen Plan zu verändern.
Ansporn und Beispiel werden dabei die vielen neapolitanischen Seligen und Heiligen sein, allen voran der erste Bischof dieser Diözese, der heilige Aspreno, und die letzte Selige, die zu den Altären erhoben wurde, Schwester Maria von der Passion. Auch das bevorstehende wichtige kirchliche Großereignis in Italien, der IV. Kirchentag in Verona zum Thema „Zeugen des auferstanden Jesus, Hoffnung für die Welt“ wird uns auf diesem Weg eine Hilfe sein, wenn es darum geht, unsere Hoffnung zu wecken“. Christliche Hoffnung bedeutet nicht nur sich zu wünschen, „dass alles gut geht“, sondern sie ist eine theologische Tugend und findet als solche ihren Ursprung, ihren Grund und ihren Gegenstand in Gott selbst, denn es bedeutet, dass wir Jesus und seinen Versprechen vertrauen und uns in diesem leben für unser ewiges Glück tätig einsetzen. Dies wird meine Mission in Neapel sein und, wenn ich, wie ich bereits gesagt habe, diese Ernennung angenommen habe, dann schlägt mein Herz für Neapel, doch ich möchte hinzufügen, dass mein Herz immer auch für die Mission schlagen wird. (SL) (Fidesdienst, 02/06/2006 - 224 Zeilen, 2.209 Worte)


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