AFRIKA/KENIA - Ein Missionar zum Ausgang der Volksbefragung

Donnerstag, 24 November 2005

Nairobi (Fidesdienst) - „Die Eile bei der Einberufung des Referendums und die Vorlage eines widersprüchlichen Verfassungsentwurf, der zwar mit Sicherheit positive Elemente enthielt, die jedoch mit anderen fragwürdigen vermischt wurden waren, haben dazu geführt, dass der Entwurf von den Bürgern des Landes abgelehnt wurde“, so der Consolata Missionar Pater Luigi Anatoloni, aus der Redaktion der Nachrichtenagentur CISA in Nairobi.
Bei der Volksbefragung über den Verfassungsentwurf vom 21. November (vgl. Fidesdienst vom 21. November 2005) hatten 57% der Wähler den Entwurf abgelehnt. „Die Wähler hatten keine Zeit und nicht die Möglichkeit, die neue Verfassung aufmerksam zu begutachten, die auf jeden Fall in verschiedenen Teilen von der Öffentlichkeit mit perplexen Gefühlen aufgenommen wurde. Auch die katholische Kirche und andere religiöse Konfessionen haben Vorbehalte zu einigen Punkten des Verfassungsentwurfs geäußert, zum Beispiel, was die Abtreibung oder konfessionsgebundene Gerichte anbelangt“, so der Missionar.
„Wenn man nur über einige Paragraphen des Verfassungsentwurfs abgestimmt hätte, wie zum Beispiel die Präambel, dann hätten die Wähler wahrscheinlich zugestimmt“, so Pater Luigi weiter. „Der Vorschlag zur neuen Verfassung war in einigen Abschnitten von weiten Teilen der Bevölkerung begrüßt worden und man hofft, dass diese in Zukunft wieder berücksichtigt werden können. Die Tatsache, dass dieser Verfassungsentwurf abgelehnt wurde, bedeutet nicht, dass das Land den gegenwärtigen Verfassungstext nicht ändern will. Vielmehr verlangen viele Bürger dringend eine Änderung und man wird einen Weg finden müssen, diesen Forderungen zu entsprechen.“
Auf politischer Ebene war der Ausgang des Referendums für den Präsidenten Mwai Kibaki Anlass, die Regierung aufzulösen. „Nach den Ergebnissen der Volksbefragung“, so Kibaki, „ist für mich als Präsidenten der Republik eine Neuordnung meiner Regierung notwendig geworden, damit ein größerer Zusammenhalt gewährleistet ist und wir den Menschen in Kenia besser dienen können. Deshalb habe ich alle Minister und Untersekretäre mit sofortiger Wirkung entlassen“. Innerhalb der kommenden zwei Wochen soll eine neue Regierung gebildet werden.
„Staatspräsiden Kibaki möchte die Regierung weiten und neue Kräfte beteiligen und er muss versuchen eine Regierung zu Bilden, in der es weniger Uneinigkeiten gibt als in der bisherigen“, so Pater Luigi. Die soeben aufgelöste Regierung war sich vor allem über das Verfassungsprojekt uneinig, weshalb es seit Juli dieses Jahres keine Ministerratssitzungen mehr gab.
Vor allem die Opposition und mit ihr verschiedene Minister der Koalitionsregierung hatten die Verfassungsreform abgelehnt. Dabei betonten sie, dass die Bürger keinen starken Präsidenten, sondern eine starke Regierung wollen. Diese Ansicht hatte Präsident Kibaki selbst bei seiner Wahl vor drei Jahren vertreten. Beobachter betrachten den negativen Ausgang des Verfassungsreferendums als ein Zeichen der wachsenden Ablehnung gegenüber dem Präsidenten, der während der Wahlkampagne versprochen hatte, er werde die Korruption bekämpfen und sich um einen wirtschaftlichen Aufschwung bemühen.
„Es bleibt zu hoffen, dass es nun nicht zu einem zweijährigen Wahlkampf kommen wird, der das Land ins Chaos stürzen würde“, so Pater Luigi. Präsidentschafts- und Parlamentswahlen sollen in Kenia 2007 stattfinden. „Wenn die neue Regierung besser zusammenhält als die bisherige, wird sie bis zu den nächsten Wahlen durchhalten. Positiv bei der Volksbefragung war auf jeden Fall, dass es nicht zu Unfällen und Gewalt kam, womit pessimistischen Vorhersagen dementiert werden konnten. Aus Furcht, es könnte zu schlimmen Unruhen kommen, waren mehrere Schulen eine Woche lang geschlossen geblieben.“ (LM) (Fidesdienst, 24/11/2005 - 46 Zeilen, 522 Worte)


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