AFRIKA/ZENTRALAFRIKANISCHE REPUBLIK - Erzbischof von Bangui: “Es ist Demut notwendig, damit gegenseitige Vergebung möglich ist”

Montag, 18 Mai 2015

Rom (Fides) – “Mehr denn je ist unter den Zentralafrikanern Demut gefragt, damit sie die Kraft der Liebe neu entdecken”, so der Vorsitzende der Zentralafrikanischen Bischofskonferenz, Erzbischof Dieudonné Nzapalainga, im Gespräch mit Fides am Randes des Ad-Limina-Besuchs im Vatikan.

Vor welche Herausforderungen stellt die Aussöhnung das Land?

“Die Herausforderungen, mit denen sich die Zentralafrikanische Republik mit Blick auf die Aussöhnung konfrontiert sieht, betreffen vor allem die Zentralafrikaner, die hier wohnen und diejenigen, die in Nachbarländern Zuflucht gesucht haben. Es hat Konflikte gegeben, doch nun ist es an der Zeit, sich hinzusetzen und sich gegenseitig in die Augenzublicken, damit jeder die eigene Verantwortung übernimmt und man sich gegenseitig vergeben kann und die Fehler wieder gutgemacht werden. Wir dürfen nicht in Verbitterung, Hass und Wut leben, denn Vergebung ist möglich, damit ein neues Kapitel geschrieben wird, und wir diese Situation bewältigen können.
Damit dies gelingen kann muss man den Mut haben zu sagen: ‘ich habe anderen weh getan’. Und aus dieser vermeintlichen ‘Schwäche’, deren Grundlage Demut ist, entsteht die Kraft der Liebe. Es gibt immer noch Zentralafrikaner, die im eigenen Land und in den Nachbarländern, die auf der Straße oder in Kirchen schlafen, Zentralafrikaner, die Angst haben, weil noch viele Waffen im Umlauf sind. Es gibt zentralafrikanische Flüchtlinge in Kamerun, im Sudan und in der Demokratischen Republik Kongo oder in der Republik Kongo, die dort darauf warten, dass die Sicherheitsbedingungen in der Heimat eine Rückkehr ermöglichen. Wenn wir, die wir im Land geblieben sind unseren Mitbürgern, die unter prekären Umständen im Ausland leben, helfen wollen, dann müssen wir uns beeilen, damit wir uns einigen und sie die Möglichkeit haben, wieder in ihre Häuser zurückzukehren und wie Menschen und nicht wie Tiere zu schlafen”.

Während der Zeit des Krieges haben Sie zusammen mit anderen Religionsvertretern (der Imam Kobin Layana und der Pastor Nguerekoyame Gbangou) eine interreligiöse Friedensinitiative auf den Weg gebracht, die zeigen sollten, dass es sich nicht um einen Religionskrieg handelt …

“Es handelt sich nicht um einen Religionskrieg. Der Imam Layana ist seit fünf Monaten mein Gast. Wir essen am selben Tisch und teilen dieselbe Sicht der Dinge. Wir setzen uns für dieselben Anliegen ein, nämlich den Schutz der Menschen in Zentralafrika und wir helfen, denen, die in Schwierigkeiten sind. Wenn man weit voneinander entfernt ist, kann ein falsches Bild vom jeweils anderen entstehen; doch wenn man sich näher kommt, dann sehen wir das tatsächliche Gesicht. Auch hier muss Bescheidenheit im Vordergrund stehen, denn Lösungen können nur gemeinsam mit anderen Gefunden werden”.

Könnte es sein, dass dschihadistische Gruppen in das Land eindringen?

“Ich hatte bereits vor Ausbruch der Krise vor einer möglichen Infiltration des Dschihadismus gewarnt. Damals sagten wir: ‘Wir müssen Acht geben, denn wenn das Land nicht vereint ist, dann werden sich andere Probleme, wie zum Beispiel der Dschihadismus bei uns verbreiten und die Werte unseres Volkes untergraben und zerstören’. Deshalb haben wir als Religionsvertreter gemeinsame Briefe geschrieben, in denen wir betonten, dass die Krise in Zentralafrikanischen Republik keine religiöse Krise ist, sondern ein politisches Problem. Ich bin überzeugt, dass je vereinter wir sind, desto weniger werden Gruppen und Ideologien aus dem Ausland in die Zentralafrikanische Republik importiert werden können”. (L.M.) (Fides 18/5/2015)


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