AFRIKA/ÄGYPTEN - Zwei koptische Kinder wegen Koranschändung festgenommen: ein „Fall Rimsha“ auch in Ägypten?

Donnerstag, 4 Oktober 2012

Kairo (Fidesdienst) – Die Festnahme von zwei koptisch orthodoxen Kindern, die Koranseiten mit dem eigenen Urin beschmutzt haben sollen, ist nur eine der zahlreichen Ausdrucksformen des „wachsenden Hasses gegenüber ägyptischen Christen, Botros Fahim Awad Hanna, der sich auf unterschiedlichste Weise äußert“, so der Weihbischof der koptischen Katholiken in Alexandria.
Zu dem Vorfall, bei dem ein neunjähriger und ein zehnjähriger Junge im Mittelpunkt stehen, ereignete sich in Ezebet Marco in der südlichen Provinz Beni Suef. Urheber des kollektiven Wutausbruchs gegen die beiden Kinder ist der für seine extremistischen Positionen bekannte Scheich Gamal Shamadai. Er sorgte für die Verbreitung des Gerüchts, nachdem ein Bauer die beiden Minderjährigen gesehen haben will, wie sie auf die Seiten des Heiligen Buchs des Islam uriniert haben sollen. Die beiden Kinder wurden von den Sicherheitskräften in eine Jugendhaftanstalt gebracht, nicht zuletzt auch um sie vor der aufgebrachten Menschenmasse zu schützen.
Die gegen die Kinder formulierte Anklage enthält nach Ansicht von Bischof Fahim einige Widersprüchlichkeiten: „Hier in Ägypten gibt es eine Anklage gegen einen salafistischen Scheich, der das Evangelium zerrissen und auf die ausgerissenen Seiten uriniert haben soll. Dieser Vorfall ereignete sich in den Tagen des Protests gegen das in den USA veröffentlichte islamfeindliche Video. Nun sollen zwei koptische Kinder genau dasselbe getan haben. Ich wünsche mir dass, die Ermittlungen korrekt durchgeführt werden, und Gerüchte, die in Umlauf gebracht wurden nicht als Beweis gelten“.
Die Anklage gegen den salafistischen Scheich ist einer der seltenen Fälle, in denen ein Angeklagter in Ägypten, wegen Beleidigung des christlichen Glaubens zur Rechenschaft gezogen wird. „Die Behörden“, so Bischof Fahim, „konnten in diesem Fall kein Auge zudrücken: dieses Sakrileg hatte zu einer Reihe von Anzeigen geführt“. Bei den 17 Fällen, in denen seit Januar 2011 ein gerichtliches Verfahren wegen Beleidigung der Religion eröffnet wurde, handelt es mehrheitlich um Anklagen gegen koptische Christen mit einem besorgniserregenden Anstieg der Fälle in den vergangenen Wochen: „Oft“, so Bischof Fatim weiter, „reicht schon eine kritische Bemerkung zu Verhaltensweisen der Fundamentalisten, die auf den eigenen Facebook-Seiten veröffentlicht wird. Seit Jahrzehnten hört man von den Lautsprechern der Moscheen Beleidigungen gegen Christen, die als ungläubig bezeichnet werden. Nach der arabischen ‚Revolution’ geben sich nun vor allem Jugendliche der Illusion hin, dass alle Freiheitsrechte gewährleistet sind und ohne weiter darüber nachzudenken veröffentlichen sie ihre Gedanken auf den Seiten der social networks. Dies reicht in einigen Fällen für eine Festnahme, eine Haft oder ein Urteil“. (GV) (Fidesdienst, 04/10/2012)


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