ASIEN/TÜRKEI - Regierung gewährt Stiftungen religiöser Minderheiten juridische Persönlichkeit

Dienstag, 22 November 2011

Istanbul (Fidesdienst) – Die staatliche Generaldirektion für Stiftungen in der Türkei hat beschlossen, dass auch Stiftungen nichtislamischer Religionsgemeinschaften, die vom Traktat von Lausanne aus dem Jahr 1923 anerkannt wurden. Wie die Türkische Bischofskonferenz dem Fidesdienst mitteilt, war der erste offizielle Schritt in diese Richtung die juridische Anerkennung der Schul-Stiftung des griechischen Gymnasiums „Beyoglu“, die zu den ältesten Schulen der Türkei gehört. Der Beschluss wurde von den religiösen Minderheiten des Landes, darunter Christen des griechischen, armenischen und jüdischen Ritus begrüßt: diese Minderheiten mussten bisher, damit sie soziale und karitative Werke, darunter Krankenhäuser und Schulen, einrichten konnten, notwendigerweise private Stiftungen gründen, da sie als Religionsgemeinschaft keine juridische Persönlichkeit besitzen. Die religiösen Minderheiten betrachten die Initiative der Regierung deshalb als „weiteres positives Signal“ nachdem die Regierung unter Recep Tayyip Erdogan im vergangenen September bereits die Rückgabe der in der Vergangenheit beschlagnahmten Eigentümer religiöser Minderheiten angekündigt hatte.
Die neuen Bestimmungen gelten nicht für die katholische Kirche des lateinischen Ritus, die nicht zu den im Traktat von Lausanne anerkannten Religionsgemeinschaften gehört. Der Dominkanerpater Claudio Monge (op), der seit vielen Jahren in der Türkei als Missionar tätig ist, erklärt im Gespräch mit dem Fidesdienst: „Der Beschluss der Stiftungsdirektion erkennt den juridischen Status von kulturellen, sozialen und auch religiösen Stiftungen an. Es werden davon zum Beispiel auch sufistische islamische Brüderschaften und andere islamische Stiftungen profitieren und auch die anerkannten christlichen Minderheiten des griechischen, armenischen und jüdischen Ritus. Diese Stiftungen haben jedoch bestimmte Pflichten, darunter die Besetzung des Stuhls des Vorsitzenden mit einem türkischen Staatsbürger. Außerdem müssen sie sich an eine Reihe von Bestimmungen halten, die von der staatlichen Generaldirektion festgelegt werden“.
„Es ist ein positiver Schritt“, so P. Monge weiter, „im Sinne, dass die Regierung mit diesem Schritt das Existenzrecht der Stiftungen anerkennt und damit ausschließt, dass deren Besitztümer beschlagnahmt werden können. Doch dies ist nicht die Lösung im Hinblick auf den Status religiöser Minderheiten in der Türkei. Das eigentliche Problem ist die Anerkennung der juridischen Persönlichkeit für Kirchen, religiöse Orden und andere kirchliche Einrichtungen. Als Kirche des lateinischen Ritus leiden wir immer noch unter der einschränkenden Auslegung der Vereinbarungen von Lausanne, die als anerkannte religiöse Minderheiten nur die Christen des griechischen, armenischen und jüdischen Ritus berücksichtigen. Diese Unterscheidung ist veraltet: davon sind alle überzeugt, doch damit die Bestimmungen geändert werden können, wäre eine komplexe Verfassungsreform notwendig. Dafür braucht Premierminister Erdogean die Zustimmung der Oppositionsparteien, was ein solches Vorhaben umso schwieriger macht. Es ist auf jeden Fall noch zu früh, um zu beurteilen ob und wann dies möglich sein wird.“ (PA) (Fidesdienst, 22/11/2011)


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