VATIKAN - Interview mit P. Fernando Domingues, Rektor der Päpstlichen Urbano-Kollegs: „Wir fördern bei unseren Seminaristen einen ausgeprägten Missionsgeist, damit dieser künftig Fundament in deren Heimatdiözesen wird“

Mittwoch, 19 Oktober 2011

Vatikanstadt (Fidesdienst) – Jedes Jahr werden zahlreiche Priesteramtskandidaten aus den Missionsländern von den jeweiligen Bischöfen zum Studium nach Rom entsandt, damit sie mit einer umfassenden kulturellen und pastoralen Bildung wieder in die Heimatdiözesen zurückkehren. Im Interview mit dem Fidesdienst sprach der Comboni Missionar und Rektor des Päpstlichen Urbano-Kollegs, das von der Kongregation für die Evangelisierung der Völker über die Stiftung „Domus Urbaniana“ unterstützt wird, über die Tätigkeit der von ihm geleiteten Einrichtung.

Mit welchen Zielsetzungen wurde das Urbano-Kolleg gegründet?

Das Päpstliche „Urbano“-Kolleg wurde im 17. Jahrhundert von Papst Urban VII. mit dem Ziel gegründet Priester auszubilden, die bereit waren, in Länder zu gehen, wo die Verkündigung des Evangeliums notwendig war. Es handelte sich also von Anfang an um ein „missionarisches“ Priesterseminar. Ein weiteres Ziel, das von Anfang an verfolgt wurde und auch heute noch Gültigkeit besitzt, ist die Pflege der Gemeinschaft unter den verschiedenen kirchlichen Traditionen in Gemeinschaft mit dem Heiligen Vater. So besuchen seit jeher Seminaristen aus den katholischen Kirchen des orientalischen Ritus sowohl aus Osteuropa als auch aus den Ländern des Nahen Ostens und aus Indien das Seminar.
Zu den Zielsetzungen des Urbano-Kollegs gehört seit jeher auch die Ausbildung von Seminaristen aus jungen Kirchen, die durch das Engagement von Missionaren entstanden sind. Damit ist klar, dass jede Kirche berufen ist, von Anfang an auch missionarische zu sein. Ich möchte in diesem Zusammenhang an das Vorbild des heiligen Daniele Comboni, Bischof und Gründer der heutigen Kirche im Sudan, erinnern, der bereits zur Zeit der dortigen Verkündigung des Evngeliums eine sudanesischen Seminaristen an dieses Kolleg entsandte. Heute fordern wir bei unseren Seminaristen einen ausgeprägten Missionsgeist, damit dieser künftig Fundament in deren Heimatdiözesen wird.
Wir pflegen auch den Sinn für die feste Zugehörigkeit zur katholischen Kirche und respektieren und fördern dabei auch die charakteristischen Eigenschaften der kirchlichen Traditionen aus denen unsere Seminaristen kommen. Wir feiern unsere Gottesdienste deshalb nicht nur nach dem römischen Ritus sondern auch nach den anderen katholischen Riten mit den besonderen Eigenheiten der chaldäischen, syrisch-antiochischen, maronitischen, koptischen, syro-malabarischen und syro-malankarischen Liturgie.

Wer sind die Gäste Kollegs?

Unsere Gemeinschaft setzt sich aus den Seminaristen und den Ausbildern zusammen. Die Priesteramtskandidaten kommen dieses Jahr aus 28 Ländern und vier Kontinenten. Während wir aus Afrika kleine Gruppen aus vielen verschiedenen Ländern haben, sind die Gruppen aus Asien größer. Am größten ist die Gruppe der indischen Seminaristen mit zahlreichen Vertretern der drei verschiedenen Riten (römisch, malabarisch und malankarisch). Die zweitgrößte Gruppe aus Asien ist die Gruppe aus der Volksrepublik China. Groß sind auch die Gruppen aus Vietnam und Pakistan. Auch die 12 Ausbilder, die die Seminaristen auf ihrem Weg zum Priesteramt begleiten, kommen aus zehn verschiedenen Ländern und drei Kontinenten. Dieses Jahr haben wir zum ersten Mal einen Ausbilder aus China.
Alle unsere Seminaristen studieren an der Universität Urbaniana, die für ihre besondere missionarische Ausrichtung bekannt ist. Im Laufe des Studienjahres besuchen 103 unserer Seminaristen die Programme für das Bakkalauereat in Theologie, während sich 57 auf spezifischen kanonischen Lizenzen in den verschiedenen Studienbereichen Missionswissenschaft, Philosophie, Theologie, Kirchenrecht und Bibelwissenschaft vorbereiten. Alle Spezialisierungen werden bei der Pastoralarbeit in den Heimatkirchen von großem Nutzen sein und insbesondere für die Ausbildung an den Seminaren in den verschiedenen Ortskirchen.

Welche Richtlinien hat der Präfekt der Kongregation für die Evangelisierung der Völker bei der Eröffnung des Studienjahres vorgegeben?

Bei der feierlichen Eröffnung des Studienjahres hat der Präfekt für die Evangelisierung der Völker, Erzbischof Fernando Filoni, sowohl die Ausbilder als auch die Studierenden daran erinnert, dass wir alle, die wir am Päpstlichen Urbano-Kolleg arbeiten und studieren, sehr privilegiert sind. Denn hier können wir viele Aspekte des Lebens der katholischen Kirche, wie sie in den verschiedenen Teilen der Welt gelebt werden, kennen lernen. Der Erzbischof hat uns auch darauf hingewiesen, dass die große Vielfalt, die unter uns herrscht, hier weder eine Bedrohung noch eine Gefahr für unsere christliche Identität ist, sondern diese vielmehr bereichert und sie zu einer wahren katholischen Identität macht. Der Präfekt fordert uns alle dazu auf, von der Nähe zum Papst und den Gräbern der Apostel Petrus und Paulus zu profitieren, die eine einzigartige Möglichkeit der geistigen Bereicherung und des Erwerbs von Wissen über die Geschichte der Kirche und deren heutiges Leben bietet. Die Kirche investiert viel in uns und zählt auf unsere großherzige Hingabe, heute und in der Zukunft.

Gibt es am Kolleg besondere Initiativen zum Sonntag der Weltmission?

Zur Feier des Weltmissionssonntags informiert die für die missionarische Animation verantwortliche Seminaristengruppe unseres Kollegs über die Situation in den verschiedenen Missionsbereichen der Kirche. Zur Vorbereitung auf den Sonntag der Weltmission veranstalten wir in der römischen Kirche „San Gregorio VII“ am Samstag, den 22. Oktober, ab 21.00 Uhr eine missionarische Gebetswache. An dieser Vigil nehmen auch die Katechisten des Päpstlichen Missions-Kollegs „San Giuseppe“ teil. Außerdem wird der Sekretär der Kongregation für die Evangelisierung der Völker, Erzbischof Savio Hon anwesend sein. Am Sonntag der Weltmission wird die Anwesenheit unsere Seminaristen in vielen römischen Pfarreien mit Sicherheit eine besondere Bedeutung haben. (SL) (Fidesdienst, 19/10/2011


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