ASIEN/INDIEN - Bischof von Vasai: „Die Kirche antwortet auf Gewalt mit Vergebung und guten Werken“

Mittwoch, 21 September 2011

Vatikanstadt (Fidesdienst) – Auf die Übergriffe hinduistischer Extremisten und „deren Agenda“, antworten die Christen mit „guten Werken“: für über 33% der sozialen Dienste und der Angebote im Bildungs- und Gesundheitswesen in Indien werden sind Christen verantwortlich. „Dies ist ein wahres Wunder, wenn man bedenkt, dass Christen nur 4% der Bevölkerung ausmachen“, so der ehemalige Untersekretär des Päpstlichen Rates für den Interreligiösen Dialog und heutige Bischof von Vasai, Felix Machado, der im Gespräch mit dem Fidesdienst die Situation der Christen in Indien schildert und dabei abschließend betont, er sei „zuversichtlich“, was die Zukunft der Kirche in Indien anbelangt.

Exzellenz, ist die katholische Kirche in Indien unter Beschuss?

In einigen Regionen Indiens, haben hinduistisch geprägte extremistische Gruppen eine Agenda, die Hass und falsche Darstellung des christlichen Zeugnisses beinhaltet. In der Geschichte der Kirche gab es immer Kräfte, die sich den Glauben ablehnten. Es wird immer Verfolgung geben. Wenn man das Evangelium verkündet, dann nehmen viele die Botschaft Christi an und lassen sich Taufen und es gibt eben immer auch solche die sie ablehnen. In Indien kenne wir das Gut: der christliche Glaube ist seit der Zeit der Apostel Thomas und Bartholomäus hier vertreten, die unser Land evangelisiert haben. Heute sind die Christen in Indien sich ihres Glaubens und dessen Reife bewusst: sie sind niemandes Feinde, sie setzen sich für Frieden, Harmonie und Versöhnung ein, auch dort wo es zu Übergriffen und Gewalt kommt.

Welche Kräfte und welche Gründe verbergen sich hinter der Gewalt?

Es gibt externe und interne Kräfte, die der christlichen Glaubensgemeinschaft Schaden zufügen. Bei den externen Kräften handelt es sich um hinduistische Fundamentalisten, die ihre Ideologie verbreiten und ihre Agenda voranbringen wollen. Sie sind auch in der Politik und in den Reihen der Regierungen zu finden, die Gesetze verabschieden, die dem Leben oder der Wahrheit widersprechen. Christen werden aus Gründen der politischen oder wirtschaftlichen Vorteilhaftigkeit angegriffen. Interne Kräfte, die ebenfalls Böses anrichten, sind wir selbst, wenn wir die Lehren des Evangeliums nicht treu befolgen und das Erbe des Glaubens ignorieren: so kann auch jeder einzelne Christ der Kirche Schaden zufügen.

Wie reagieren die Gläubigen auf Gewalt?

Auf Gewalt reagieren wir mit der Vergebung, nie mit Gegengewalt. Wir wissen, dass man das Böse mit dem Guten besiegen kann. Wenn man Christen angreift garantiert ist das sehr werbewirksam, denn man zieht weltweites Interesse auf sich. Oft ist auch der Durst nach Bekanntheit Grundlage von Episoden der Gewalt.

Wird die christliche Minderheit im Land geschätzt?

Ja, Christen werden sehr geschätzt. Trotz der Übergriffe sind Christen im ganzen Land für ihre Verdienste im Bereich der Bildung, im Gesundheitswesen und bei den sozialen Diensten bekannt und werden dafür geschätzt. Christen setzen sich für die Würde des Menschen ein, eine Würde die von Gott kommt. 330% aller sozialen Dienste werden in Indien von Christen angeboten: wir sagen dies nicht aus Stolz, sondern weil wir Gott dafür danken. Es ist ein wahres Wunder, wenn man bedenkt, dass wir als Christen nur 4% der Bevölkerung ausmachen. Wir befolgen damit die Lehre Jesu. Aus diesem Grund sind die Menschen von der Botschaft Christi fasziniert.

Oft werden Christen der „Zwangsbekehrung“ angeschuldigt. Wie lautet Ihre Antwort darauf?

Der Begriff „Bekehrung“ wird als solcher von den hinduistischen Extremisten falsch verstanden. Es ist Gott, der das Herz der Menschen bekehrt, es ist Gott, der Glauben schenkt. Aus diesem Grund darf die Politik diese intime Sphäre des Bewusstseins nicht belangen. Christen streben nicht nach Macht, sondern sie stellen sich in den Dienst des Menschen mit einem besonderen Augemerk für Randgruppen und Unterdrückte, wie die Dalit oder die Kastenlosen. Auch aus diesem Grund wird die Kirche oft mit Misstrauen betrachtet und zwar von all denen, die das diskriminierende Kastensystem aufrechterhalten wollen. Ich möchte dazu auch noch betonten, dass wir Christen nicht umhin können, das Evangelium zu verkünden… Weh uns, wenn wir es nicht tun, würde der heilige Paulus sagen. Wir können nicht umhin, Missionare zu sein. Mutter Teresa wurde immer wieder gefragt, woher sie ihre Kraft nehme. Sie kommt von Jesus, antwortete sie darauf. Der Christ ist seinem Wesen nach ein Missionar und er tut den anderen Gutes nach dem Vorbild Jesu, der sein Leben für die Menschen hingegeben hat.

Wie steht es um die Beziehungen zwischen Christen und Hindus?

Die Beziehungen sind ausgezeichnet: man braucht sich nicht zu erschrecken, nut weil es extremistische Gruppen in hinduistischen Kreisen gibt, denn sie machen zwar viel Lärm, sind aber in der Minderheit. Als Christen erkennen wir uns in der indischen Kultur und in den antiken Bräuchen des Landes wieder, die ebenfalls ein Geschenk Gottes sind, und Grundlage der großen indischen Nation. Radikale Hindugruppen verfälschen diese Tradition und manipulieren die Denkweise junger Menschen, um damit eine Spaltung zu schaffen, die nicht existiert. Christen tun ihr Bestes, damit der Frieden erhalten bleibt und es gibt überall gute Beziehungen, die auf einem ehrlichen Dialog gründen. Ich möchte in diesem Zusammenhang auch Papst Benedikt XVI. danken, der uns mit großer lehramtlicher Klarheit lehrt, wie der Dialog stattfinden soll. Wir empfinden tiefen Respekt für die Gläubigen der anderen Religionen. Und wir sind zuversichtlich, was die Zukunft anbelangt. (PA) (Fidesdienst, 21/09/2011)


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