ASIEN/PAKISTAN - Was erwartet die Christen nach dem Tod von Bin Laden?

Dienstag, 10 Mai 2011

Lahore (Fidesdienst) – „Bin Laden ist tot, doch die ausschlaggebende Frage lautet heute, wie viele andere Bin Laden wachsen derzeit in Pakistan auf. In dem Land ist Terrorismus heute ‚in’. In einer solchen Situation gibt es viele beunruhigende Fragen, was die Beteiligung der Institutionen und der Bürger des Landes an Maßnahmen zum Schutz des Anführers von Al Kaida anbelangt“, so der Vorsitzende der „Masihi Foundation“, Haroon Barkat Masih, dessen Stiftung sich für den Schutz von religiösen Minderheiten und insbesondere für die Rechte von Christen in Pakistan einsetzt. Die Stiftung betreut auch Opfer der Gewalt und der Unterdrückung unter Christen. Gegenwärtig begleitet sie die Causa Asia Bibi (die ersten pakistanische Christin, die auf der Grundlage des Blasphemieparagraphen zum Tode verurteilt wurde) und sorgt dabei auch für den Schutz ihrer Angehörigen.
Während im Land eine heftige Debatte stattfindet und eine Spaltung in der pakistanischen Gesellschaft festzustellen ist (vgl. Fidesdienst vom 7/5/2011), erläutert Haroon Masih die möglichen politischen Entwicklungen nach dem Tod von Bin Laden: „Auf der politischen Szene in Pakistan gibt es verschiedene Parteien, die von radikalislamischen Politikern gegründet wurde oder von solchen die mit den Ideen von Bin Laden sympathisieren. Ich glaube, dass der Tod von Bin Laden dazu führen könnte, dass weitere Politiker dieser Art Fuß fassen. Wir werden sehen, wie die Verantwortlichen der heutigen extremistischen Parteien reagieren. Auf Regierungsebene gibt es derzeit ein Bündnis zwischen der Pakistan People’s Party und der Pakistan Muslim League-Q, die in der Vergangenheit integralistische Positionen vertrat. Man wird abwarten müssen, welche Ergebnisse dieses Bündnis erzielt, und wie religiöse Minderheiten künftig behandelt werden. Dabei wird auch das neue Ministerium für interreligiöse Harmonie und Minderheiten eine wichtige Rolle spielen.
Zu den grundlegenden Aspekten gehöre die Achtung der Menschenrechte aller Bürger: „die Frage der Achtung der Menschenrechte ist ernst zu nehmen: Verstöße beginnen bereits bei der Verweigerung sozialer Rechte, der Mangel an grundlegenden öffentlichen Dienstleistungen, wie z. B. die Versorgung mit Strom und Wasser, unter dem weite Teile der Bevölkerung leiden. Offensichtlich wird dies auch im Bildungswesen oder angesichts der Armut weiter Bevölkerungsteile“, so Haroon Barkat Masih.
In einem solchen Kontext, so der Stiftungsvorsitzende, seien vor allem Minderheiten betroffen: „In Pakistan machen religiöse Minderheiten etwa 5% der Bevölkerung aus und werden Opfer von Unterdrückung durch fundamentalistische Gruppen und die mit ihnen in Verbindung stehenden politischen Parteien. Hinduistische und christliche Gemeinden aber auch Ahmadi (die als muslimische Sekte betrachtet werden) werden oft diskriminiert. Ich möchte auch an den Missbrauch des Blasphemieparagraphen erinnern – der den Namen Mohammeds und den Koran schützen soll – und zum Instrument gegen religiöse Minderheiten geworden ist.“
Zur Situation der Christusgläubigen sagt Haroon Masih: „Für Christen (rund 2% der Bevölkerung) lautet die Wahl: ertragen, das Land verlassen oder sterben. Die Christen sind heute stets in Lebensgefahr, sie werden zwangsweise zum Islam bekehrt, müssen den Islamunterricht besuchen oder werden ihres Besitzes beraubt. Es sollte auch gesagt werden, dass sie zu den ärmsten und ausgegrenzten Bevölkerungsteilen gehören. Ihr sozialer Status und der Mangel an einer angemessenen Bildung verhindern die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung“. Aus diesem Grund so Haroon Barkat Masih abschließend, „wird Pakistan nach dem Tod von Bin Laden mit großen Herausforderungen konfrontiert und die internationale Staatengemeinschaft sollte ihr Augenmerk auch künftig vor allem der Achtung der Menschenrechte und dem Respekt der Religionsfreiheit widmen.“ (PA) (Fidesdienst, 10/05/2011)


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