ASIEN/PAKISTAN - Minderheitenminister Bhatti ermordet: Er ist „ein Märtyrer im Kampf gegen das Blasphemiegesetz“

Mittwoch, 2 März 2011

Islamabad (Fidesdienst) – Trauer und Entsetzen herrschen unter den Christen in Pakistan: der Katholik und Minister für religiöse Minderheiten der Zentralregierung in Islamabad, Shahbaz Bhatti, wurde heute Morgen in Islamabad ermordet. Wie einheimische Beobachter dem Fidesdienst berichten, hatte der Minister kurz zuvor seine Wohnung verlassen, um in sein Büro zu fahren. Er war mit seiner Nichte und seinem Fahrer ohne Personenschutz im Auto unterwegs. Aus einem Kleinwagen der Marke Suzuki, das sich dem Wagen des Ministers näherte, wurde auf den Fahrer geschossen, um das Fahrzeug zum Halten dazu bringen. Eine Gruppe bewaffneter Männer mit maskierten Gesichtern zogen den Minister aus dem Auto und schossen zwei Minuten lang mit einer Maschinenpistole auf ihn. Daraufhin ergriff das Mordkommando die Flucht. Der Fahrer fuhr den schwer verletzten Minister ins Krankenhaus, wo Bhatti bei seiner Ankunft jedoch bereits tot war. Bisher bekannte sich keine offizielle Gruppe zu dem Attentat, doch erste Ermittlungen lassen vermuten, dass es sich bei den Tätern um Killer handelt, die im Auftrag der Taliban handelten. Am Tatort wurden Flugblätter mit der Aufschrift „Tehrik-i-Taliban-Punjab“ hinterlassen.
Beobachter vor Ort fragen sich nun, weshalb der Minister, der bereits in der Vergangenheit von terroristischen Gruppen, darunter „Laskar e-toiba“ erhalten hatte (vgl. Fidesdienst vom 04/12/2011), ohne Leibwache unterwegs war. Pakistanische Priester und Ordensschwestern bezeichnen den Minister bereist als „einen Märtyrer“, einen Menschen, „der sein Leben für den Schutz der Rechte religiöser Minderheiten, insbesondere der Christen, geopfert hat.“
In einem Kommentar betonte der Sekretär der bischöflichen Kommission für „Gerechtigkeit und Frieden“, Peter Jacob, ein persönlicher Freund von Bhatti, gegenüber dem Fidesdienst kurz nach Bekanntwerden der Nachricht: „Wir stehen unter Schock und es herrscht Panik: die pakistanischen Katholiken und alle Christen des Landes sind entsetzt über diesen wiederholten Mord. Wir sind wie benommen und fühlen uns wehrlos. Dieser Mord zeigt, dass das Land den Terroristen ausgeliefert ist, wenn es diesen sogar gelingt derart hochrangige Persönlichkeiten zu töten. Wir fühlen uns angreifbar: dies gilt vor allem für alle, die sich für Menschenrechte und die Rechte der religiösen Minderheiten einsetzen. Wir verurteilen diese barbarische Geste mit Nachdruck. Doch wir brauchen nun eine Zeit der Trauer und danach werden wir überlegen, was wir als Christen tun können“.
Der 42jährige Bhatti war erst vor kurzem als Minister für Religiöse Minderheiten im Rahmen einer Regierungsumbildung im Amt bestätigt worden. Er hatte dieses Amt seit 2008 inne. Er stammte ursprünglich aus dem Dorf Khushpur in der Nähe von Faisalabad in Punjab, das auch als „der Vatikan Pakistans“ bezeichnet wird und von Dominikaner Missionaren gegründet wurde. Viele pakistanische Priester und Ordensleute kommen aus diesem Dorf.
Im Rahmen seines Engagements für Menschenrechte und Religiöse Minderheiten hatte Bhatti die „All Pakistan Minorities Alliance“ und die „Christian Liberation Front“ gegründet. Er war ein Vorreiter im Engagement für eine Revision des Blasphemieparagraphen, was ihn schließlich das Leben gekostet hat. In den vergangenen Tagen hatte er in einem vertraulichen Gespräch mit dem Fidesdienst betont, dass die auf Initiativen von Staatspräsident Ali Zardari gegründete und von Bhatti geleitete „Kommission für die Revision des Blasphemiegesetzes“ ihre Tätigkeit noch nicht aufgegeben hatte und sich weiterhin fern von den Scheinwerfern für das Anliegen einsetzte. In den vergangenen Wochen und Monaten hatte er immer wieder betont, dass es für ihn nachdem er sich sein ganzes Leben für diese Sache eingesetzt hatte „kein Zurück mehr gab“. In einem seiner letzten Interviews mit dem Fidesdienst (vgl. Fidesdienst vom 12/02/2011) hatte er sein Engagement als „Zeugnis des Glaubens an Christus“ bezeichnet. (PA) (Fidesdienst, vom 02/03/2011)


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