AFRIKA/ÄGYPTEN - Missionar schildert Eindrücke während der Tage der Revolution in Ägypten

Donnerstag, 17 Februar 2011

Kairo (Fidesdienst) – P. Renzo Mandirola (sma) von der Gesellschaft der Afrikamissionen hielt sich vom 14. Januar bis 12. Februar in Ägypten auf. In einem Bericht, der dem Fidesdienst vorliegt, schildert er seine Erfahrungen während der Tage der Revolution:
„Ich kam nach Ägypten, um dort bei den geistlichen Exerzitien der Schwestern unserer lieben Frau von den Aposteln (NSA), die als weiblicher Ordenszweig zur Gesellschaft der Afrikamissionare gehören, zu predigen. Die Exerzitien sollten im Stadtviertel Maadi in Kairo stattfinden“, heißt es in dem Bericht.
„Das Provinzhaus der Schwestern befindet sich im Stadtteil Shoubra mit rund 4 Millionen Einwohnern, wo sich auch die katholische Pfarrer St. Markus der Lateiner befindet, die von Mitglieder der Gesellschaft der Afrikamissionen geleitet wird, die seit 1877 in Ägypten präsent sind. Dort leben auch vier Seminaristen unseres Ordens, die zum Studium der arabischen Sprache und der islamischen Kultur hier sind“, so P. Mandirola.
In seinen Schilderungen zu den ersten Demonstrationen betont der Missionar: „In Ägypten fehlt es gewiss nicht an Polizeibeamten, doch ab einem gewissen Punkt war keine Polizei mehr zu sehen. In den verschiedenen Stadtvierteln war die Sicherheit nicht mehr gewährleistet, und viele Kriminelle befanden sich plötzlich auf freiem Fuß. Geschäfte und Banken wurden geplündert. Und sogar das Ägyptische Museum wurde mit der Komplizenschaft einiger Polizeibeamten zum Ziel der Plünderer. Die Menschen dachten, es handle sich um ein absichtliches Vorgehen: man wollte Chaos schüren, damit die Menschen Angst haben und Anspruch auf Wiederherstellung der Ordnung erhoben werden kann. Dass Polizisten Menschen ermordet und andere misshandelt haben, die Festnahme des Innenministers, dem man unter anderem vorwirft, er sei an der Organisation der Anschläge auf die koptischen Christen in Alexandria beteiligt gewesen haben dazu geführt, dass diese staatlichen Sicherheitskräfte Glaubwürdigkeit verloren haben. Die Armee hingegen, die über eine Million Soldaten Verfügt hat sich von Anfang an auf die Seite der Demonstranten gestellt und betont ‚Wir werden nicht auf Demonstranten schießen!’. Trotzdem war es beeindruckend, wenn man am 5. Februar durch die Straßen Kairos fuhr und auf bestimmten Hauptverkehrswegen alle zehn Meter ein Panzer stand“.
P. Mirandola lobt die Reaktion der Menschen in einer solchen Situation: „Im Stadtteil Shoubra und auch in anderen Teilen von Kairo konnte man junge Menschen sehen, die in den Abendstunden für den Schutz des eigenen Stadtviertels sorgten. Und auch vor unsere Pfarrei stellten sich Wachposten auf, die dort von einem Feuer gewärmt bis in die Morgenstunden ausharrten“.
„In einem solchen Kontext sollten nun auch Christen die Möglichkeit haben, sich an den Tisch zu setzen, an dem die neue Verfassung formuliert wird, und mit eigenen Vorschlägen dazu beizutragen. Dabei geht es nicht um Vorteile für christliche Gläubige sondern nur um einen gleichberechtigten Anspruch auf einen Arbeitsplatz und ein Zuhause in einem Land, in dem das Christentums seit seinen Anfängen heimisch war“, so P. Mandirola abschließend. (LM) (Fidesdienst, 17/02/2011)


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