AFRIKA/ÄGYPTEN - Pater Verdoscia: „Die Ägypter sind stolz darauf, vor aller Welt ein Exempel für Demokratie statuiert zu haben“

Montag, 14 Februar 2011

Kario (Fidesdienst) – „Die Situation hat sich zum Teil wieder normalisiert. Es kommt jedoch immer noch zu kleineren Demonstrationen in verschiedenen Teilen Ägyptens“, so der seit vielen Jahren in Kairo tätige Comboni Missionar, P. Luciano Verdoscia, zum Fidesdienst. „Zum Beispiel kam es auch in Kairo gestern vor dem Ministerium für Kommunikation zu einer Demonstration der Mitarbeiter, die den Rücktritt des Vorstandes und eine Revision der Gehälter forderten. Auch die Mitarbeiter der Tageszeitung „Al-Goumhouria“ (Die Nation) protestierten vor den Redaktionsräumen der Zeitung und forderten den Rücktritt des Leitungsgremiums. Unterdessen werden Ermittlungen im Zusammenhang mit Korruption in den Reihen des Regimes fortgeführt. Insbesondere geht es darum auch um Skandale im Zusammenhang mit dem Verkauf von Ackerland, auf dem in der Folge Tourismus-Ressorts gebaut wurden.“
Am gestrigen 13. Februar löste der Oberste Rat der Armee das Parlament auf und fror die Verfassung des Landes ein. Zudem wurde bekannt gegeben, dass der Rat das Land für die kommenden sechs Monate bis zur Durchführung der Parlaments- und Präsidentschaftswahlen regieren wird. Wir fragen P. Luciano, ob die Menschen nun die Installation eines Militärregimes befürchten: „Es ist keine Sorge im Zusammenhang mit einem möglichen Militärregime zu spüren, dann was in den vergangenen Tagen in Ägypten geschehen ist, war eine Lektion für Diktaturen im Allgemeinen. Die Ereignisse in Ägypten wurden in aller Welt mitverfolgt. In den afrikanischen Ländern südlich der ´Sahara hat man der ägyptischen Revolution zum Beispiel sehr viel Aufmerksamkeit gewidmet. Die jungendlichen wollen jedoch Garantien dafür, dass das Land auf dem Weg der Demokratie voranschreiten wird. Es entsteht eine Demokratie von der Basis aus und zwar auf der Grundlage der so genannten Räte. Solche Räte wurden bereits in den verschiedenen Stadtvierteln und Moscheen gebildet. Daraus werden sich dann wahrscheinlich die neuen Parteien entwickeln“, so P. Luciano.
„Bis gestern hielten sich immer noch Gruppen von Demonstranten auf dem Tahrir-Platz auf“, so der Missionar weiter, „und ich war besonders positiv beeindruckt von den jungen Männern, die versucht haben, den Platz zu säubern: es sind Gruppen mit Besen und Mülleimern unterwegs, die den Müll aufsammeln, andere streichen auf eigene Kosten die Abgrenzungszäune zwischen der Straße und den Fußgängerwegen neu. Diese Gesten bedeuten: das ist unsere Land und wir wollen uns um dieses Land kümmern. Es ist auch der Slogan im Umlauf „Halte deinen Kopf hoch, du bist Ägypter!“, was so viel bedeuten soll, dass die Ägypter stolz darauf sind, dass sie vor alle Welt ein Exempel der Zivilisation statuiert haben.“ (LM) (Fidesdienst, 14/02/2011)


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