ASIEN/PAKISTAN - Radikaler Islamismus: Ursprünge des Phänomens sind im Bildungswesen zu suchen

Montag, 17 Januar 2011

Lahore (Fidesdienst) – Ursprung der wachsenden Intoleranz uns des radikalen Islamismus in Pakistan ist die seit Jahren andauernde Frage des Bildungs- und Erziehungswesens: diese Meinung vertritt der katholische Laie und Sekretär der Kommission für „Gerechtigkeit und Frieden“ der Pakistanischen Bischofskonferenz, Peter Jacobs, in einer Analyse, die dem Fidesdienst vorliegt. Peter Jacobs, der sich persönlich für die Aufhebung des Blasphemie-Paragraphen und den Schutz von Gerechtigkeit, Religionsfreiheit und Menschenrechte in seinem Land einsetzt, erklärt in seiner Analyse den Ursprung des Phänomen der „jugendlichen Fundamentalisten“, das Beobachter heute zunehmend Sorge bereitet.
Im Zusammenhang mit dem Fall Asia Bibi wurde zum Beispiel das Netzwerk „Tehrik Tahaffuz Namoos-i-Risalat“ (TTNR, „Bündnis zum Schutz der Ehre des Propheten“) bekannt geworden, in dem sich verschiedne radikalislamische Gruppen und Bewegungen in Pakistan zusammenschließen. TTNR vertritt öffentlich eine Agenda der nationalen Islamisierung und tritt in diesem Zusammenhang auch entschieden für den Erhalt des Blasphemiegesetzes ein und droht allen mit Mord, die dessen Aufhebung fordern. Was dabei am meisten beeindruckt, ist, dass sich dem Netzwerk auch viele junge Menschen anschließen, wie zum Beispiel die Bewegung der pakistanischen Anwälte unter Leitung von Rao Abdur Raheem: es handelt sich um Dreißigjährige, die man als so genannte „Zia“-Generation bezeichnet, da sie von dem unter dem Diktator Zia-ul Haq eingeführten Bildungssystem geprägt wurden. Der mit konservativen islamistischen Gruppen verbündete Diktator brachte umfassende Islamisierungsmaßnahmen auf den Weg, darunter auch das das Blasphemiegesetz.
Für eine wirksame Bekämpfung des Islamismus sei deshalb, so Peter Jacobs, eine Reform des pakistanischen Bildungswesens dringend notwendig: „Die neue Bildungspolitik „National Education Policy“ des Jahres 2009 unterschiedet sich auf keine Weise von der früheren Bildungspolitik, die zum Entstehen des Fundamentalismus führte. Muslimische Studien sind in den öffentlichen Schulen seit 1976 Pflichtfach. Nach dem Staatsstreich von General Zia wurden die Lehrpläne auf allen Bildungsebenen mit religiösen Texten durchsetzt, so dass staatliche Schulen heute den Koranschulen Konkurrenz machen“.
Für nichtmuslimische Bürger, so der Sekretär weiter, sei zwar der so genannte „Ethik-Unterricht“ eingeführt worden, „doch die Probleme bestehen weiter: heute sind rund eine nichtmuslimische Million Schüler verpflichtet am Islam-Unterricht teilzunehmen, wenn sie ein gültiges Zeugnis erwerben wollen. Auch der so genannte Ethik-Unterricht gibt die islamische Ethik wieder“, so Jacob.
Als Land brauche Pakistan „eine Debatte zum Einfluss den die Bildungspolitik auf die Gesellschaft hatte. Der Index des internationalen Bildungsstandards konfrontiert uns mit ernsthaften Fragen. Wenn wir wollen, dass unsere jungen Menschen darauf vorbereitet werden, als verantwortliche und gesetzestreue Bürger zu leben und nicht bigott und parteiisch aufzuwachsen, muss Pakistan sein Bildungswesen radikal und von Grund auf ändern. Ein von einem auf der islamischen Religion gründendes Bildungswesen muss in Bildungswesen verwandelt werden, das auf bürgerlichen Werten basiert und hohen Ansprüchen genügen kann. Diese Art von Bildung würde es nicht zulassen, dass sich Intoleranz ausbreitet und dies ist nur durch eine nachhaltige Änderung der Lehrpläne an Schulen und Universitäten möglich.“ (PA) (Fidesdienst, 17/01/2011)


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