ASIEN/PAKISTAN - Asia Bibi wird Weihnachten im Gefängnis verbringen: Beginn des Berufungsprozesses verschoben

Montag, 6 Dezember 2010

Lahore (Fidesdienst) – Das Hohe Gericht in Lahore verlängerte heute die Aussetzung der Todesstrafe für Asia Bibi – die erste Christin, gegen die ein Todesurteil wegen Blasphemie ausgesprochen wurde – bis zum 23. Dezember, an dem das Hohe Gericht voraussichtlich das Datum der ersten Anhörung im Berufungsprozess bekannt geben wird. Das Gericht wies die pakistanische Regierung indes an, „keine Änderung am Blasphemieparagraphen vorzunehmen, solange im Fall Asia Bibi kein endgültiges Urteil vorliegt“.
Das Erteilen solcher Anweisungen ist ein offensichtliches Eingreifen der Richter in die Zuständigkeit des Parlaments und der Regierung und damit der Legislative und der Exekutive: Anwälte, Politiker und Vertreter der Zivilgesellschaft bezeichnen diesen Beschluss des Hohen Gerichts in einem Kommentar als „unzulässig“, er bereite „der Verwirrung und einem Machtkonflikt“ den Weg, denn „das Hohe Gericht darf in keiner Weise die Arbeit des Parlaments oder der Regierung beinträchtigen“. Klar sei, so die Beobachter, „das der Fall Asia Bibi zu einer politischen Angelegen wird und man auf der einen Seite versucht eine politische Debatte oder Taktik daraus zu entwickeln; auf der anderen Seite gibt es auch eine grobe Instrumentalisierung seitens radikaler islamischer Gruppen“.
Gestern protestierten die radikalen Aktivisten der muslimischen Organisation Jamaat-e-Islami vor dem Parlament und forderten die Regierung auf, „sich mit den tatsächlichen Problemen des Landes zu befassen“ und wiesen in diesem Zusammenhang auf die Inflation und „die Unterwürfigkeit gegenüber den Vereinigten Staaten auf“. Gleichsam lehnten sie eine Revision des Blasphemie-Paragraphen ab.
Unterdessen wird in Kürze die von Präsident Zardari beauftragte Kommission für die Revision des Gesetzes ihre Tätigkeit aufnehmen. Wie Beobachter aus Kreisen der pakistanischen Regierung dem Fidesdienst mitteilen, soll „die Kommission innerhalb von drei Monaten einen Revisionsentwurf vorlegen“.
Die Familie von Asia Bibi ist traurig über die Verschiebung des Prozessbeginns und bereitet sich auf ein Weihnachtsfest ohne Asia vor: „Es wird ein Weihnachtsfest sein, an dem alle Christen in Pakistan für Asia und ihre Familie beten. Während die Politik ihr Spiel treibt, gibt es ein unschuldiges Opfer, dass im Gefängnis sitzt und Kinder, die keine Mutter haben“, so Haroon Barket Mashi von der „Masihi Foundation“, die der Asia Bibi und ihrer Familie beisteht, im Gespräch mit dem Fidesdienst. „Der Berufungsprozess könnte bis zu einem Jahr lang dauern“, so Barket.
Wie aus offiziellen Daten hervorgeht, die die pakistanische Presse heute veröffentlicht, befinden sich derzeit in den verschiedenen Vollzugsanstalten in Punjab insgesamt 130 Menschen wegen Blasphemie im Gefängnis. Davon wurden 64 bereits verurteilt und 52 warten noch auf ein Urteil. Von den Verurteilten wurden 12 (darunter Asia Bibi) zum Tode verurteilt, in den anderen Fällen wurde lebenslange Haft oder andere Strafen verhängt. Nur bei insgesamt 8 der Inhaftierten handelt es sich um Christen, die restlichen 122 sind Muslime. Von den acht Christen sind zwei Frauen (Asia Bibi und Riqqiya Bibi, vgl. Fidesdienst vom 27. November 2010) und sechs Männer. (PA) (Fidesdienst, 06/12/2010)


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