ASIEN/PAKISTAN - Kardinal Tauran besucht Pakistan, wo ihn Spannungen und Proteste im Zusammenhang mit dem Fall Asia Bibi erwarten

Donnerstag, 25 November 2010

Lahore (Fidesdienst) – „Der Besuch von Kardinal Jean-Louis Tauran ist für die Christen in Pakistan sehr ermutigend: die Situation ist kritisch im Hinblick auf die sozialen und religiösen Spannungen im Zusammenhang mit dem Fall Asia Bibi und aus anderen Gründen“, so der Vorsitzende der Bischofskonferenz in Pakistan, Erzbischof Lawrence Saldanha von Lahore, zum Besuch des Präsidenten des Päpstlichen Rates für den interreligiösen Dialog, Kardinal Jean Louis Tauran, in Pakistan.
Der seit langem geplante Besuch findet zu einem Zeitpunkt statt, zu dem die öffentliche Debatte auf verschiedenen Ebenen sich mit dem Fall Asia Bibi und deren Todesurteil wegen dem Vorwurf der Blasphemie befasst. Der Kardinal wird in den kommenden drei Tagen mit den Katholiken des Landes begegnen: auf dem Programm stehen Treffen mit verschiedenen bischöflichen Kommissionen aber auch eine interreligiöse Veranstaltung. Zunächst trifft er heute die Vertreter der zivilen Behörden des Landes, darunter den Minister für religiöse Minderheiten Shahbaz Bhatti und den pakistanischen Staatspräsidenten Asif Ali Zardari. Im Gespräch mit dem Staatsoberhaupt wird der Kardinal auch an das Augenmerk des Papstes für den Fall Asia Bibi erinnern und die von Papst Benedikt XVI. in seinem jüngsten Appell zum Ausdruck gebrachten Wünsche übermitteln.
„In diesem Moment bereitet uns das Klima der zunehmenden Intoleranz Sorge“, so Erzbischof Saldanha zum Fidesdienst, „die Spannung ist gestiegen, täglich gibt es Demonstrationen und Appelle radikaler islamischer Gruppen, deren Ziel eine gesellschaftliche und religiöse Polarisierung ist. Wir hoffen, dass der Besuch von Kardinal Tauran die Gemüter der Menschen beruhigt und zu einer Lösung des Falls Asia Bibi beitragen kann. Für die Kirche sind neue Ermittlungen und ein Prozess vor dem Hohen Gericht der richtige Weg, damit eine Unschuld unmissverständlich festgestellt wird. Eine eindeutiges gerichtliches Urteil mit einer Unschuldsfeststellung ist die einzige Art und Weise, um die Proteste zum Schweigen zu bringen“.
„Eine Begnadigung durch das Staatsoberhaupt“, so einheimische Beobachter zum Fidesdienst, „bedeutet, dass man eine Person freilässt, die die eigene Schuld zugibt. Dies würde zu einem wahren aufstand der islamischen Gruppen führen. In der feudalen Kultur und auf der Grundlage der geläufigen islamischen Auslegung ist eine Vergebung jedoch unzulässig: auf eine Beleidigung muss eine angemessen Strafe folgen und die Beleidigung des Propheten ist die schlimmstet ihrer Art.“
Muslimische religiöse Bewegungen laden heute zu Protesten gegen den Präsidenten ein und sprachen im Vorfeld Drohungen gegen den Minister für religiöse Minderheiten aus, der sich für Asia Bibi einsetzen will. Der Präsident sieht sich damit dem Druck islamischer Gruppierungen Ausgesetzt, die einen religiösen Aufstand ankündigen. Wie Beobachter dem Fidesdienst mitteilen, wird der wahrscheinlich versuchen Präsident Zeit zu gewinnen und dem Gnadengesuch nicht sofort zustimmen. Wie einige Anwälte betonen, kann eine Begnadigung erst stattfinden, wenn alle gerichtlichen Instanzen sich zu dem Fall geäußert haben.
Unterdessen sind verschiedene Entwürfe für eine Revision des Blasphemie-Paragraphen im Umlauf, die dem Parlament zur Debatte vorgelegt werden sollen: unter anderem sollen Blasphemie-Fälle in erster Instanz vor dem Obersten Gericht behandelt werden, damit summarische Urteile bei den Amtsgerichten, die oft externem Druck ausgesetzt sind, verhindert werden können; außerdem soll eine Beweispflicht eingeführt werden, die es bisher nicht gibt. (PA) (Fidesdienst, 25/11/2010)


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