EUROPA - Der Schriftsteller R. Guitton: „50 Millionen Christen werden in aller Welt verfolgt“

Mittwoch, 24 November 2010

Rom (Fidesdienst) – „Es ist nicht leicht, genaue Zahlenangaben zu machen, doch wie aus internationalen Berichten hervorgeht, werden rund 50 Millionen Christen in aller Welt Opfer von Verfolgung, Missachtung und Diskriminierung“, so der französische Intellektuelle und Autor des Buches „Christenphobie“ René Guitton im Gespräch mit dem Fidesdienst. René Guitton hält sich anlässlich der Präsentation des Berichts 2010 zur Religionsfreiheit des christlichen Hilfswerks „Kirche in Not“ in Rom auf.

Was bedeutet „Christenphobie“?

Es handelt sich um einen neuen Begriff, der einfach zu verstehen ist: es geht um Ausschluss und eine Phobie gegenüber Christen. Es soll den Hass gegenüber Christen als solche umschreiben. In meinem Leben habe ich mich immer gegen jene Art von Gemeinschaftsdenken gewehrt, das den anderen ausschließt. Doch die Christenphobie ist ein Phänomen das zunimmt, insbesondere in den vergangenen 10 Jahren: deshalb habe ich diesen neuen Begriff geprägt.

Es handelt sich also um ein neues Phänomen?

Es ist ein neues Phänomen, doch es existiert im Grunde in seit Jahrhunderten. Ich habe begonnen mich dazu zu äußeren, nachdem viele ehemalige Kolonialländer die Unabhängigkeit erlangt hatten, doch das Problem hat sich seit dem 11. September zugespitzt, weil es extremistische Minderheiten in der muslimischen, hinduistischen und buddhistischen Glaubensgemeinschaft gibt, die offene Feindseligkeit und Gewalt gegenüber der christlichen Glaubensgemeinschaft ausüben. Dies könnte man als „neu“ bezeichnen. Die Christenphobie ist erneut zum Ausbruch gekommen, als zum Beispiel der Papstor Terry Johns in den Vereinigten Staaten eine Koranverbrennung ankündigte. Sogar die Nahostsynode der Bischöfe wurde als versuchte Aggression gegenüber muslimischen Extremisten bezeichnet. Alles, was Christen tun oder sagen ist ein Vorwand für Aggressionen. Deshalb kann man schon sagen, dass es ein Hassgefühl gegen Christen gibt.

Können Sie Zahlen nennen?

Es ist nicht einfach, denn es gibt widersprüchliche Schätzungen zur Zahl der Christen, die in den verschiedenen Ländern der Welt in der Minderheit leben. Doch man kann sagen, dass in Aller Welt rund 50 Millionen Christen Opfer von Verfolgung, Missachtung und Diskriminierung werden.

Welche Ursprünge hat die Christenphobie?

Die Christenphobie ist vor allem in jenen Ländern entstanden, die in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Unabhängigkeit erlangten. Die westlichen Länder, die ehemaligen Kolonialherren, wurden in einer Art kulturell-religiösen Vermischung als christlich betrachtet. Noch heute werden diese Argumente von extremistischen Gruppen gegen den Westen angeführt und man rechtfertigt damit Gewalt als Antwort auf das in der Vergangenheit erlittene Leid. Es ist mit Sicherheit eine Vereinfachung und es handelt sich um ein schematisches Denken, doch es wird benutzt, wenn man Christen schuldig machen und Gewalt rechtfertigen will.

Glauben sie an ein „Bündnis der Kulturen“ zwischen Christentum und Islam?

Man muss dabei von einer Tatsache ausgehen: der Westen wird als Christlich und der Orient als muslimisch definiert. Damit ein Bündnis entstehen kann muss dieses Schema überwunden werden und man muss das Problem auf globaler Ebene, zum Beispiel bei den Vereinten Nationen angehen. Wenn Christen nur Christen schützen, Juden nur Juden und Muslime die Angehörigen derselben Religionsgemeinschaft, dann werden die Hindernisse bestehen bleiben. Man muss das Problem der Gewalt als einen Akt der Unmenschlichkeit betrachten, man muss alle Minderheiten und alle Religionsgemeinschaften in Schutz nehmen, erst dann wird man den Abstand untereinander verringern können. Das Bündnis ist möglich, wenn alle lernen, sich für den Schutz der Menschenrechte einzusetzen und die Verfolgung gegen jede Religionsgemeinschaft zu Bekämpfen, Minderheit zu schützen, wenn sie angegriffen werden, unabhängig davon, ob dies im Orient oder in westlichen Ländern geschieht.

Sehen Sie einen Hoffnungsschimmer?

Die Hoffnung entsteht durch die neue Welt, durch Migration und Globalisierung. In den Arabischen Emiraten werden Kirchen für christliche Zuwanderer (vor allem aus den Philippinen und Afrika) gebaut. Wir hoffen und wünschen uns, dass es eine Globalisierung der Gewissens- und Religionsfreiheit geben wird, eine Globalisierung der Rechte. (PA) (Fidesdienst, 24/11/2010)


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