ASIEN/INDIEN - Katholische Kirche warnt: „Orissa läuft Gefahr, zu einem Paradies für Frauenhandel zu werden“

Mittwoch, 22 September 2010

Bhubaneswar (Fidesdienst) – „Es gibt allarmierende Berichte über den Handel mit Frauen auf breiter Ebene in Orissa. Bei den Opfern handelt es sich vor allem um christliche Mädchen. Nach den gewaltsamen Episoden gegen Christen im Jahr 2008 ergriffen kriminelle Banden die Gelegenheit und fanden leichte Beute unter den Vertriebenen und Armen. Wenn die Regierung des Staates keine angemessenen Maßnahmen ergreift, wird Orissa zu einem Paradies für den Menschenhandel werden“, so Erzbischof Raphael Cheenath von Cuttack-Bhubeneswar. Die Ortskirche bemühe sich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln das Phänomen zu bekämpfen und wolle dabei vor allem junge Mädchen schützen, so der Erzbischof.
Aus einer Untersuchung in der Diözese ging hervor, dass 24 Mädchen akut gefährdet sind (da sie keine Familie haben oder in extremer Armut leben). Diese Mädchen wurden in Internaten oder anderen Bildungseinrichtungen der Kirche untergebracht, wie Dibakar Parichha, der Sekretär der Kommission „Gerechtigkeit und Frieden“ der Diözese berichtete.
Die katholische Glaubensgemeinschaft vermutet, dass kriminelle Banden ihr Augenmerk auf Orissa richten, seit eine Welle antichristlicher Gewalt den Staat heimgesucht und das Leben von über 60.000 Gläubigen gefährdet hat. Viele Betroffene leben heute noch in zunächst provisorisch eingerichteten Zeltlagern. Im September 2009 wurden die staatlichen Aufnahmecamps geschlossen und danach gab es für über 3.500 Binnenflüchtlinge keine andere Lösung als provisorische Unterkünfte. Schwester Justine Senapai, die die Kommission für Frauen der Diözese Cuttack-Bhubeneswar leitet, berichtet, dass vier ehrenamtliche Mitarbeiter sich unermüdlich für die Bekämpfung des Phänomens der Verschleppung von Mädchen einsetzen. Dabei arbeite man mit anderen lokalen Nichtregierungsorganisationen zusammen.
Auch die staatlichen Behörden und die Polizei sehen sich mit dem Problem des Frauenhandels konfrontiert: vor kurzem wurde von offizieller Seite bekannt gegeben, dass man 16 Mädlchen aus den Händen krimineller Schlepperorganisationen befreien konnte.
Der „All Christian Council“, der den Opfern auch rechtlichen Beistand anbietet bestätigt: „Die Schlepper haben es auf Mädchen aus der christlichen Glaubensgemeinschaft in Khandamal abgesehen. Bei uns wurden viele Fälle gemeldet, in denen Mädchen einfach verschwanden. Wir müssen dringend mit vereinten Kräften gegen diesen furchtbaren Handel vorgehen“.
Ein weitere Bericht, der dem Fidesdienst vorliegt, belegt das Phänomen: Jyothi (Name wurde von der Redaktion geändert) ist ein Mädchen, das nach den Episoden der Gewalt 2008 ihre Heimat verlassen musste. Sie wurde von einem Schlepper unter dem Vorwand geködert, dass sie ein neues Leben in Delhi beginnen könne und dort mit seiner Hilfe arbeit finden würde. In der Hauptstadt wurde sie jedoch an kriminelle Banden ausgehändigt: sie wurde immer wieder bedroht, geschlagen und sexuell missbraucht. Sechs Tage lang musste sie so als Sklavin leben. Der Anführer der Bande brachte sie dann zu einer Familie in Delhi, bei der sie als Haushaltshilfe arbeiten sollte. Auch dort wurde das Mädchen körperlich und sexuell misshandelt. Sie wurde schließlich nach einer Meldung an die Polizei befreit. Heute trägt sie immer noch die Zeichen der Gewalt an ihrem Körper und ist traumatisiert. Sie wird auf ihrem künftigen Weg von ehrenamtlichen Helfern der katholischen Ortskirche in Orissa betreut werden. (PA) (Fidesdienst, 22/09/2010)


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