VATIKAN - „Ave Maria“ von Mgr. Luciano Alimandi - Das Priesterjahr

Mittwoch, 24 Juni 2009

Vatikanstadt (Fidesdienst) – Das von Papst Benedikt XVI. eröffnete Priesterjahr ist ein Moment großer Gnade vor allem für uns Priester, damit wir uns neu finden und unsere Berufung als Diener Gottes vertiefen. „Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt“ (Joh 15,16), Jesus sagt dies seinen ersten Aposteln unmissverständlich – und damit auch den Aposteln aller Zeiten – dass die priesterliche Berufung aus seinem Herzen entspringt, nicht auf Initiative des Menschen, sondern auf Initiative Gottes.
Der Ursprung jeder authentischen Berufung muss also allein bei Ihm gesucht werden: „Der Herr hat mich schon im Mutterleib berufen, als ich noch im Schoß meiner Mutter war, hat er meinen Namen genannt“ (Jes 49,1). Wir wissen, dass wir das Hauptziel unserer Berufung stets und allein im Wort Jesu finden können. Er hat uns berufen und Er hat uns seinen Plan für uns unmissverständlich wissen lassen. Der heilige Paulus fasst den Plan Gottes, der für jeden Christen gilt und damit umso mehr für den Priester, der Hirte der ihm anvertrauten Seelen ist, so zusammen: „Das ist es, was Gott will: eure Heiligung!“ (1 Ts 4,3).
Der Priester sollte nicht vergessen, dass der Zweck seiner Berufung die Heiligkeit ist. Wie könnte man Jesu Freund werden, würde man seine Tugenden nicht nachahmen, angefangen bei denen im Zentrum seines Herzens? „Lernt von mir, denn ich bin gütig und von Herzen“ (Mt 11,29). Wie viele Stellen im Evangelium handeln vom brennenden Wunsch Jesu, dass seine Jünger nach Heiligkeit streben sollen! Ihr sollt also vollkommen sein, wie es auch euer himmlischer Vater ist“ (Mt 5,48). Wenn das grundlegende Motiv für eine Berufung nichts anderes als die Heiligkeit sein kann, dann wird dieses tägliche Streben nach Heiligkeit zum Imperativ für jeden geweihten Diener. Die priesterliche Heiligkeit muss, wie jede andere Heiligkeit im Leben „errungen´“ werden, Tag um Tag, auch inmitten vieler menschlicher Grenzen und Schwächen.
Der Weg der Umkehr darf nie unterbrochen werden, denn würde dies geschehen, dann würde die geistliche Kraft des Priesters gefährlich schwinden, bis hin zum Zusammenbruch: d.h. bis die Kraft zum Weitermachen fehlt. „Weitermachen“ heißt vor allem nie aufhören, den eigenen Egoismus zu bekämpfen, das eigene „Ich“ zu opfern und die vielfältigen Interessen, die es von den Interessen Gottes entfernen. Das Evangelium nennt als wesentliche Voraussetzung für die „Nachfolge“ Jesu eben dieses sich verleugnen: „Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach (Mk 8,34). Das größte geistliche Ringen des Priesters besteht darin, sich selbst zu vergessen, um nichts Jesus voranzustellen. „Du machst die viele Sorgen und Mühen, aber nur eines ist notwendig. Maria hat das Bessere gewählt, das soll ihr nicht genommen werden“ (Lk 10,41-42). Das Einzige, was ein Priester braucht ist Jesus. Wenn ehr ihn wirkliche nachahmen will, wird der her es nicht erlauben, dass er ohne Ihn ist, dass er dieses kostbare Gut der Gnade verliert.
Niemand kann eine Seele der innigen Beziehung zu Jesus berauben! Nur die Seele selbst kann dies tun, wenn sie gerade die Gemeinschaft mit Gott vernachlässigt, die durch die Sakramente und sein durch die Betrachtung gelebtes Wort gespeist wird, begleitet von einem authentischen Leben des Gebets und der Nächstenliebe. Die Freundschaft zu Jesus ist das wichtigste Ziel jeder Berufung zum Priesteramt, von dem alles andere abhängt: „Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch auftrage… Vielmehr habe ich euch Freunde genannt, denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich vom Vater gehört habe (Joh 15,14 ff). Wenn wir an die Stelle der Worte Jesu unsere eigenen stellen, und seinen göttlichen Interessen unsere menschlichen voranstellen, wenn wir uns Ziele stecken, die nicht von ihm inspiriert wurden, sondern von der Welt, dann sind wir nicht mehr seine „Freunde“, dann werden wir zu Verrätern. Es ist nicht das Priesteramt, das entfremdet wird, sondern der einzelne Priester, der seinen „Geschmack“ (vgl. Mt 5.13) verliert und die Ausstrahlung jener außerordentlichen Freundschaft, die Jesus ihm angeboten hatte, indem er ihn zu sich rief, weil er ihn „bei sich haben wollte“ (Mk 3,14). Wir können also sagen, dass wir nur lernen können, was wir sein sollen, d.h. Priester, wenn wir „bei Jesus sind“. „Bleibt in meiner Liebe!“ (Joh 15,9), darum bat Jesus die ersten Apostel und darum bittet er alle anderen. „Bleiben“ ist ein Verb, das uns zum Geheimnis der Eucharistie führt: Er bleibt bei uns durch die Eucharistie, damit auch wir bei ihm bleiben!
Papst Benedikt XVI. machte den Aufruf zur Freundschaft mit Jesus zu einem der Angelpunkte seines Lehramtes Oft erinnerte er seine Priester daran, dass von der innigen Beziehung zu Gott alles abhängt. Ohne ein authentisches Gebetsleben, das seinen Höhepunkt in der täglichen und würdigen Feier der heiligen Messe hat, gibt es keine priesterliche Heiligkeit und wahre apostolische Fruchtbarkeit. Nur wenn die Rebe am Weinstock bleibt, kann sich Frucht bringen, andernfalls verdorrt sie (vgl. Joh 15,4 ff). Papst Benedikt XVI. führt den geweihten Dienern gerade diese Logik der Eucharistie als Denk- und Lebensmodell vor Augen: „Allein aus der Einheit mit Jesus könnt ihr jene geistliche Fruchtbarkeit empfangen, die in eurem seelsorgerischen Dienst Hoffung gibt. Der hl. Leo der Große ruft in Erinnerung, daß »unsere Teilhabe am Leib und Blut Christi auf nichts anderes zielt, als das zu werden, was wir empfangen« (Sermo 12, De Passione 3,7, PL 54). Wenn dies für jeden Christen wahr ist, so ist es das um so mehr für uns Priester. Eucharistie werden! Gerade dies soll unser ständiges Verlangen und unser Einsatz sein, damit das Opfer des Leibes und Blutes des Herrn, das wir auf dem Altar darbringen, vom Opfer unseres Daseins begleitet werde. Jeden Tag schöpfen wir aus dem Leib und Blut des Herrn jene freie und reine Liebe, die uns zu würdigen Dienern Christi und zu Zeugen seiner Freude macht. Das ist es, was die Gläubigen vom Priester erwarten: das Vorbild einer echten Verehrung der Eucharistie; sie möchten sehen, daß er lange Zeiten der Stille und der Anbetung vor Jesus verbringt, wie dies der heilige Pfarrer von Ars tat, dessen wir in besonderer Weise während des nunmehr unmittelbar bevorstehenden Priester- Jahres gedenken werden.“ (Papst Benedikt XVI., Predigt am Hochfest des Leibes und Blutes Christi – Fronleichnam, 11. Juni 2009).
Wer könnte uns besser als die Jungfrau Maria, die „eucharistische Frau“ und Mutter der Priester, diese Logik der Eucharistie lehren: sich selbst verlieren um Ihn zu empfangen; wer könne uns mehr als Sie dabei helfen auf diese Weg der „Enteignung“ unserer selbst voranzuschreiten, damit „Christus in uns lebt“ (vgl. Gal 2,20)! (Fidesdienst, 24/06/2009 – 77 Zeilen, 1.067 Worte)


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