VATIKAN - Papst Benedikt XVI. beantwortet die Fragen von Kindern der Kindermissionswerke, die zu einer internationalen Wallfahrt im Paulusjahr nach Rom gekommen waren: „Das Teilen, das Kennenlernen Jesu, das Gebet, das gegenseitige Zuhören und die Solidarität sind missionarische Taten, denn sie helfen dabei, dass das Evangelium in unserer Welt Wirklichkeit wird“

Montag, 1 Juni 2009

Vatikanstadt (Fidesdienst) – Zum Paulusjahr veranstaltete das Internationale Sekretariat der Päpstlichen Kindermissionswerke in Zusammenarbeit mit den Kindermissionswerken in Italien eine internationale Wallfahrt für die Kinder der Kindermissionswerke aus Italien und verschiedenen Ländern Europas (vgl. Fidesdienst vom 10. Februar 2009 und vom 29. Mai 2009). Am Samstag empfing Papst Benedikt XVI. die rund 5.000 Teilnehmer und ihre Begleiter in Audienz. Nach einem Grußwort des Präfekten der Kongregation für die Evangelisierung der Völker, Kardinal Ivan Dias, und zweier Kinder antwortete der Papst ohne Manuskript auf die Fragen antwortete, die ihm drei Kinder stellen durften. Es folgen Fragen und Antworten in eigener Übersetzung:

Erste Frage: Ich heiße Anna Filippone, bin 12 Jahre alt, bin Ministrantin und komme aus der Diözese Oppido Mamertina-Palmi in Kalabrien. Papst Benedikt, mein Freund Giovanni hat einen italienischen Vater und eine Mutter aus Ecuador und ist sehr glücklich. Meinen Sie, dass verschiedene Kulturen eines Tages im Namen Jesu zusammenleben können ohne im Namen Jesu zu streiten?
Papst Benedikt XVI.: Ich habe verstanden. Ihr wollt wissen, wie es uns als Kinder gelungen ist, uns gegenseitig zu helfen. Ich muss sagen, dass ich die Jahre meiner Grundschulzeit in einem kleinen Dorf mit vierhundert Einwohnern erlebt habe, das weit weg von jeder Großstadt war. Wir waren also etwas unbedarft und in diesem Dorf gab es auf der einen Seite Bauern die sehr reich waren, auf der anderen Seite diejenigen, die weniger reich, aber dafür wohlhabend waren und es gab auch ärmer Angestellte oder Handwerker. Unsere Familie kam kurz vor meiner Einschulung in das Dorf. Wir waren aus einem anderen Dorf dorthin gezogen, deshalb waren wir etwas fremd, außerdem sprachen wir einen anderen Dialekt. In der Schule stieß ich also auf sehr unterschiedliche soziale Ausgangssituationen. Doch unter uns herrschte eine schöne Gemeinschaft. Die Mitschüler brachten mir ihren Dialekt bei, den ich bis dahin nicht kannte. Dies scheint mir wichtig. Manchmal kann es im Leben nicht verhindert werden, dass man sich streitet; wichtig ist jedoch, dass man sich wieder versöhnt, dass man sich vergeben kann, dass man wieder von vorne anfängt und keine Bitterkeit in der Seele bleibt. Dankbar erinnere ich mich daran, wie wir zusammengearbeitet haben: einer half dem anderen und wir gingen unseren Weg gemeinsam. Wir waren alle katholisch und das hat uns natürliche geholfen. Auf diese Weise haben wir zusammen die Bibel kennen gelernt, von der Schöpfung bis zum Tod Christi am Kreuz und das Leben der ersten christlichen Gemeinden. Wir haben gemeinsam den Religionsunterricht besucht, gemeinsam gelernt, wie man betet und wir haben uns zusammen auf unsere erste Beichte und die Erstkommunion vorbereitet: das war ein wunderbarer Tag. Wir haben verstanden, dass Jesus selbst zu uns kommt und dass er kein Gott in der Ferne ist: er kommt in mein eigenes Leben und in meine eigene Seele. Und wen Jesus zu jedem von uns kommt, dann sind wir Brüder und Schwestern, dann sind wir Freunde sind, dann sollten wir uns auch solche benehmen. Für uns haben dieses Vorbereitung auf die erste Beichte, und damit auf die Reinigung unseres Gewissens und unseres Lebens und auch die Vorbereitung auf die konkrete Begegnung mit Jesus, der zu mir kommt, der zu uns allen kommt, zur Entstehung unsere Gemeinschaft beigetragen. Es hat uns dabei geholfen, gemeinsam zu gehen, gemeinsam zu lernen, wie wir uns versöhnen, wenn es notwendig ist. Wir haben auch kleine Theaterstücke aufgeführt: es ist wichtig, dass man zusammenarbeitet, dass man aufeinander aufpasst. Als ich acht oder neuen war, wurde ich Ministrant. Zu dieser Zeit gab es noch keine Ministrantinnen, doch die Mädchen konnten besser lesen als wir. Deshalb durften sie die Lesung lesen und wir waren Ministranten. Damals mussten wir noch viele lateinische Texte auswendig lernen, und so hatte jeder seine Last zu tragen. Wie ich bereits gesagt habe: wir waren keine Heiligen. Wir haben auch gestritten, doch es herrschte eine Gemeinschaft, wo die Unterschiede zwischen Reichen und Armen, Intelligenten und weniger Intelligenten nicht zählten. Es war eine Gemeinschaft mit Jesus auf dem Weg des gemeinsamen Glaubens und der gemeinsamen Verantwortung, beim gemeinsamen Spielen und beim gemeinsamen Arbeiten. Wir haben einen Weg gefunden, zusammenzuleben, Freundschaft zu schließen und obwohl ich seit 1937, d.h. seit über 70 Jahren nicht mehr in diesem Dorf war, sind wir immer noch Freunde. Denn wir haben gelernt, einander anzunehmen, der eine die Last des anderen zu tragen. Dies scheint mir besonders wichtig: trotz unserer Schwächen nehmen wir einander an und mit Jesus Christus, mit der Kirche finden wir einen gemeinsamen Weg des Friedens und wir lernen, wie man gut leben kann.

Zweite Frage: Ich heiße Letizia und möchte eine Frage stellen. Lieber Papst Benedikt XVI., was bedeutete für Sie, als sie klein waren, das Motto „Kinder helfen Kindern“? Hätten Sie je gedacht, dass sie einmal Papst werden würden?
Papst Benedikt XVI.: Um die Wahrheit zu sagen, ich hätte nie gedacht, dass ich einmal Papst werden würde, denn, wie ich schon gesagt habe, war ich ein ziemlich argloser Junge aus einem kleinen Dorf weit weg von der Stadt, in der vergessenen Provinz. Wir waren glücklich in dieser Provinz und dachten nicht an die anderen Dinge. Natürlich kannten, verehrten und liebten wir den Papst – es war damals Pius XVI. – doch für uns war er in einer unerreichbaren Höhe, fast in einer anderen Welt: er war für uns ein Vater, doch er stand weiter über uns. Und ich muss sagen, dass ich auch heute noch nicht ganz verstehe, wie der Herr an mich denken, mich für dieses Amt bestimmen konnte. Doch ich nehme es aus seinen Händen an, auch wenn es überraschend war und manchmal meine Kräfte zu überschreiten scheint. Doch der Herr hilft mir.

Dritte Frage: Lieber Papst Benedikt XVI., ich heiße Alessandro. Ich wollte Fragen: Sie sind der erste Missionar, wie können wir als Kinder Ihnen helfen, das Evangelium zu verkünden?
Papst Benedikt XVI.: Ich würde sagen, die beste Art und Weise ist folgende: Ihr könnt mit den Päpstlichen Kindermissionswerken zusammenarbeiten. Auf diese Weise seid ihr Teil einer großen Familie, die das Evangelium in aller Welt verkündet. Und so gehört ihr einem großen Netzwerk an. Wir sehen hier, wie sich hier die Familie der Völker widerspiegelt. Ihr gehört zu dieser großen Familie: jeder von euch kann seinen Teil dazu betragen und gemeinsam seit ihr Missionare, Boten der Missionstätigkeit der Kirche. Ihr habt ein schönes Programm, das euer Sprecher bereits genannt hat: zuhören, beten, wissen, teilen, solidarisch sein. Dies sind die wesentlichen Elemente die die Art ausmachen, missionarisch zu sein, das Wachstum der Kirche und die Gegenwart des Evangeliums in der Welt voranzubringen. Ich möchte einige dieser Punkte ausführlicher behandeln. Vor allem das Beten. Das Gebet ist eine Wirklichkeit: Gott hört uns zu und wenn wir beten, tritt Gott in unser Leben ein, er wird gegenwärtig unter uns, er bewirkt etwas. Beten ist etwas sehr Wichtiges, denn es kann die Welt verändern und es macht die Kraft Gottes gegenwärtig. Und es ist wichtig, dass man sich beim Beten gegenseitig hilft: wir sollten gemeinsam im Gottesdienst, in der Familie beten. Und dafür ist es meiner Meinung nach auch wichtig, dass wir den Tag mit einem kleinen Gebet beginnen und mit einem kleinen Gebet beenden: dass wir im Gebet an unsere Eltern denken. Wir sollten vor dem Mittagessen und vor dem Abendessen beten und wenn wir gemeinsam den Sonntag feiern. Ein Sonntag ohne Gottesdienst, das große gemeinsame Gebet der Kirche, ist kein echter Sonntag: es fehlt das Herz des Sonntags und damit auch das Licht für die Woche. Ihr könnt auch den anderen helfen, wo man vielleicht zu Hause nicht betet, wo man das Gebet nicht kennt – ihr könnt anderen beibringen, wie man betet: mit ihnen beten und sie so zur Gemeinschaft mit Gott führen. Außerdem müssen wir zuhören, d.h. wir müssen verstehen, was Jesus sagt. Und wir müssen die Heilige Schrift, die Bibel kennen. Durch die Geschichte Jesu lernen wir, wie auch der Herr Kardinal gesagt hat – das Gesicht Gottes kennen, wir verstehen, wie Gott ist. Und es ist wichtig, dass wir Jesus wirklich persönlich kennen. Auf diese Weise tritt er in unsere Leben und durch unser Leben in die Welt ein. Wichtig ist auch das Teilen, dass man die Dinge nicht nur für sich selbst will, sondern auch für die anderen; es ist wichtig, mit andern zu teilen. Und wenn wir einen anderen sehen, der sich vielleicht in Not befindet, der vielleicht weniger hat als wir, müssen wir ihm helfen und die Liebe Gottes ohne viele Worte gegenwärtig machen, in unserer eigenen kleinen Welt, die Teil der großen Welt ist. Auf diese Weise werden wir zu einer Familie, wo jeder den anderen respektiert: wir wollen den anderen in seiner Andersartigkeit annehmen und auch gerade die Unsympathischen akzeptieren und nicht zulassen, dass er an den Rand gedrängt wird, sondern ihm dabei helfen, sich in die Gemeinschaft einzufügen. Dies alles bedeutet, dass wir in dieser großen Familie der Kirche Leben, in der großen Familie der Mission: „Das Teilen, das Kennenlernen Jesu, das Gebet, das gegenseitige Zuhören und die Solidarität sind missionarische Taten, denn sie helfen dabei, dass das Evangelium in unserer Welt Wirklichkeit wird“. (SL) (Fidesdienst, 01/06/2009 – 113 Zeilen, 1.543 Worte)


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