VATIKAN - Botschaft von Papst Benedikt XVI. zum Weltfriedenstag 2009: „Die Bekämpfung der Armut ist dagegen auf Männer und Frauen angewiesen, die zutiefst die Mitmenschlichkeit praktizieren und fähig sind, Einzelpersonen, Familien und Gemeinschaften auf Wegen authentischer menschlicher Entwicklung zu begleiten“

Freitag, 12 Dezember 2008

Vatikanstadt (Fidesdienst) – „Armut bekämpfen, Frieden schaffen“ lautet das Thema der Botschaft von Papst Benedikt XVI. zum Weltfriedenstag am 1. Januar 2009. Indem er ein Thema aufnimmt, mit dem sich Papst Johannes II. bereits in seiner Botschaft zum Weltfriedenstag 1993 befasste, betont Papst Benedikt XVI., dass die Bekämpfung der Armut „eine aufmerksame Betrachtung des komplexen Phänomens der Globalisierung“ einschließt. Dabei gehe es jedoch nicht nur um eine Verwertung Ergebnisse der von Wirtschaftswissenschaftlern und Soziologen durchgeführten Forschungen über viele Aspekte der Armut sondern auch um die eine geistige und moralische Bedeutung.
Sodann fordert der Papst zu einer „umfassende und differenzierte Vorstellung“ von der Armut auf, die sich nicht auf das „materielle Phänomen“ beschränkt, da „es Formen nicht materieller Armut gibt, die keine direkte und automatische Folge materieller Not sind“. „So existieren zum Beispiel in den wohlhabenden und hoch entwickelten Gesellschaften Phänomene der Marginalisierung und der zwischenmenschlichen, moralischen und geistigen Armut“, heißt es in der Botschaft, „…während in den so genannten ,,armen” Gesellschaften das Wirtschaftswachstum häufig durch kulturelle Hindernisse gebremst wird, die einen angemessenen Gebrauch der Ressourcen nicht gestatten. Es steht ohnehin fest, daß jede Form von auferlegter Armut in einer mangelnden Achtung der transzendenten Würde der menschlichen Person wurzelt.“
Im ersten Teil seiner Botschaft mit dem Titel „Armut und moralische Folgen“ behandelt der Papst verschiedene Bereiche der heutigen Armut. Dabei denunziert er an erster Stelle „die Vernichtung von Millionen ungeborener Kinder im Namen der Armutsbekämpfung“. Sodann erinnert er an „die pandemischen Krankheiten wie zum Beispiel Malaria, Tuberkulose und AIDS“ als Armutsfaktor. Der Papst weist auch darauf hin, dass von solchen Pandemien betroffene Länder „Erpressungen von seiten derer erleiden müssen, die wirtschaftliche Hilfen von der Umsetzung einer lebensfeindlichen Politik abhängig machen“ und betont, dass es schwierig ist, AIDS zu bekämpfen, „wenn man sich nicht der moralischen Problematik stellt, mit der die Verbreitung des Virus verbunden ist …Sodann müssen auch den armen Völkern die notwendigen Medikamente und Behandlungen zur Verfügung gestellt werden; das setzt eine entschiedene Förderung der medizinischen Forschung und der therapeutischen Neuerungen voraus sowie nötigenfalls eine flexible Anwendung der internationalen Regelungen zum Schutz des geistigen Eigentums, so daß allen die gesundheitliche Grundversorgung gewährleistet werden kann“.
Ein dritter Bereich, an den der Papst in seiner Botschaft erinnert ist die Kinderarmut und die Tatsache, dass „fast die Hälfte derer, die in absoluter Armut leben, heute Kinder sind“. Deshalb legt er nahe , „jene Ziele als vorrangig anzusehen, die diese am unmittelbarsten angehen“, wie zum Beispiel „die Fürsorge für die Mütter, das Engagement in der Erziehung, den Zugang zu Impfungen, zu medizinischer Versorgung und zum Trinkwasser, den Umweltschutz und vor allem den Einsatz zum Schutz der Familie und der Beständigkeit der innerfamiliären Beziehungen“. Sodann äußert Papst Benedikt XVI. seine Sorge hinsichtlich des „augenblicklichen Niveaus der weltweiten militärischen Ausgaben“, die den Entwicklungsprojekten enorme menschliche und materielle Ressourcen entziehen und fordert die Staaten auf „ernsthaft über die tieferen Gründe der häufig durch Ungerechtigkeit entzündeten Konflikte nachzudenken und ihnen durch eine mutige Selbstkritik abzuhelfen. Wenn eine Verbesserung der Beziehungen erreicht wird, müßte das eine Reduzierung der Rüstungsausgaben gestatten. …Ein großzügiges Engagement in diesem Sinne ist ein Engagement für den Frieden innerhalb der Menschheitsfamilie“.
Schließlich befasst sich der Papst auch mit der derzeitigen Nahrungsmittelkrise: „Diese Krise ist weniger durch einen Mangel an Nahrungsmitteln gekennzeichnet“, so Papst Benedikt XVI., “als vielmehr durch Schwierigkeiten des Zugangs zu ihnen und durch Spekulationen, also durch das Fehlen einer Koordination politischer und wirtschaftlicher Institutionen, die in der Lage ist, den Bedürfnissen und Notlagen zu begegnen“. Die Daten über die Entwicklung der relativen Armut in den letzten Jahrzehnten zeigten unterdessen alle eine Vergrößerung des Gefälles zwischen Reichen und Armen an. „Hauptursachen dieses Phänomens sind zweifellos einerseits der technologische Wandel, dessen Nutzen vor allem der oberen Einkommensklasse zugute kommt“, heißt es hierzu in der Botschaft, „und andererseits die Preisdynamik der Industrieprodukte, deren Kosten wesentlich schneller ansteigen als die Preise der Agrarprodukte und der Rohstoffe, die im Besitz der ärmeren Länder sind. . So geschieht es, daß der größte Teil der Bevölkerung der ärmeren Länder unter doppelter Marginalisierung leidet, sowohl durch niedrigere Einnahmen als auch durch höhere Preise.
Der zweite Teil der Botschaft mit dem Titel „Bekämpfung der Armut und globale Solidarität“ enthält eine Reihe von Betrachtungen und Vorschlägen zu den Themen der Globalisierung, zum internationalen Handel, zum Finanzsektor und der gegenwärtigen Finanzkrise und zur Erfordernis einer weltweiten „Governance“ im Zeichen der Solidarität. „Einer der besten Wege zur Schaffung des Friedens“, so der Papst, „ist eine Globalisierung, die auf die Interessen der großen Menschheitsfamilie ausgerichtet ist.. Um die Globalisierung zu lenken, bedarf es jedoch einer starken globalen Solidarität zwischen reichen und armen Ländern sowie innerhalb der einzelnen Länder, auch wenn sie reich sind… Die Globalisierung beseitigt gewisse Barrieren, doch das bedeutet nicht, daß sie nicht neue aufrichten kann; sie bringt die Völker einander näher, doch die räumliche und zeitliche Nähe schafft von sich aus nicht die Bedingungen für ein wahres Miteinander und einen echten Frieden. Die Marginalisierung der Armen des Planeten kann in der Globalisierung nur dann wirksame Mittel zur Befreiung finden, wenn jeder Mensch sich durch die in der Welt bestehenden Ungerechtigkeiten und die damit verbundenen Verletzungen der Menschenrechte persönlich verwundet fühlt.“
„Auf dem Gebiet des Internationalen Handels und der Finanztransaktionen sind heute Prozesse im Gange, die es erlauben, die Ökonomien positiv zu koordinieren und so zur Verbesserung der allgemeinen Bedingungen beizutragen; doch es gibt auch gegenteilige Prozesse, welche die Völker entzweien und ins Abseits drängen und so gefährliche Voraussetzungen für Kriege und Konflikte schaffen“, so der Papst, der fordert, dass „allen Ländern die gleichen Zugangschancen zum Weltmarkt einzuräumen und Ausschlüsse und Marginalisierungen zu vermeiden“.
Die Botschaft erinnert sodann auch an die Fragilität des Finanzwesens: „Auch die jüngste Krise beweist, wie die Finanzaktivität manchmal von rein selbstbezogenen Logiken geleitet wird, die jeder langfristigen Rücksicht auf das Allgemeinwohl entbehren. Die Einengung in der Zielsetzung der weltweiten Finanzmakler auf die extreme Kurzfristigkeit vermindert die Fähigkeit des Finanzwesens, seine Brückenfunktion zwischen Gegenwart und Zukunft zu erfüllen zur Unterstützung der Schaffung langfristig angelegter Produktions- und Arbeitsmöglichkeiten.“
Schließlich macht der Papst folgende Vorschläge für eine wirksame Bekämpfung der Armut: eine Zusammenarbeit sowohl auf wirtschaftlicher als auch auf juristischer Ebene erfordert, die der internationalen Gemeinschaft und im besonderen den armen Ländern ermöglicht, aufeinander abgestimmte Lösungen zu finden und zu verwirklichen; Bildung von leistungsfähigen, auf Mitverantwortung beruhenden Institutionen sowie die Unterstützung im Kampf gegen die Kriminalität und in der Förderung einer Kultur der Legalität; die Erhöhung des Pro-Kopf-Einkommens als wichtiges Instrument, um das Ziel der Bekämpfung von Hunger und absoluter Armut zu erreichen. „Die Armen an die erste Stelle zu setzen“, betont der Papst in diesem Zusammenhang, „erfordert schließlich den gebührenden Raum für eine korrekte wirtschaftliche Logik bei den Akteuren des internationalen Marktes, für eine korrekte politische Logik bei den institutionellen Akteuren und für eine korrekte Logik der Mitverantwortung, die fähig ist, die lokale wie internationale Zivilgesellschaft zur Geltung zu bringen. Die internationalen Organismen anerkennen heute selbst den hohen Wert und den Vorteil wirtschaftlicher Initiativen der Zivilgesellschaft oder der örtlichen Verwaltungen zur Förderung der Befreiung und Eingliederung jener Bevölkerungsschichten in die Gesellschaft, die häufig unterhalb der äußersten Armutsgrenze leben und zugleich für die offiziellen Hilfen schwer erreichbar sind.“
Im letzten Abschnitt des zweiten Teils der Botschaft wird auch darauf hingewiesen, dass „mit umsichtiger Klugheit“ vorgegangen werden muss, will man das Phänomen der Globalisierung lenken. Dazu gehöre es auch „vorrangig die Bedürfnisse der Armen der Erde zu berücksichtigen, indem der Skandal des bestehenden Mißverhältnisses zwischen den Problemen der Armut und den Maßnahmen, welche die Menschen vorsehen, um ihnen entgegenzutreten, überwunden wird. Das Mißverhältnis besteht sowohl auf kultureller und politischer als auch auf geistiger und ethischer Ebene. Man bleibt nämlich oft bei den äußeren und praktischen Ursachen der Armut stehen … Die Bekämpfung der Armut ist dagegen auf Männer und Frauen angewiesen, die zutiefst die Mitmenschlichkeit praktizieren und fähig sind, Einzelpersonen, Familien und Gemeinschaften auf Wegen authentischer menschlicher Entwicklung zu begleiten“.
Im Schlussteil der Botschaft wird unterstrichen, dass „in der jetzigen globalisierten Welt immer offensichtlicher wird, daß der Friede nur hergestellt werden kann, wenn man allen die Möglichkeit eines vernünftigen Wachstums sichert: Die Verzerrungen ungerechter Systeme präsentieren nämlich früher oder später allen die Rechnung. Es kann also nur die Torheit dazu verführen, ein vergoldetes Haus zu bauen, wenn ringsum Wüste oder Verfall herrscht.“ Und Papst Benedikt XVI. schließt seine Botschaft mit einem Appell: „Darum richte ich zu Beginn eines neuen Jahres an alle Jünger Christi wie auch an jeden Menschen guten Willens die dringende Einladung, gegenüber den Bedürfnissen der Armen das Herz zu öffnen und alles konkret Mögliche zu unternehmen, um ihnen zu Hilfe zu kommen.“. (SL) (Fidesdienst, 12/12/2008)


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