VATIKAN - AVE MARIA von Mgr. Luciano Alimandi - Die Gegenwart Jesu

Mittwoch, 26 November 2008

Vatikanstadt (Fidesdienst) – “Er stieg in das Boot und seine Jünger folgten ihm. Plötzlich brauch auf dem See ein gewaltiger Sturm los, so dass das Boot von den Wellen überflutet wurde. Jesus aber schlief. Da traten die Jünger zu ihm und weckten ihn; sie riefen: Herr, rette uns, wir gehen zugrunde! Er sagte zu ihnen: Warum habt ihr solche Angst, ihr Kleingläubigen? Dann stand er auf, drohte den Winden und dem See, und es trat völlige Stille ein. Die Leute aber staunten und sagten: Was ist das für ein Mensch, dass ihm sogar die Winde und der See gehorchen?“ (Mt 8,23).
Die Beruhigung des Sturms auf dem See gehört zu den beeindruckendsten Wundern, die Jesus wirkte. Vielleicht wirkt es so besonders, weil wir uns alle mit der Situation, die in den Evangelien beschrieben wird, identifizieren können. Wir wollen gemeinsam darüber nachdenken: empfinden wir Christen unsere irdische Existenz nicht als lange Überfahrt in die Ewigkeit, wie ein Boot, das auf dem Meer der Zeiten fährt, inmitten von Prüfungen, die oft unerwartet kommen und uns Angst machen? Wenn wir wirklich glauben, dass Jesus mit uns im selben Boot sitzt, solle uns dies nicht eine unumstößliche Gelassenheit schenken, die feste Überzeugung davon, dass, wie der heilige Paulus es sagt, „Gott, bei denen, die ihn lieben, alles zum Guten führt“ (Röm 8,28)?
Wie viele Lehren können wir aus der Erzählung vom Sturm auf dem See ziehen! Jede Prüfung in unserem Leben, vor allem diejenigen, die sich uns ganz plötzlich vor uns auftun, wie die Wellen des Meeres, ist für den Christen ein Anlass, sich auf das Herz Christi zu verlassen. Es ist schön, wenn man hört wie Kinder über die Erzählungen aus dem Evangelium denken. Sie geben oft Antworten von einer theologischen Tiefe, von denen die Erwachsenen „lernen“ könnten.
Ein neunjähriges Kind in einer Grundschule in Ostia (bei Rom), kommentierte auf diese Weise die oben genannte Erzählung vor der Klasse: „Es stimmt, die Apostel hatten große Angst, doch dies geschah, weil sie nicht taten, was Jesus tat. Er schlief weil er im Herzen des Vaters ruhte. Doch sie ruhten nicht auf dem Herzen Jesu. Deshalb erschraken sie; doch wie hätten die Apostel am Herzen Jesu ruhen können, wenn sie ihn noch gar nicht kannten?“
Angesichts eines solchen Kommentars, kann man nur sagen: „Ich preise dich Herr…weil du alles den Unmündigen offenbart hast“ (Mt 11,25)! Denn der eigentliche Grund, weshalb die Apostel Angst hatten, so sagt es auch das Evangelium, war der geringe Glauben der Apostel; doch weshalb war ihr Glaube so klein? Weil sie die Pläne des Herrn noch lange nicht kannten: „Was ist das für ein Mensch, dass ihm sogar die Winde und der See gehorchen?“. Dieser kleine Junge hatte es verstanden, durch eine Eingabe des Heiligen Geistes!
Auch wir vertrauen Gott nicht so sehr, weil wir ihn nicht richtig kennen. Würden wir ihn besser kennen, dann wäre unser Glaube fester, denn er würde auf dem lebendigen Wissen um die geheimnisvolle Gegenwart Christi in unserem Leben gründen. Der heilige Petrus erinnert uns immer wieder an die Bedeutung dieses Wissens: „Alles was für unser Leben und unsere Frömmigkeit gut ist, hat seine göttliche Macht uns geschenkt; sie hat uns den erkennen lassen, der uns durch seine Herrlichkeit und Kraft berufen hat. (2 Pt 1,3).
Das Kennen und die Liebe erfordern jedoch Aufmerksamkeit und Zeit, die wir dem Herrn widmen müssen! Wenn wir uns von den Dingen, den Geschöpfen und den Ereignissen ablenken lassen, wenn wir nur dem Anschein nach für Jesus „hinausfahren“, weil wir noch im hören unserer menschlichen Sicherheiten und unserer Illusionen verankert sind, dann reicht wenig aus, um unseren geringen Glauben ins Schwanken zu bringen.
Der Glaube hingegen muss, damit er wahr ist, auf einem tiefen Wissen um Christus gründen; es reicht nicht, dass man von im hört oder über in spricht, dieser Glaube muss Tag um Tag gelebt werden. Damit wir ihn wirklich leben, müssen wir ihn unermüdlich vertiefen. Wie viele Heilige, wie zum Beispiel Don Bosco, Ignatius von Loyola, … haben genau deshalb betont, wie wichtig die tägliche Betrachtung der Geheimnisse Jesu ist! Gewiss, wenn wir zu der Episode aus dem Evangelium zurückkehren, dann könnte man denken, dass es für die Apostel nicht schlecht war, Jesus zu „wecken“, der den Sturm zum Stillstand brachte. Doch mehr noch als ihrem erschreckten Bitten, sollten wir den Worten Jesu besonderer Aufmerksamkeit widmen: „Warum habt ihr solche Angst, ihr Kleingläubigen?“.
Es sind Worte, die auch für uns äußerst aktuell sind. Sie haben die Macht, wenn wir sie im Glauben aufnehmen, jede Art von Angst zu vertreiben, die angesichts des Unbekannten, des Unvorhergesehenen, des Unbeherrschbaren …angesichts all dessen, was uns zu überfluten und zu ertränken scheint, in uns aufsteigt.
Auch wenn Jesus „schläft“, verändert seine Gegenwart unsere Leben radikal, wenn wir glauben! Wenn wir eine Prüfung im Glauben an Jesus ertragen, dann stürzt sie, den Glaubenden, auch wenn sie in der Zeit weiter besteht, nicht in den Abgrund der Unruhe und der Verzweiflung, sondern sie reinigt und heiligt ihn: „Deshalb seid ihr voll Freude, obwohl ihr jetzt vielleicht kurze Zeit unter mancherlei Prüfungen leiden müsst. Dadurch soll sich euer Glaube bewähren und es wird sich zeigen, dass er wertvoller ist als Gold, das im Feuer geprüft wurde und doch vergänglich ist. So wird (eurem Glauben) Lob, Herrlichkeit und Ehre zuteil bei der Offenbarung Jesu Christi.“ (1 Pt 1, 6-7)
Im Tabernakel ist Jesus wie ein Schlafender, doch seine Allmächtigkeit schläft nie und weckt in den Herzen derer, die ihn verehren, Wellen der Liebe und des Friedens, die allen „Wellen“ des Bösen entgegenströmen und sie beruhigen. Wenn wir den Herrn Jesus verehren, wie es die Jungfrau Maria getan hat, dann erfahren wir als Christen, dass er, auch wenn er „schläft“, die Welt und unser Herz regiert! (Fidesdienst, 26/11/2006)


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