VATIKAN - Papst Benedikt XVI. in Paris und Lourdes (8) - „Als Nachfolger der Apostel stellt Ihr Christus an der Spitze der Euch anvertrauten Diözesen dar … Das christliche Volk soll Euch mit Zuneigung und Respekt begegnen“

Mittwoch, 17 September 2008

Lourdes (Fidesdienst) – Am Nachmittag des 14. September traf Papst Benedikt XVI. die französischen Bischöfe im Hemicycle Sainte-Bernadette in Lourdes. Es folgen Ausschnitte aus der Ansprache des Papstes:

Ich ermutige Euch, Eure Arbeit in Einheit und Vertrauen fortzusetzen, in voller Gemeinschaft mit Petrus, der gekommen ist, Euren Glauben zu stärken. …Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um gemeinsam mit Euch über einige Themen nachzudenken, die, wie ich weiß, im Zentrum Eurer Aufmerksamkeit stehen.
„Als Nachfolger der Apostel stellt Ihr Christus an der Spitze der Euch anvertrauten Diözesen dar, und Ihr bemüht Euch, in ihnen das vom heiligen Paulus vorgezeichnete Bild des Bischofs zu verwirklichen; auf diesem Weg müßt Ihr stets wachsen… Das christliche Volk soll Euch mit Zuneigung und Respekt begegnen. …Eure vor allem geistliche Sendung besteht also darin, die notwendigen Bedingungen dafür zu schaffen, daß die Gläubigen – und ich zitiere erneut den heiligen Ignatius – „mit einer Stimme durch Jesus Christus dem Vater lobsingen“ können und auf diese Weise ihr Leben zu einer Opfergabe für Gott machen.“
Ihr seid zu Recht überzeugt davon, daß die Katechese von grundlegender Bedeutung ist, um in jedem Getauften den „Geschmack an Gott“ und das Verständnis für den Sinn des Lebens wachsen zu lassen. Die zwei wichtigsten Mittel, die Euch zur Verfügung stehen, der Katechismus der Katholischen Kirche und der Katechismus der Bischöfe Frankreichs, sind wertvolle Hilfen. Sie bieten eine harmonische Synthese des katholischen Glaubens und erlauben, das Evangelium in einer wirklichen Treue zu seinem Reichtum zu verkünden. Katechese ist nicht zuerst eine Sache der Methode, sondern des Inhalts…Eine sorgfältige Vorbereitung der Katecheten wird eine unverkürzte Weitergabe des Glaubens ermöglichen, nach dem Vorbild des heiligen Paulus, dem größten Katecheten aller Zeiten, auf den wir während dieses 2000-Jahr-Jubiläums seiner Geburt mit besonderer Bewunderung blicken.“
„Um diese Aufgabe wirksam zu erfüllen, braucht Ihr Mitarbeiter. Aus diesem Grund verdienen es die Berufungen zum Priestertum und zum geweihten Leben, mehr denn je ermutigt zu werden…Der Bischof und die Gemeinschaften der Gläubigen müssen, insoweit es sie betrifft, die Berufungen zum Priestertum und zum geweihten Leben fördern und annehmen und sich auf die vom Heiligen Geist geschenkte Gnade stützen, um die notwendige Unterscheidung hinsichtlich ihrer Berufung vorzunehmen. Ja, liebe Mitbrüder im Bischofsamt, hört nicht auf, zum Priestertum oder zum geweihten Leben einzuladen, genauso wie Petrus auf Geheiß des Meisters seine Netze auswarf, obwohl er die ganze Nacht gearbeitet hatte, ohne etwas zu fangen“
„Man wird nicht oft genug wiederholen können, daß das Priestertum für die Kirche unentbehrlich ist, im Interesse der Laien selbst. Die Priester sind ein Geschenk Gottes an die Kirche. In dem, was die ihnen eigene Sendung betrifft, können die Priester ihre Aufgaben nicht den Gläubigen übertragen. Liebe Brüder im Bischofsamt, ich lade Euch ein, weiterhin fürsorglich Euren Priestern zu helfen, in einer tiefen inneren Einheit mit Christus zu leben. Ihr geistliches Leben ist das Fundament ihres Apostolats…Wendet Eure Aufmerksamkeit ihrer menschlichen, intellektuellen und spirituellen Bildung zu sowie auch ihrem materiellen Unterhalt…Die Priester brauchen Euer Wohlwollen, Eure Ermutigung und Eure Fürsorge.“
„Der liturgische Gottesdienst ist der höchste Ausdruck des priesterlichen und bischöflichen Lebens wie auch der katechetischen Unterweisung. Eure Aufgabe der Heiligung der Gläubigen, liebe Brüder, ist unerläßlich für das Wachstum der Kirche. Im Motu Proprio Summorum Pontificum wurde ich dazu geführt, die Bedingungen für die Ausübung dieser Aufgabe zu präzisieren im Hinblick auf die Möglichkeit der Benutzung sowohl des Meßbuchs des seligen Johannes XXIII. (1962) als auch des Meßbuchs Papst Pauls VI. (1970). Einige Früchte dieser neuen Anordnungen haben sich schon gezeigt, und ich hoffe, daß die unerläßliche Beruhigung der Gemüter Gott sei Dank voranschreitet. Ich kann die Schwierigkeiten ermessen, denen Ihr begegnet, aber ich zweifle nicht daran, daß Ihr in absehbarer Zeit zu für alle befriedigenden Lösungen gelangen könnt, damit das nahtlose Gewand Christi nicht weiter zerrissen wird. Niemand ist in der Kirche überflüssig. Jeder, ohne Ausnahme, muß sich in ihr „zu Hause“ und niemals abgewiesen fühlen. Gott, der alle Menschen liebt und nicht will, daß einer von ihnen verloren geht, vertraut uns diese Sendung an und macht uns zu den Hirten seiner Schafe. Wir können ihm nur danken für die Ehre und das Vertrauen, das er uns entgegenbringt. Bemühen wir uns daher, stets Diener der Einheit zu sein!“
„Es gibt ein Problem, das überall von besonderer Dringlichkeit ist: die Situation der Familie….Seit mehreren Jahrzehnten haben in verschiedenen Ländern Gesetze die Natur der Familie als Urzelle der Gesellschaft relativiert. Oft versuchen die Gesetze eher, sich den Lebensgewohnheiten und Forderungen von Einzelpersonen oder Sondergruppen anzupassen, als das Gemeinwohl der Gesellschaft zu fördern… Indessen lehrt die Erfahrung, daß die Familie das feste Fundament ist, auf dem die gesamte Gesellschaft ruht. Darüber hinaus weiß der Christ, daß die Familie auch die Keimzelle der Kirche ist. …Die Kirche will der ihr von ihrem Gründer, unserem Meister und Herrn Jesus Christus, anvertrauten Sendung unverbrüchlich treu bleiben. Sie hört nicht auf, mit Ihm zu wiederholen: „Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen!“ (Mt 19,6). Die Kirche hat sich diese Sendung nicht selbst gegeben: sie hat sie empfangen. Sicher kann niemand das Vorhandensein manchmal sehr schmerzlicher Prüfungen leugnen, die einige Familien durchmachen. Diese Familien in Schwierigkeiten müssen begleitet werden, es muß ihnen geholfen werden, die Größe der Ehe zu verstehen, und sie müssen ermutigt werden, den Willen Gottes und die Gebote des Lebens, die er uns gegeben hat, nicht zu relativieren. Besonders schmerzlich ist, wie wir wissen, das Problem der wiederverheirateten Geschiedenen. Die Kirche, die sich dem Willen Christi nicht widersetzen kann, hält unverbrüchlich an dem Prinzip der Unauflöslichkeit der Ehe fest, bringt aber zugleich große Zuneigung denjenigen Männern und Frauen entgegen, denen es aus verschiedenen Gründen nicht gelingt, es zu befolgen. Deshalb können Initiativen, die die Segnung von illegitimen Verbindungen anstreben, nicht zugelassen werden“.
„Ich weiß sehr wohl, liebe Brüder, daß die Jugendlichen im Zentrum Eurer Sorgen stehen…Obwohl sie in einer Welt leben, die sie hofiert und ihren niedrigen Instinkten schmeichelt, und sie auch selbst die große Last eines schwer anzunehmenden Erbes tragen, bewahren die Jugendlichen eine Frische des Geistes, die meine Bewunderung hervorgerufen hat. Ich habe an ihr Verantwortungsbewußtsein appelliert und sie eingeladen, sich stets auf die Berufung zu stützen, die Gott ihnen am Tag ihrer Taufe geschenkt hat.“
„Denn ich bin überzeugt, daß die Nationen nie akzeptieren dürfen, daß das, was ihre eigene Identität ausmacht, verschwindet. Die Tatsache, daß die verschiedenen Mitglieder einer Familie denselben Vater und dieselbe Mutter haben, bedeutet nicht, daß sie sich nicht voneinander unterscheiden: in Wirklichkeit sind es Personen mit einer je eigenen Individualität. Das gleiche gilt für die Länder, die darüber wachen müssen, ihre eigene Kultur zu bewahren und zu entwickeln, ohne sie je von anderen vereinnahmen oder in einer farblosen Einförmigkeit untergehen zu lassen….In dieser Hinsicht wird die Hervorhebung der christlichen Wurzeln Frankreichs jedem Bewohner dieses Landes erlauben, besser zu verstehen, woher er kommt und wohin er geht. Folglich muß im Rahmen der bestehenden Institutionen und unter voller Achtung der geltenden Gesetze ein neuer Weg gefunden werden, um im Alltag die grundlegenden Werte, auf denen die Identität der Nation aufgebaut ist, auszulegen und zu leben. …Dank einer gesunden Zusammenarbeit zwischen den politisch Verantwortlichen und der Kirche – durchgeführt im Bewußtsein und in der Achtung der Unabhängigkeit und Autonomie im jeweils eigenen Bereich – wird dem Menschen ein Dienst erwiesen, der auf seine volle persönliche und gesellschaftliche Entfaltung abzielt.“
„Die kürzlich stattgefundene Vollversammlung des Päpstlichen Rats für den Interreligiösen Dialog hat unterstrichen, daß ein echter Dialog als grundlegende Bedingungen eine gute Ausbildung derer erfordert, die ihn fördern, und eine klare Unterscheidungsgabe, um allmählich im Entdecken der Wahrheit voranzuschreiten. Der Zweck des ökumenischen sowie des interreligiösen Dialogs, die sich sicherlich ihrer Natur und ihrer jeweiligen Zielsetzung nach voneinander unterscheiden, ist die Suche und die Vertiefung der Wahrheit. Es handelt sich um eine edle und für jeden gläubigen Menschen verpflichtende Aufgabe, weil Christus selbst die Wahrheit ist. Das Bauen von Brücken zwischen den großen christlichen kirchlichen Traditionen und der Dialog mit anderen religiösen Traditionen erfordern ein reales Bemühen um gegenseitiges Kennenlernen, denn die Unkenntnis zerstört mehr als sie aufbaut.“
„Der Mensch hat es immer nötig, befreit zu werden von seinen Ängsten und Sünden. Der Mensch muß unaufhörlich lernen oder wieder lernen, daß Gott nicht sein Feind ist, sondern sein gütiger Schöpfer. Der Mensch braucht das Wissen, daß sein Leben einen Sinn hat und daß er am Ende seines irdischen Daseins erwartet wird, um auf ewig an der Herrlichkeit Christi im Himmel teilzuhaben. Eure Sendung besteht darin, den Eurer Sorge anvertrauten Teil des Gottesvolkes zur Erkenntnis dieses herrlichen Zieles zu führen.“ (SL) (Fidesdienst, 17/09/2008)


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