VATIKAN - Papst Benedikt XVI. in den USA - „Die Förderung der Menschenrechte bleibt die effektivste Strategie um Ungleichheiten zwischen Ländern und sozialen Gruppen zu beseitigen und um die Sicherheit zu erhöhen.“

Montag, 21 April 2008

New York (Fidesdienst) - Nach dem Empfang bei UNO-Generalsekretär, Ban Ki-moon und beim Vorsitzenden der UN-Generalversammlung Kerim Srgjan und bei den Vertretern der 192 Mitgliedsländer, hielt Papst Benedikt XVI. eine Ansprache an die Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York. „Die Gründungsprinzipien der Organisation - der Wunsch nach Frieden, der Sinn für die Gerechtigkeit, der Respekt der Würde der Person, humanitäre Kooperation und Beistand - sind der Ausdruck richtiger Bestrebungen des menschlichen Geistes und stellen jene Ideale dar, die den internationalen Beziehungen zu Grunde liegen sollten.“, so der Papst zu Beginn seiner Ansprache und betonte: „ es handelt sich es dabei um Themen, die die Katholische Kirche und der Heilige Stuhl mit Aufmerksamkeit und Interesse verfolgen“.
Papst Benedikt XVI. stellte sodann fest, dass man in den heutigen Tagen „das offensichtliche Paradox eines multilateralen Konsenses“ erfährt, „der aufgrund seiner Unterordnung unter die Entscheidungen von wenigen in der Krise bleibt, während die Probleme der Welt, von Seiten der internationalen Gemeinschaft, Eingriffe in Form kollektiver Aktionen erfordern“. Und betonte: „Sicherheitsfragen, Entwicklungsziele, Verringerung der lokalen und globalen Ungleichheiten, Schutz der Umwelt, der Ressourcen und des Klimas verlangen, dass alle internationalen Verantwortlichen gemeinsam handeln und die Bereitschaft zeigen in gutem Glauben zu arbeiten, in Respekt vor dem Gesetz, um die Solidarität den schwächsten Regionen des Planeten gegenüber zu fördern.“ Dabei erinnerte der Papst insbesondere an „jene Länder Afrikas und anderer Erdteile, die am Rande einer echten, vollständigen Entwicklung bleiben und daher die Gefahr laufen, nur die negativen Effekte der Globalisierung zu erfahren.“
Im Kontext der internationalen Beziehungen sei es mehr denn je notwendig „das Gemeinwohl zu fördern und damit die menschliche Freiheit zu verteidigen“. „Diese Regeln“, so der Papst weiter, „begrenzen die Freiheit nicht. Im Gegenteil, sie fördern sie, wenn sie Verhaltensweisen verbieten, die gegen das Gemeinwohl verstoßen, die seine tatsächliche Ausübung behindern und daher die Würde einer jeden menschlichen Person kompromittieren. Im Namen der Freiheit muss es eine Wechselbeziehung zwischen Rechten und Pflichten geben, durch die eine jede Person aufgerufen ist, Verantwortung für die eigenen Entscheidungen zu übernehmen, die sie getroffen hat unter Berücksichtigung der mit anderen geknüpften Beziehungen.“. Papst Benedikt XVI. erinnerte insbesondre an die Verwendung „der Ergebnisse der wissenschaftlichen Recherche und der technologischen Fortschritte“ „Trotz der riesigen Vorteile“, die die Menschheit aus ihnen ziehen kann“ betonte der Papst, „stellen einige Aspekte ihrer Anwendung eine klare Verletzung der Schöpfungsordnung dar, bis hin zu dem Punkt, dass nicht nur dem heiligen Charakter des Lebens widersprochen wird, sondern dass die menschliche Person selbst und die Familie ihrer natürlichen Identität beraubt werden“. Des Weiteren erwähnte der Papst Anerkennung der Einheit der Menschheitsfamilie und das Prinzip der Schutzverantwortung.“ Jeder Staat hat die vorrangige Pflicht die eigene Bevölkerung vor schweren und dauernden Verletzungen der Menschenrechte zu schützen“, so der Papst, „wie auch vor den Folgen humanitärer Krisen, die sowohl von der Natur wie auch vom Menschen verursacht werden. Wenn die Staaten nicht in der Lage sind jenen Schutz zu garantieren, muss die internationale Gemeinschaft mit den rechtlich von der Charta der Vereinten Nationen und anderen internationalen Übereinkommen vorgesehenen Mitteln eingreifen… es sind die Gleichgültigkeit oder das Nichteingreifen, die tatsächlichen Schaden verursachen. Es bedarf einer vertieften Suche nach Möglichkeiten um Konflikten vorzubeugen und sie zu kontrollieren, indem alle Mittel genutzt werden, über die die Diplomatie verfügt und indem auch den schwächsten Zeichen des Dialogs und des Versöhnungswillens Aufmerksamkeit und Ermutigung geschenkt wird“
Die Gründung der Vereinten Nationen ging mit der tiefen Empörung einher, „die die Menschheit erfahren hat als der Bezug zur Bedeutung der Transzendenz und natürlichen Vernunft aufgeben wurde und folglich die Freiheit und die Würde des Menschen schwer verletzt wurden.“ In diesem Zusammenhang erinnerte der Papst an den 60. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte: „Das Dokument ist Ergebnis einer Übereinstimmung religiöser und kultureller Traditionen, die alle vom selben Wunsch erfüllt waren, die Person in die Mitte der Institutionen, Gesetze und Eingriffe der Gesellschaft zu stellen und sie als wesentlich für die kulturelle, religiöse und wissenschaftliche Welt anzusehen. Die Menschenrechte werden immer mehr als gemeinsame Sprache und ethisches Substrat der internationalen Beziehungen dargestellt. Zugleich dienen die Universalität, die Unteilbarkeit und die gegenseitige Abhängigkeit der Menschenrechte als Garantien für die Wahrung der Menschenwürde. Es ist offensichtlich, dass die in der Erklärung anerkannten und ausgeführten Rechte auf jeden Menschen aufgrund des gemeinsamen Ursprungs der Person angewendet werden, die für die Welt und die Geschichte der zentrale Punkt des Schöpfungsplanes Gottes bleibt. Diese Rechte haben ihre Grundlage im Naturrecht, das in das Herz des Menschen eingeschrieben ist und in den verschiedenen Kulturen und Zivilisationen gegenwärtig ist. Die Menschenrechte aus diesem Kontext herauszulösen würde bedeuten ihre Reichweite zu begrenzen und einer relativistischen Auffassung nachzugeben, derzufolge Bedeutung und Interpretation dieser Rechte variieren könnten und derzufolge ihre Universalität im Namen kultureller, politischer, sozialer und sogar religiöser Vorstellungen verneint wird. Die große Vielfalt der Sichtweisen ist kein Grund um zu vergessen, dass nicht nur die Rechte universal sind, sondern auch die menschliche Person, die das Subjekt dieser Rechte ist“.
Sodann ermutigte der Papst den Schutz der Menschenrechte, denn „die Förderung der Menschenrechte bleibt die effektivste Strategie um Ungleichheiten zwischen Ländern und sozialen Gruppen zu beseitigen und um die Sicherheit zu erhöhen“. Und forderte dazu auf, „die Anstrengungen dem Druck gegenüber zu verdoppeln, die Fundamente der Erklärung neu zu interpretieren und ihre innere Einheit zu kompromittieren, so dass ein sich Entfernen vom Schutz der Menschenwürde erleichtert wird, um einfache Interessen zu befriedigen, oft partikulare Interessen.“
„Die Erfahrung lehrt uns“, so Papst Benedikt XVI. „dass sich die Gesetzlichkeit oft der Gerechtigkeit gegenüber durchsetzt, wenn das Beharren auf Rechte diese als ausschließliches Ergebnis legislativer Maßnahmen oder normativer Entscheidungen der Einrichtungen derjenigen erscheinen lässt, die an der Macht sind. Wenn sie bloß in Begriffen der Gesetzlichkeit dargestellt werden, laufen Rechte Gefahr, schwache Aussagen zu werden, die von der ethischen und rationalen Dimension gelöst sind, die ihr Fundament und Ziel ist. Die Allgemeine Erklärung hat im Gegenteil die Überzeugung gestärkt, dass der Respekt der Menschenrechte vor allem in der unwandelbaren Gerechtigkeit verwurzelt ist, auf der sich auch die verpflichtende Kraft der internationalen Proklamationen stützt“ und betonte in diesem Zusammenhang, „Menschenrechte müssen daher als Ausdruck der Gerechtigkeit respektiert werden und nicht bloß weil sie aufgrund des Willens des Gesetzgebers durchsetzbar sind“.
Eine fest in der religiösen Dimension verankerte Lebenssicht könne helfen, „diese Ziele zu erreichen, da das Erkennen des transzendenten Wertes eines jeden Mannes und einer jeden Frau die Umkehr des Herzens begünstigt, die dann zu einem Verhalten führt, Gewalt, Terrorismus und Krieg zu widerstehen und Gerechtigkeit und Frieden zu fördern. Dies liefert auch genau den Kontext für jenen interreligiösen Dialog, den die Vereinten Nationen zu unterstützen aufgerufen sind, wie sie auch den Dialog in anderen Bereichen menschlichen Handelns unterstützen. … Andererseits können die Vereinten Nationen auf die Ergebnisse des Dialogs zwischen den Religionen zählen und Nutzen aus der Bereitschaft der Gläubigen ziehen, ihre eigenen Erfahrungen in den Dienst des Gemeinwohls zu stellen. Ihre Aufgabe ist es, eine Vision des Glaubens nicht in Begriffen der Intoleranz, der Diskriminierung und des Konflikts anzubieten, sondern in Begriffen vollständigen Respekts vor der Wahrheit, der Koexistenz, der Rechte und der Versöhnung.“
Abschließend betont der Papst, dass „die Menschrechte das Recht der Religionsfreiheit umfassen müssen, verstanden als Ausdruck einer zugleich individuellen als auch gemeinschaftlichen Dimension - eine Vision, die die Einheit der Person ausdrückt, auch wenn sie klar zwischen der Dimension des Bürgers und der des Gläubigen unterscheidet.… Es ist daher unbegreiflich, dass Gläubige einen Teil von sich unterdrücken müssen - ihren Glauben - um aktive Bürger zu sein. Es sollte niemals erforderlich sein, Gott zu verleugnen, um in den Genuss der eigenen Rechte zu kommen. Die mit der Religion verbundenen Rechte sind um so schutzbedürftiger, wenn sie als zu einer säkularen Ideologie oder zu religiösen Mehrheitspositionen exklusiver Art gegensätzlich angesehen werden.“
Papst Benedikt XVI. äußerte schließlich die Hoffnung, „dass die Organisation immer mehr als Zeichen der Einheit zwischen den Staaten und als Instrument des Dienstes an der gesamten Menschheitsfamilie nützen kann“ und in diesem Umfeld sei die Kirche bemüht, „die eigene Erfahrung „der Menschlichkeit“ einzubringen, über Jahrhunderte zwischen den Völkern aller Rassen und Kulturen entwickelt, und sie allen Mitgliedern der internationalen Gemeinschaft zur Verfügung zu stellen. (SL) (Fidesdienst, 21/04/2008 - 116 Zeilen, 1.336 Worte)


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