VATIKAN - SPEZIAL - DIE WORTE DER GLAUBENSLEHRE - Von Don Nicola Bux und Don Salvatore Vitiello - Verkündigung, Bekehrung und Mission. Drei Schlüsselwörter der „lehrmäßigen Note zu einigen Aspekten der Evangelisierung“ der Kongregation für die Glaubenslehre

Freitag, 14 Dezember 2007

Vatikanstadt (Fidesdienst) - Gegeben zu Rom, den 3. Dezember 2007 “dem Gedenktag des heiligen Franz Xaver, Patron der Mission” wurde heute die „Lehrmäßigen Note zu einigen Aspekten der Evangelisierung“ veröffentlicht. Kurz in der Form, mit nur 13 Punkten, greift die Note einige delikiate und wesentliche Probleme für die Mission der Kirche in den aktuellen geschichtlichen und kulturellen Umständen auf.
Beginnend mit der universellen Gültigkeit der missionarischen Sendung von Christus an die Apostel und an die gesamte Kirche: “Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch” (Joh. 20,21), wird sofort in der Einführung hervorgehoben, wie “ jedes Tun der Kirche eine grundlegende evangelisierende Dimension hat und nie von dem Bemühen getrennt werden darf, allen zu helfen, Christus im Glauben zu begegnen (Nr. 2).
Im Bewusstsein der wachsenden Verwirrung der zeitgenössischen Kultur, die meint, “dass jeder Versuch, andere in religiösen Fragen zu überzeugen, die Freiheit einschränke” (nr. 3), will die Note “ einige Aspekte in der Beziehung zwischen dem Missionsauftrag des Herrn und der Achtung des Gewissens und der Religionsfreiheit aller Menschen” zu klären (ebd.). Dies offensichtlich, weil die relativistische Auffassung des “Gewissensurteils”, das von einigen als absolut von der Wahrheit und der Möglichkeit des Menschen, zur Wahrheit zu gelangen, getrennt angesehen wird, die Mission bremst, sie an der Wurzel entmutigt und weil sie in gewisser Weise ihre Endstation erreicht hat.
Der Text ist in drei Teile untergliedert und untersucht die anthropologischen, ekklesiologischen und ökumenischen Implikationen der Mission der Kirche.
Von besonderem Interesse erscheint die Analyse der anthropologischen Implikationen. Unter Zitierung der Enzyklika "Fides et ratio” von Johanne Paul II, will sie die Fähigkeit des Menschen, mit der Wirklichkeit in Beziehung zu treten, wieder ins rechte Licht rücken: der Mensch ist fähig, die Wirklichkeit zu erkenne, zur Wahrheit zu gelangen und es ist seine moralische Pflicht und auch ein ununterdrückbares Bedüfnis, diesen Weg zu gehen. Zentral in der ganzen Argumentation ist die Rolle der Freiheit, die beschireben wird als “eine Gabe und eine Herausforderung, die der Schöpfer dem Menschen angeboten hat. Diese Gabe richtet sich an seine Fähigkeit, das zu erkennen und zu lieben, was gut und wahr ist” (Nr. 4). In dieser Hinsicht wir die relativistische Position veruruteilt, die annimmt, anderen klar und überzeugt, legitim und argumentiert das anzubieten, was man selbst für wahr hält, sei ein “Angriff auf die Freiheit des anderen” (ebd.)
Diese relativistischen Positionen scheinen nicht nur die westliche Gesellschaft zu betreffen. “Auch manche aus dem Orient stammende Lebensanschauungen entgehen nicht diesem Vorbehalt. In ihnen wird nämlich der Wahrheit ihr Exklusivcharakter abgesprochen. Dabei geht man von der Annahme aus, dass die Wahrheit in verschiedenen, ja sogar einander widersprechenden Lehren gleichermaßen in Erscheinung trete” (ebd.). Wie bekannt, kennt der Osten das aristotelische Prinzip des Widerspruchs nicht (A ist A und nicht B), während es scheint, dass man es im Westen vergessen habe, wo man die erkennende Fähigkeit des Menschen drastisch reduziert. So werden, wenn auch auf indirekt Weise, die verschiedenen Methoden der Erkenntnis der menschlichen Vernunft wieder vorgeschlagen im Bewusstsein, dass die wissenschaftliche Erkenntnis nicht die einzige Möglichkeit des Zugangs zur Wirklichkeit ist. Neben ihr steht notwendigerwiese die philosophische Erkenntnis, und vor allem die Methode der moralischen Gewissheit, mit der man jenen Erkenntnis-Glauben erreicht, der die Fähigkeit ist, sich selbst und das eigene Leben einem anderen Menschen anzuvertrauen; eine Fähigkeit, die einen “der anthropologisch gewichtigsten und ausdrucksstärksten Akte” darstellt, denn “die Wahrheit muss aber auf eine Weise gesucht werden, die der Würde der menschlichen Person eigen ist” (Nr. 5)
Zentral beim Gedanken der Evangelisierung aber auch wichtige Regel des Zusammenlebens der Völker, ist die Gewissheit, dass sich die Wahrheit nur kraft der Wahrheit selbst durchsetzt (vgl. Dignitatis humanae, Nr. 3), denn gerade diese Kraft bestimmt im Laufe der Zeit den Weg und den Sieg des Wahren, Rechten und Guten; ein Sieg, der vor allem im Herzen des Menschen erreicht wird, der dazu geschaffen ist, die Wahrheit zu erkenne und ihr zu folgen. “Den Verstand und die Freiheit einer Person ehrlich zur Begegnung mit Christus und seinem Evangelium aufzufordern, ist daher ihr gegenüber keine ungebührende Einmischung, sondern ein rechtmäßiges Angebot und ein Dienst, der die Beziehungen zwischen den Menschen fruchtbarer machen kann” (Nr. 5).
Die Einladung ist klar und deutlich: man muss dazu zurückkehren, Christus, den menschgewordenen Gottessohn und einzigen Erlöser, mit evangelischer Freimut und Treue zu verkünden, ohne unbegründete Ängste und im Vertrauen darauf, dass die Kraft und die Wahrheit des Herrn den Weg der Gedanken und der Herzen dazu leiten werden, die einzig Wahrheit zu erkenne und anzunehmen, die wirklich dem Herzen des Menschen entspricht.
Vor allem muss für die Christen klar sein - und dann auch für die anderen Menschen - das Bewusstsein, dass “der Eintritt in seine Kirche die menschliche Freiheit nicht vermindert, sondern sie erhöht und zu ihrer Vollendung bringt” (Nr. 7) und so immer wieder neu jenes Verhalten der antievangelischen Schüchternheit überwindet, dass die Gläubigen teilweise davon abhält, mit den Brüdern das zu teilen, was sie selbst und die Kirche als Wertvollstes besitzen: Christus selbst.
In der Note ist diesbezüglich grandios der Hinweis auf die Methode der Evangelisierung: neben der öffentlichen Verkündigung der Kirche verliert das persönliche Zeugnis und vor allem die Freundschaft nie an Bedeutung. Wenn das Christentum die Begegnung mit einem Ereignis, einer Person sit, die dem Leben einen neuen Horizont und damit eine entschiedende Richtung gibt (vgl. Deus Caritas est Nr. 1), dann stellt die Freundschaft Jesu zu den Aposteln, die sich bis zu uns heute weiterträgt, die Methode der Evangelisierung dar, bis hin zur glücklichen Synthese, die in den unter den Elementen unseres Glaubens jenen sieht, eine Freundschaft zu sein, die sich weiterschenkt: vom Gottmenschen zum Menschen und von Person zu Person, bis zum Umarmen des ganzen menschlichen Geschlechtes. Auch die Dimension des Martyrium ist für Mission grundlegend. Es war in der Tat der Höhepunkt der Mission der Apostel und es bleibt “für alle Zeiten das grundlegende Modell der Evangelisierung” (Nr. 8)
Die ekklesiologischen Implikationen der Mission greifen auf einen immer wirksamen, aber in den letzten Jahrzehnten selbst in missionarischem Umfeld weniger gebräuchlichen Begriff zurück: die “Bekehrung”. Sie weist auf die Notwendigkeit hin, die Heiden zur Kirche zu führen und zeigt auch einen Wandel der Mentalität und des Handelns an, der beständig Gedanken und Taten erneuert und sie zur immer grösseren Identifikation mit Christus bringt (vgl. Nr. 9).
Es wird hervorgehoben, dass die Kirche keine “Machtgruppe” ist, die ihren Einfluss durch die Evangelisierung vergrössern will, sondern dass die Evangelisierung dess “Eintreten lassen in das Netz der Freundschaft mit Christus ist, das Himmel und Erde sowie verschiedene Kontinente und Epochen miteinander verbindet” (ebd). In sehr gelungener Form unterstreicht die Note daraufhin die Überwindung jeder “reichszentrischen” Konzeption und wiederholt dass “das Reich Gottes vor allem eine Person ist, die das Antlitz und den Namen Jesu von Nazaret hat” (ebd.)
So wird eine wichtige Unterschiedung eingeleitet zwischen religiösem Pluralismus “de iure” und religiösem Pluralismus “ de facto”. Während es eine unanfechtbare Tatsache ist, dass die Religionsfreiheit eine soziale und geschichtliche Notwendigkeit ist und eine Folge der Tatsache, dass die Wahrheit nicht aufgezwungen werden kann sondern sich von Menschen im Inneren seines Gewissenszu eigen gemacht werden muss, so ist es doch nicht “per principio” annehmbar, dass sie als ein Ausdruck der Unfähigkeit des Menschen angesehen wird, die Wahrheit zu finden und somit als illegitime Kanonisierung des religiösen Realtivismus gilt (vgl. Nr. 10, Note 32).
Legitimer religiöser Pluralismus ist nie das Synonym von religiösem Relativismus: jede religiöse Tradition hat die Pflicht, sich selbst an der Wahrheit und an den grundlegenden und universellen bedürfnissen des menschlichen Herzens zu messen und muss letztendlich die kritische Schwelle der Vernunft überschreiten, verstanden als Offenheit für das Mysterium und nicht als Massstab aller Dinge.
Die Evangelisierun ist also eine unverzichtbare Pflicht der Christen und zugleich “ auch ein unveräußerliches Recht, eben ein Ausdruck der religiösen Freiheit, die ihre entsprechenden ethisch-sozialen und ethisch-politischen Dimensionen hat” (Nr. 10), im Bewusstsein, dass auch das schönste christliche Zeugnis unwirksam sein wird, wenn es nicht erklärt, ergründet und “durch eine klare und eindeutige Verkündigung des Herrn Jesus entfaltet wird” (Nr. 11)
Es ist also an der Zeit ndie falschen Überzeugungen zu überwinden, denen gemäß der Nichtgläubige, der anscheinend ein guted Leben führt, keinen anderen Pflichten nachzukommen brauche: das erste Gebot bleibt für alle Menschen gültig und die “Sünde” des Ungläubigen ist gerade der Ungehorsam dem “Du sollst keine anderen Götter neben mir haben” gegenüber.
Unter den wichtigen ökumenischen Implikationen der Evangelisierung wird letztendlich die Ausgrenzung einer jeglichen Form von Ununterschiedenheit oder Konfusion zwischen Katholiken und anderen chrisltichen Konfessionen ins Licht gerückt. Ebenfalls wurden hingegen gebührend hervorgehoben all jene Formen von Erkenntnis, theologischer Diskussion, Zeugniss und Verkündigung, die einen wahren Austausch von Ideen und Gaben darstellen.
Der Weg des Ökumenismus und des interreligiösen Dialogs wird durch die Evangelisierung und die Verkündigung des Herrn nicht gebremst, sondern eine klare Identität an Absichten, eine Konfrontierung frei von Vorurteilen und fähig die jeweiligen Gründe zu nennen, sind das, was am meisten jene freie Debatte favorisiert, die absolut notwendig ist für einen reellen Fortschritt im gegenseitigen Kennenlernen und im gemeinsamen Weg.
Die Note endet mit dem Bewusstsein, dass die Verkündigung den “allerersten Dienst, den die Christen jedem einzelnen Menschen und dem ganzen Menschengeschlecht leisten können” darstellt (Nr. 13).
Bitten wir, dass der Heilige Geist immer allen - Laien und Hirten - die Kraft gebe, Christus mit der Intelligenz, dem Großmut und der Wirksamkeit der “Freunde des Herrn” und dem Mut der Märtyrer zu verkünden, dem einzig wahren Massstab der Evangelisierung (Fidesdienst 14/12/2007; Zeilen 116, Worte 1560)


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