VATIKAN - Kardinal Tagle bei der Konferenz über die Weiterbildung der Priester: “Damit wir nicht zu Wölfen werden“

Dienstag, 6 Februar 2024 priester   bildung   dikasterium für evangelisierung   kardinal tagle  

Foto Paolo Galosi

Vatikanstadt (Fides) - Um nicht zu "Wölfen" zu werden, müssen die Hirten der Kirche "auf sich selbst aufpassen oder sich um sich und ihren Glauben kümmern“. „Es ist eine Frage der ständigen Weiterbildung", mit diesen Worten, die an den Apostel Paulus erinnern, umschrieb Kardinal Luis Antonio Tagle kurz und prägnant, dass jedes authentische priesterliche Leben ein Weg der Ausbildung ist, der nie abgeschlossen ist und immer offen dafür ist, durch das Werk der Gnade geformt und genährt zu werden.
Im Rahmen der Konferenz für die Weiterbildung der Priester, die am heutigen Dienstag, 6. Februar, im Vatikan eröffnet wurde, gab der Pro-Präfekt des Dikasteriums für Evangelisierung am ersten Sitzungstag wertvolle Denkanstöße.
„Die ständige Fortbildung der Priester", betonte Kardinal Tagle, "hat in erster Linie mit Demut zu tun“. "Es hat eine Tendenz gegeben, die bis heute anhält", räumte der Pro-Präfekt ein, "die 'Ausbildung' auf die Ausbildung im Priesterseminar zu beschränken. Das hat zu dem Missverständnis geführt, dass die Weihe das Ende der Ausbildung bedeutet. Nach der Ordination braucht ein Geistlicher keine Ausbildung mehr. Ich wurde geweiht, weil ich bereits ausgebildet war", sagen viele. „In einer solchen irreführenden Vorstellung", so Kardinal Tagle weiter, "bedeutet die Weihe kein Studium mehr, kein Gebet, keine geistliche Begleitung, keine Führung, kein einfacher Lebensstil, keine Disziplin mehr. Diese Dinge sind nur für Seminaristen. Ich bin bereits geweiht". In Wirklichkeit sei der priesterliche Stand kein "Besitz", der für immer erworben wird.
Und die geweihten Priester, so betonte der Kardinal in seiner Rede, müssten gerade in ihrem Zustand als geweihte Amtsträger weitergebildet werden: "Gerade weil wir zum Dienst an Gott und der Kirche geweiht sind, müssen wir uns ständig weiterbilden. Ich glaube, dass diese Demut den geweihten Amtsträgern helfen wird, neue Energie zu gewinnen und ein falsches Gefühl der Überlegenheit und des 'erworbenen Rechts' zu vermeiden. Die Kirche wird dann auch den qualitativ hochwertigen Dienst erhalten, den sie verdient“. In diesem Zusammenhang erinnerte der philippinische Kardinal an die Worte des heiligen Paulus in Ephesus, die in der Apostelgeschichte überliefert sind: „Gebt Acht auf euch und auf die ganze Herde, in der euch der Heilige Geist zu Vorstehern bestellt hat, damit ihr als Hirten für die Kirche des Herrn sorgt, die er sich durch sein eigenes Blut erworben hat! Ich weiß: Nach meinem Weggang werden reißende Wölfe bei euch eindringen und die Herde nicht schonen; und selbst aus eurer Mitte werden Männer auftreten, die mit ihren falschen Reden die Jünger auf ihre Seite ziehen.“ Um nicht zu "Wölfen" zu werden, kommentierte Kardinal Tagle, müssten die Hirten „auf sich selbst aufpassen oder sich um sich selbst und ihren Glauben kümmern. Dies ist eine Frage der ständigen Weiterbildung".
In seinem Vortrag wies der Pro-Präfekt des Dikasteriums für die Evangelisierung auch auf einige Dringlichkeiten hin, die nur durch Wege der ständigen Weiterbildung von Priestern wirksam angegangen werden können. Phänomene wie die "Tendenz, die eigene Kultur zu verabsolutieren und zu verherrlichen, mit der Folge, dass man den Angehörigen anderer Kulturen gegenüber feindselig und sogar gewalttätig ist“. Leider" so Kardinal Tagle, "sehen wir diese Haltung bei einigen geweihten Amtsträgern, die Bischöfe, Mitpriester, Ordensleute und Laien ablehnen, nur weil sie einer anderen ethnischen Gruppe oder sozialen Schicht angehören“. Ein "Gegenzeugnis zum Evangelium und ein Skandal für eine Welt auf der Suche nach Einheit", das die Dringlichkeit einer ständigen Weiterbildung verdeutlicht, um den geweihten Amtsträgern zu helfen, zu erkennen, dass es, wie der heilige Paulus im Brief an die Galater lehrt, „Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht männlich und weiblich; denn ihr alle seid einer in Christus Jesus“. "Wir müssen uns ständig weiterbilden und bekehren", betonte Kardinal Tagle, "um glaubwürdige und wirksame Vertreter der Gemeinschaft unter kulturell vielfältigen Menschen zu werden."
„Viele geweihte Amtsträger", betonte der Pro-Präfekt des Dikasteriums für Evangelisierung, "leben ihren Dienst in der Nähe von Menschen, die leiden, insbesondere von Opfern von Vorurteilen, Diskriminierung, Krieg, Menschenhandel und Flüchtlingen. Viele von ihnen haben in ihrer Not selbst den Verlust von Familienmitgliedern durch bewaffnete Konflikte erlebt. Einige sind zu Flüchtlingen geworden. Einige wurden durch Kriege und Diskriminierung traumatisiert. Einige tragen die lebendige Erinnerung an menschliche Brutalität in sich". Auch für sie gilt: "Lebenslanges Lernen muss die Wunden und den Schmerz aufarbeiten, die leicht zu Rachegefühlen, Zynismus und Hass führen können“. „Wie können wir", so fragte Kardinal Tagle, "den Verwundeten helfen, Akteure der Vergebung und Versöhnung zu werden, wenn ihre eigenen Wunden nach Rache verlangen? Der heilige Paulus fordert uns heraus, wenn er sagt: "Jetzt aber sollt auch ihr das alles ablegen: Zorn, Wut, Bosheit, Lästerung und schmutzige Rede, die aus eurem Munde kommt… Bekleidet euch also, als Erwählte Gottes, Heilige und Geliebte, mit innigem Erbarmen, Güte, Demut, Milde, Geduld!“
Mit den Priestern beschäftigt sich ab diesem Dienstag ein internationaler Kongress im Vatikan. Es geht um ihre dauernde Fortbildung; für die Organisation zeichnen die vatikanischen Behörden für Klerus, Evangelisierung und Ostkirchen verantwortlich. „Entfache die Gnade Gottes wieder, die dir zuteilgeworden ist“ (vgl. 2 Tim 1,6), heißt das Motto, das eine Ermunterung des hl. Paulus an Timotheus aufgreift. An der Konferenz nehmen etwa tausend Priester, Gottgeweihte und Laien aus über sechzig Ländern von fünf Kontinenten teil. Ausgangspunkt: ein Dokument über Priesterausbildung (die sogenannte „Ratio Fundametalis Institutionis Sacerdotalis“: „Das Geschenk der Berufung zum Priestertum“) von 2016.
(GV) (Fides 6/2/2024)


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