ASIEN/SYRIEN - Der entführte Franziskanerpater hatte Beschwerde beim Islamischen Gericht eingelegt

Mittwoch, 8 Oktober 2014

Knayeh (Fides) – P. Hanna Jallouf OFM hatte kurz vor seiner Entführung beim islamischen Gericht Anzeige wegen der Unterdrückungsmaßnahmen erstattet, zu denen es in den vergangenen Wochen gegen sein Kloster seitens der islamistischen Brigaden gekommen war, in deren Kontrolle sich die Region befindet. Dies teilen Beobachter aus kreisen der lokalen christlichen Gemeinde dem Fidesdienst mit. Die Umstände und andere Details der Ereignisse beschreiben die Bedingungen unter denen die Christen in Syrien leben, die trotz aller widrigen Umstände ihre Heimat nicht verlassen wollen, besser als jede Abhandlung.
Der Franziskanerpater wurde zusammen mit seinen Gemeindemitgliedern in der Nacht vom 5. auf den 6. Oktober von dschihadistischen Kämpfern aus dem christlichen Dorf Knayeh verschleppt.
Wie einheimische Beobachter berichten war es P. Jallouf während der vergangenen drei Jahre gelungen, die katholische Gemeinde aufrecht zu erhalten, auch nachdem das Territorium von den Rebellen erobert worden war. Die Region im Norden Syriens war, danach von den Dschihadisten des Islamischen Staates im Irak und Levante (ISIL) und später von den Brigaden der „Jabhat al-Nustra“ erobert worden. Unter den Assad-Gegnern – die sich oft untereinander blutige Kämpfe lieferten – war es zu ersten unterdrückenden Maßnahmen gegenüber den Einheimischen gekommen: es wurden Steuern verlangt, Eigentum beschlagnahmt und leerstehende Wohnungen besetzt.
Die Pfarrei und das Kloster blieben geöffnet und sie führten ihre Aktivitäten fort, obschon sie die Glocken nicht mehr läuten durften und Statuen und Bilder an den Außenwänden verhüllen mussten. P. Jallouf war es trotz aller Schwierigkeiten gelungen Kontakte mit den Milizionären aufrecht zu erhalten, um ein Mindestmaß an kirchlichen Aktivitäten zu garantieren. Alle fünf bis sechs Monate hatten er die von den Rebellen kontrollierten Gebiete auch kurzfristig verlassen – zuletzt vor zwei Monaten als er sich im Libanon einem chirurgischen Eingriff unterziehen musste – doch er kehrte immer wieder zurück um seine Mission fortzuführen. Auch die Schule blieb geöffnet, obschon sie sich den neuen Bestimmungen des islamistischen Regimes unterordnen musste.
In den letzten Wochen hatte sich die Situation zugespitzt. Es kam häufiger zu Beschlagnahmen und Plünderungen und dabei blieb auch das Kloster nicht verschont. Bewaffnete Gruppen besetzten Grundstücke und plünderten die Olivenernte und erließen neue Bestimmungen für das Frauenkloster. Daraufhin wandte sich der Franziskanerpater an das islamische Gericht – das in der Region für die Rechtssprechung nach islamischen Gesetzen zuständig ist – wo Beschwerde im Zusammenhang mit den unterdrückenden Maßnahmen einlegen wollte. Wenige Tage später wurde er zusammen mit seinen jungen Pfarrgemeindemitgliedern entführt.
“Nun” so ein Mitbruder von Pater Jallouf zum Fidesdienst, “wissen wir nicht, was wir tun sollen. Es gibt zu viele Gruppen, die autonom und unkontrolliert agieren. Es gibt keinen direkten Ansprechpartner. Das führt zu Chaos. Wir warten darauf, dass jemand mit uns Kontakt aufnimmt. Und wir beten dafür, dass unsere Freunde bald freigelassen werden”. (GV) (Fides 8/10/2014).


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