AFRIKA/SOMALIA - “Der somalische Fluch” bzw. die Unfähigkeit eine von Allen akzeptierte Führung zu finden: Grundübel der tragischen Instabilität

Mittwoch, 24 Juni 2009

Mogadischu (Fidesdienst)- “Somalia ist zu allererst Opfer seiner selbst, seiner Unfähigkeit eine allgemein akzeptierte Führung zu finden – ein Problem, das ich den “somalischen Fluch” nennen würde. Außerdem sind da die verschiedenen Einflüsse von ausländischen Mächten, die durch Unterstützung einiger lokaler Gruppen nur ihre eigenen Interessen vertreten”, erklärte Federico Battera gegenüber Fides. Battera arbeitet auf dem Gebiet der historischen und institutionellen Forschung in Afrika für die Fakultät für Politikwissenschaft der Universität Triest und befasst sich vor allem mit der somalischen Realität.
Aus Somalia erreichen uns immer wieder Nachrichten von Kampfhandlungen zwischen den Truppen der Übergangsregierung, die aus “gemäßigten” Moslems bestehen und von den Truppen der Afrikanischen Union unterstützt werden, und den extremistischen Kräften und insbesondere der Harakat Al-shabab Mujahideen -Bewegung. Bei dem schweren Bombenangriff, den die Regierungstruppen im Norden von Mogadischu, der Hauptstadt des Landes, verübt haben, starben ca. 30 Menschen. In Zentral-Somalia starben bei Kampfhandlungen zwischen Harakat Al-shabab Mujahideen -Anhängern und der der Übergangsregierung nahe stehenden Ahlu Sunna Waljama-Bewegung, weitere 35 Personen. “Die Ahlu Sunna Waljama, ist eine vor ca. 15 Jahren entstandene Gruppe innerhalb der Sufi-Bruderschaften, die den mystischen und im allgemeinen friedlichen Teil des Islam vertreten. Dies hat die Ahlu Sunna Waljama allerdings nicht daran gehindert zu den Waffen zu greifen und sich mit der Harakat Al-shabab Mujahideen zu konfrontieren, einer von der Ideologie her extremistischen Bewegung”, erklärte Battera. Es ergibt sich nun die Frage, ob sich über die althergebrachten Clan-Trennungen, die für die jüngste Geschichte Somalia s charakteristisch sind, ideologisch bedingte Motive gelegt haben, die für neue Spaltungen verantwortlich sind. “Die Antwort ist sehr komplex”, sagt Battera. “ Wenn es stimmt, dass die sog. 'Herrn des Krieges', die in Mogadischu seit Ankunft der islamistischen Kräfte das Sagen haben, in Begriffen wie Clan und Unter-Clan dachten, so ist es ebenso wahr, dass die Hauptsorge dieser Führer die Wahrung und möglichst Ausdehnung ihrer eigenen rechtmäßigen und unrechtmäßigen Geschäfte ist.
Das Erscheinen von ideologisch islamistisch geprägten Bewegungen auf der somalischen Bühne hatte die Möglichkeit der Findung eines einenden Faktors zur Überwindung des Clan-Denkens aufkommen lassen. Dies ist jedoch nicht geschehen, da über die Spaltungen innerhalb ein und derselben ideologischen Gruppe (zwischen “gemäßigten” und “extremistischen”) hinaus auch die traditionellen Spaltungsfaktoren in der somalischen Gesellschaft auftreten. Sobald eine neue leadership gewählt werden soll, kommt dies zum Ausbruch, und an dieser Stelle taucht dann auch die Clan-Logik mit all ihrer destabilisierenden Kraft auf.”
Battera fügt hinzu: Die Spaltungen, die die gewaltsamsten Konflikte hervorbringen, sind nicht etwa die zwischen verschiedenen Clans, sondern die innerhalb ein und desselben Clans, der wiederum in eine Vielzahl von Unter-Clans aufgeteilt ist.
Diese Spaltungen sind selbst in Somaliland, der friedlichsten Region des Landes zu spüren, das sich vom Rest Somalia s getrennt hat und für unabhängig erklärt hat.”
Kurz gesagt, hat die islamische Ideologie anstatt dazu zu helfen, dass die Teilungsfaktoren überwunden werden, die somalische Szene nur weiter kompliziert, da sie u.a. ausländischen Extremisten gestattet sich im Land niederzulassen und Waffen, Kämpfer und Geld einzuschleusen. Aber auch verschiedene afrikanische und andere Mächte bewegen ihre Schachfiguren bei Machtspielen, die nicht immer durchschaubar sind.
Die Destabilisierung Somalia s läuft Gefahr sich über die Landesgrenzen hinaus zu erstrecken, wie die ständigen Angriffe der somalischen Piraten und die Einfälle von bewaffneten somalischen Gruppen in Kenia , wo vor kurzem drei Mitarbeiter humanitärer Organisationen entführt wurden. Im November 2008 wurden in Kenia, nahe der somalischen Grenze zwei Schwestern der Kontemplativen Missionarischen Bewegung von P. de Foucauld in Cuneo (Italien) entführt und erst im Februar in Mogadischu freigelassen (vgl. Fidesdienst 2/2/2009). (L.M.) (Fidesdienst 24/7/2009).


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