AFRIKA/GUINEA BISSAU - Hintergrund: Guinea Bissau und Präsident Vieira

Montag, 2 März 2009

Bissau (Fidesdienst) – Staatspräsident Joao Bernardo Vieira, der am 2. März bei einem Militärputsch ermordet wurde, gehörte zu den Protagonisten der postkolonialen Geschichte von Guinea Bissau, dem insbesondere von wirtschaftlichen Schwierigkeiten und politischer Instabilität gekennzeichneten westafrikanischen Land.
Seit dem 15. Jahrhundert war Guinea Bissau portugiesische Kolonie und wurde erst 1973 nach einem in den 50er Jahren von Amilcar Cabral auf den Weg gebrachten Kampf unabhängig. Der aus den Kapverden stammende Poet und Schriftsteller Cabral organisierte eine Unabhängigkeitsbewegung mit der Gründung der PAI (Afrikanische Unabhängigkeitspartei), die seit 1960 Afrikanische Partei für die Unabhängigkeit von Guinea und Kapverden (PAIGC) hieß. Cabral, der von Kuba und der Sowjetunion unterstützt wird, wird auch von Papst Paul VI. empfangen: Der Papst ermutigt ihn, sich für die Sache Guineas einzusetzen und verärgert damit die portugiesische Regierung. Cabral wurde im Januar 1973 in Conakry ermordet: viele Missionare wurden damals ausgewiesen und beschuldigt mit der Unabhängigkeitsbewegung solidarisch gewesen zu sein.
Am 22. August 1973, nachdem die PAIGC das ganze Land unter ihre Kontrolle gebracht hat, werden mit Portugal Vereinbarungen unterzeichnet, in denen die Unabhängigkeit der ehemaligen Kolonie anerkannt wird. Den Platz Cabrals nimmt fortan Aristides Pereira ein. Nach dem Staatsstreich in Portugal im Jahr 1974 favorisiert Portugal die Unterzeichnung einer endgültigen Unabhängigkeitserklärung. Doch die Pläne eines einheitlichen Staats zwischen Guinea und den Kapverden scheitern: Pereira wird Präsident der Kapverden und in Guinea wird Luis Cabral, der Bruder Amilcars, Staatsoberhaupt.
Die ersten Schritte der Unabhängigkeit finden in einem Umfeld des totalen Verfalls statt: Hunger, Inflation, 95% Analphabeten, verheerende wirtschaftliche Verhältnisse, Korruption und Vetternwirtschaft kennzeichnen das Land. Luis Cabral wird 1980 durch einen Putsch des Revolutionsrates unter Leitung des ermordeten Präsidenten Joao Bernardo Vieira gestürzt. 1984 wurde der damalige Premierminister, Victor Saude Maria, des Putschversuchs verdächtigt. Vieira vereinigt die Ämter des Präsidenten und des Premierministers in einem einzigen Amt und erlässt eine neue Verfassung. 1986 werden der Staatsanwalt Viriato Pan und der Premierminister Paulo Correira ermordet, die mehr Demokratie gefordert hatten.
Im Juli 1994 finden die ersten Wahlen statt: Vieira wird von der Wahlkommission als Sieger bekannt gegeben, nachdem für die Bekanntgabe der Wahlergebnisse drei Monate benötigt wurden. Der Macht Vieiras fällt Kumba Yala zum Opfer– ein von der Opposition unterstützter Intellektueller – der eigentlich die meisten Stimmen erhalten hatte. Schwerwiegender Wahlbetrug und die Unterstützung für die „Stabilität“, die Frankreich, Italien, USA und Portugal leisten, erlauben es Vieira sich gegen den Volkswillen zum Sieger zu proklamieren. Im Juni 1998 leitet der Armeegeneral Ansumae Mané einen Aufstand der Soldaten, denen im Mai 1999 der Sturz Vieiras gelingt. Es folgt eine Militärjunta, die Präsidentschaftswahlen organisiert, die der historische Widersacher Vieiras, Kumba Yala gewinnt. Im September 2003 wird Kumba Yala, dessen Politik die Mehrheit seiner Anhänger enttäuschte, durch einen weiteren Staatstreich unter Leitung von General Verissimo Correira Seabra gestürzt. Provisorische Institutionen organisieren Präsidentschaftswahlen im Jahr 2005. Vieira, der sich als unabhängiger Kandidat aufstellen ließ, gewann bei der zweiten Wahlrunde. Doch die Instabilität hält an. Kurz nach den Parlamentswahlen am 16. November, greifen Soldaten am 23. November 2008 die Residenz des Präsidenten Joao Bernardo Vieira an und töten einen wachhabenden Soldaten, ein weiterer wird verletzt, während das Staatsoberhaupt unversehrt bleibt. Im August war ein anderer Putschversuch gescheitert. Im Januar dieses Jahres hatte es bereits Spannungen zwischen Soldaten und der Leibwache des Staatschers gegeben: nach einer bewaffneten Auseinandersetzung sah sich der Präsident zur Auflösung seiner Leibgarde gezwungen. Dieser Zwischenfall machte die tiefe Spaltung ziwschen Vieira und dem Oberbefehlshaber der Streitkräfte, Na Wai, deutlich, dessen Ermordung Auslöser für die Rache der Militärs am Staatsoberhaupt war.
Die jüngsten Ereignisse werden vom kolumbischen Drogenhandel überschattet, der das Land zu einem Hauptknotenpunkt des Kokainhandels zwischen Lateinamerika und Europa gemacht haben. (LM) (Fidesdienst, 02/03/2009 – 57 Zeilen, 607 Worte)


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