Von Pascale Rizk
Damaskus (Fides) - „An dem Tag, an dem unsere Kirche von Antiochien aller antiochenischen Heiligen gedenkt, hat sich heute Abend die verräterische Hand der Ungerechtigkeit erhoben und unsere Seelen mit den Seelen unserer Lieben geerntet, die heute während der Abendmesse in der Kirche des Heiligen Elias in Dwelaa in Damaskus als Märtyrer gefallen sind“. Mit diesen Worten wandte sich das griechisch-orthodoxe Patriarchat von Antiochien unter der Leitung von Patriarch Yohanna X. an die Gläubigen in aller Welt nach dem Massaker, das während der Abendmesse am Sonntag, dem 22. Juni, verübt wurde.
Die Kirche des St. Elias (Mar Illyas) befindet sich im Viertel Tabbalah beim Eingang zum Stadtteil Dwelaa. Sie wurde 1990 erbaut. Es handelt sich um einen Klosterkomplex mit einer Kirche, einer Schule und mehreren Gästezimmern für Pilger und Studenten.
Nach Informationen aus lokalen Quellen begann der Anschlag mit mehreren Schüssen auf betende Christen von außerhalb der Kirche. Dann drangen mindestens zwei Selbstmordattentäter mit Sprengstoffgürteln durch den Hintereingang zum Altar in die Kirche ein sprengten sich selbst in die Luft.
Der Augenzeugenbericht von Laure al Nasr
Unterdessen wurde in Video mit dem Bericht der Augenzeugin Laure al Nasr wurde in den sozialen Netzwerken veröffentlicht: Ihr Ehemann Geryes el Bechara, ein Mitglied der Generaldirektion der Straßenverkehrsbehörde, versuchte zusammen mit einem der bei der Messe anwesenden Brüder, Botros el Bechara, den Angreifer aufzuhalten. „Die Schüsse“, erzählt Laura in ihrem Bericht, traumatisiert von der eigenen Trauer, “schlugen zuerst in die Fenster der Kirche ein, so dass die Menschen Angst bekamen und sich um den Altar versammelten“. „Als der Attentäter in die Kirche eindrang“, so die Zeugin weiter, „versuchten Geryes und Botros, ihn aufzuhalten: der eine, indem er ihm auf den Arm schlug, damit er eine Granate fallen ließ, die nicht explodiert war, der andere, indem er versuchte, ihn aus der Kirche zu ziehen“. In diesem Moment zündete der Selbstmordattentäter seinen Sprengstoffgürtel und sprengte sich in die Luft“. „Ich sah, wie die Körper meines Mannes und meines Schwagers auseinandergerissen wurden, Seite an Seite. Sie haben versucht, uns alle zu retten, sie sind Märtyrer für unsere Kirche“. Weitere Mitglieder der Familie starben bei dem Massaker: die Schwester Myriam, die Cousins Julia, Sleman und Nabil. Eine Nichte und ein dritter Bruder von Geryes und Botros, der Notar Elias el Bechara, wurden schwer verletzt.
Unbestätigten Informationen zufolge könnten die Selbstmordattentäter pakistanischer Herkunft gewesen sein, und ein weiterer Attentäter soll nach dem Massaker entkommen sein.
Bislang wird die vorläufige Zahl der Toten mit 22 und 53 Verletzten angegeben. „Wir sammeln weiterhin die sterblichen Überreste und Leichen unserer Märtyrer ein“, heißt es in der vom Patriarchat veröffentlichten Erklärung.
Die Stellungnahme der Regierung
Frau Professor Hind Aboud Kabawat (vgl. Fides 12/2/2025), Ministerin für Arbeit und Soziales, die einzige christliche Ministerin in der von Ahmad al Sharaa geleiteten Regierung, begab sich an den Ort des Anschlags, um die Nähe der syrischen Regierung zu der von dem Massaker betroffenen Gemeinschaft zu bekunden. Die Regierungsbehörden verurteilten den Anschlag und macht Personen verantwortlich, die mit dem so genannten Islamischen Staat in Verbindung stehen. „Dieser kriminelle Akt, der sich gegen Mitglieder der christlichen Gemeinschaft richtet, ist ein verzweifelter Versuch, die nationale Einheit zu untergraben und das Land zu destabilisieren, sowie eine Antwort der Überreste des Terrorismus auf die anhaltenden Erfolge des Staates und der syrischen Führung“, heißt es in der Erklärung der Regierungsbehörden.
Der syrische Präsident Ahmed al-Scharaa stand unter dem Namen Abu Muhammed el-Jolani jahrelang an der Spitze der islamistischen „Hayat Tahrir al Sham“, die im Kampf gegen das Assad-Regime, das im Dezember letzten Jahres zusammenbrach, eine führende Rolle spielte.
Der Sprecher des Innenministeriums, Noureddine Al-Baba, kündigte an, dass „alle an dieser kriminellen Tat Beteiligten zur Rechenschaft gezogen werden und wir uns dafür einsetzen werden, dass die Kirche wieder in ihrem alten Glanz erstrahlt.“
Die Verbundenheit der gesamten Bevölkerung mit der von dem Massaker betroffenen Kirchengemeinde kam auch durch die Sammlung von Blutspenden in den Krankenhäusern zum Ausdruck, in denen die Verwundeten behandelt werden. Unterdessen wird das Massaker von islamistischer Seite gepriesen, und es werden einschüchternde Botschaften veröffentlicht, die sich an Christen in anderen syrischen Städten richten. Offizielle Solidaritätsbekundungen mit den syrischen Christen kamen hingegen von Führern anderer Religionsgemeinschaften, während mehrere Geistliche in den Krankenhäusern die Verwundeten und ihre Familien zu besuchten.
Im letzten Teil der Botschaft, die vom griechisch-orthodoxen Patriarchat von Antiochien veröffentlicht wurde, werden die zuständigen Behörden in Syrien aufgefordert, die „volle Verantwortung für den Schutz der Heiligen Stätten und aller Bürger zu übernehmen“. Und das in einer Zeit, in der der gesamte Nahe Osten mehr denn je von „unmenschlichen Kräften beherrscht zu werden scheint, die das Ende der Welt beschleunigen wollen“ (Papst Franziskus).
(Fides 23/06/2025)