ASIEN/INDONESIEN - Islamische Juristen und Aktivisten lehnen die Anwendung der Scharia auf Nichtmuslime ab

Dienstag, 29 April 2014

Banda Aceh (Fides) – Ein Artikel des neuen Strafgesetzbuchs für die indonesische Provinz Aceh, das im vergangenen Februar verabschiedet wurde, sieht die Verurteilung von Nichtmuslimen durch islamische Gerichte vor (vgl. Fides 15/2/2014). Nun wehren sich Anwälte, Rechtsexperten und Menschenrechtsaktivisten aus der Provinz gegen die Anwendung der Gesetze der Scharia auf Nichtmuslime. Unterdessen bat auch der indonesische Innenminister die Regierung von Aceh um die Klärung in einigen Punkten.
Der neue Strafkodex “Qanun Hukum Acara Jinayat” (QHAJ) sieht vor, dass Nichtmuslime nach muslimischem Recht verfolgt werden, wenn sie gemeinsam mit Muslimen Straftagen begangen haben.
Wie Der muslimische Rechtsprofessor Saifuddin Bantasyah von der “Syiah Kuala”-Universität in Banda Aceh betont ist dies nicht richtig. Der neue Strafkodex befasst sich auch mit Bereichen wie, Kleidung, Glücksspiel, Ehebruch, Alkoholkonsum, in denen es für Muslime bestimmte Vorschriften gibt. “Wenn das Verfahrensrecht solche Vorschriften auf Nichtmuslime anwendet, was wäre dann die Rechtsgrundlage für ein strafrechtliches Verfahren?”, fragt sich der Professor. Bereits 2006 wurden drei Christen zusammen mit Muslimen wegen eines Vergehen im Zusammenhang mit Glücksspiel dem islamischen Gericht in Banda Aceh vorgeführt. Der Richter erklärte damals, dass Christen von einem solchen Gericht nicht verurteilt werden können und legte fest, dass islamische Gerichte und Behörden nicht gegen diese vorgehen können, da sie nicht dem Islam angehörten). Wegen Störung der öffentlichen Ordnung sollten sie vor einem öffentlichen Gericht zur Rechenschaft gezogen werden.
Auch nach Ansicht des muslimischen Rechtsexperten Jamil Ibrahim, stellvertretender Vorsitzender des islamischen Gerichts in Aceh, sollte der neue Kodex nur für Muslime gelten: wenn nichtislamische Gläubige nicht öffentlich und freiwillig zustimmen, seien islamische Gerichte nicht zuständig. Nach Ansicht von Faisal Ali, Vertreter der muslimischen “Aceh Clerics Association”, handelte es sich bei der Einführung des neuen Strafrechts der Scharia um ein politisches Manöver “mit Blick auf die Wahl in diesem Jahr”. Sie zeuge von „mangelndem Religions- und Rechtsverständnis”.
Zulfikar Muhammad, Koordinator der “Aceh Human Rights Coalition”, in der sich rund 30 Menschenrechtsorganisationen zusammenschließen beklagt ebenfalls die Einführung der strittigen Klausel, die Nichtmuslime der Scharia unterzieht. “Dies ist einer Form der Diskriminierung von Nichtmuslimen”, betont er. In diesem Zusammenhang beklagte er den Verstoß gegen die Religionsfreiheit. Er habe beim Innenministerium bereits die Streichung dieser Klausel beantragt. Im Falle einer Beibehaltung der Klausel werde man sich an das Oberste Gericht wenden.
Die Einführung der Scharia in der Provinz Aceh wurde von der indonesischen Regierung 2001 im Rahmen “besonderer Autonomiebestimmungen” genehmigt. (PA) (Fides 29/4/2014)


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