AFRIKA/BURKINA FASO - EINE SYNERGIE DER WISSENSCHAFT WIRD VIELE KRANKHEITEN ZUM WOHL DES MENSCHEN UND ZUR EHRE GOTTES BESIEGEN: INTERVIEW MIT DEM GENFORSCHER PATER JAQUES SIMPORÉ

Montag, 7 Juli 2003

Ouagadougou (Fidesdienst) – Über eine mögliche Aidsimpfung für Kinder in Afrika, die sich noch in der Versuchsphase befindet, sprach der Fidesdienst mit dem Generalkonsultor der Kamillianer und Genforscher Pater Jacques Simporé, der sich in Burkina Faso für das Vorankommen des Unesco-Programm „Families First Africa“ engagiert. Pater Simpore ist Mitglied der Päpstlichen Akademie für das Leben:

Pater Simporé, Sie sind als Universitätsprofessor in Ouagadougou tätig? Wie sieht Ihre Arbeit aus? Auf welche Schwierigkeiten stoßen Sie dabei?
Ich bin in Burkina Faso um dort die Grundlagenforschung für eine HIV-Impfung für Kinder vorzubereiten. Ich arbeite dabei im Auftrag eines UNESCO-Programms, für das die italienische Regierung finanzielle Mittel bereitstellt. Ich bin dabei in vielen Bereichen tätig, doch an erster Stelle bin ich Ordensmann und Priester. Im wissenschaftlichen Bereich bin ich als Professor für Genforschung an der Universität Ouagadougou und als Leiter des biomedizinischen Forschungslabors für Molekularforschung im „San Camillo“-Krankenhaus in Ouagadougou tätig. Ich arbeite bei meiner wissenschaftlichen Forschung sowohl mit der WHO als auch mit der UNESCO aber auch mit den Forschungseinrichtungen meines Landes zusammen. Wir stehen vielen Herausforderungen gegenüber, doch unserer Hoffnung und unser Glaube sind in Jesus Christus verankert, der uns berufen hat, ihm zu folgen.

Was müssen wir uns unter Versuchen im Zusammenhang mit einer Aidsimpfung für Kinder vorstellen, die Sie in Afrika vorbereiten?
Klinische Versuche am Menschen machen verschiedenen Phasen notwendig, damit die Sicherheit des Experiments gegeben ist; man darf mit klinischen Versuchen auf keinen Fall das Menschenleben gefährden. Deshalb muss sichergestellt werden, dass der gewonnene Impfstoff ungefährlich, wirksam und immun ist, bevor man von der Grundlagenforschung zur klinischen Phase übergehen kann. Außerdem bedarf es globalpolitischer Vereinbarungen und das Forschungsprotokoll muss von der Ethikkommission des betreffenden Landes gebilligt werden. Deshalb gibt es eine Grundlagenforschung im Labor, die der klinischen Phase voraussgeht.
Was die HIV-Impfung für Kinder anbelangt, so wurde die Grundlagenforschung bereits in Italien und in den Vereinigten Staaten betreiben. Die Regierung vom Burkina Faso hat bereits eine Vereinbarung zur Billigung des Forschungsprojekts unterzeichnet. Nun werden wir in Absprache mit der Ethikkommission in Burkina Faso Forschungen zum genetischen Background des „HLA-Systems“ der Bevölkerung in Burkina Faso betreiben und versuchen, die genetischen Eigenschaften der HIV-Typen, die in Burkina Faso auftreten, zu erforschen. Diese Forschung wird im „San Camillo“-Krankenhaus in Ouagadougou stattfinden, das von den Kamillianern getragen wird. Weitere Forschungsarbeiten werden im Forschungslabor von Professor Vittorio Coalizzi in Italien stattfinden. Die Forschungsarbeiten werden etwa sechs Monate in Anspruch nehmen. Danach wird man zur klinischen Phase übergehen und gesunden HIV-negative Erwachsenen in Rom, Baltimore und Ouagadougou den Impfstoff verabreichen. In einer weiteren Versuchsphase werden Kinder von HIV-positiven Müttern geimpft, die der PTME-Therapie (zur Vorbeugung gegen die Übertragung des HIV-Virus von der Mutter auf das Kind) unterzogen wurden.

Sie arbeiten persönlich an dem Projekt mit, können Sie uns weitere Einzelheiten beschreiben?
Heute kann man nicht mehr ein allumfassendes Wissen besitzen, wie dies in den vergangenen Jahrhunderten möglich war. Heute ist jeder in einem speziellen Bereich tätig. Das betreffende UNESCO-Forschungsprojekt zur Entwicklung einer Aidsimpfung für Kinder zielt vor allem darauf ab, die Immunabwehr von Neugeborenen in den ersten Lebenstagen anzuregen und einer Infizierung mit dem Virus während der Stillzeit vorzubeugen. Die UNESCO-Kinderimpfung wird zusammen mit der Tuberkuloseimpfung verabreicht. Dabei werden die spezifischen Eigenschaften des Tuberkulose-Impfstoffs genutzt, die die Wirkung der HIV-Impfung unterstützen. Der Schutz gegen die Übertragung des HIV-Virus während der Stillzeit wird also in einer sehr frühen Phase der Infizieirung verabreicht, wenn das Immunsystem des Neugeborenen noch Intakt ist und große Fähigkeiten zur Reifung besitzt.
Das UNESCO-Projekt ist in drei Phasen geliedert:
1) Grundlagenforschung im Labor zur Definition der Zusammensetzung des Impfstoffs
2) Klinische Versuche der ersten Phase an freiwilligen erwachsenen gesunden Versuchspersonen, die der Dokumentation der Ungefährlichkeit des Impfstoffs und des Ausbleibens von Wechselwirkungen mit dem Tuberkuloseimpfstoff dienen. Diese Versuche werden in den Vereinigten Staaten (Baltimore), Italien (Rom) und Burkina Faso (Ouagadougou) an gesunden Personen mit eingeschränktem Risiko einer natürlichen HIV-Infektion
3) Klinische Versuche der ersten Phase an neugeborenen Kindern HIV-positiver Mütter zur Bestätigung und vollständigen Dokumentation der Ungefährlichkeit und Ungiftigkeit des der UNESCO-Kinderimpfung. Diese Versuchsphase wird in Burkina Faso im „San Camillo“-Krankenhaus in Ouagadougou stattfinden.

Wird man tatsächlich viele Menschenleben retten können?
Bereits am Anfang des Menschenlebens gibt es einen Wettkampf zwischen dem Menschen und Krankheitserregern. Unter biologischen Gesichtspunkten haben diese Mikroorganismen den Menschen oft besiegt. Doch unter kulturellen Gesichtspunkten konnte der Mensch vor allem in den vergangenen Jahrhunderten den Vorsprung aufholen und viel Krankheitserreger zerstören. Pocken, Hiernhautentzündung, Tuberkulose, Pest … sind zwar nicht vollständig besiegt, doch wir sind nicht mehr so sehr davon betroffen wie früher. Die von der UNESCO entwickelte Impfung könnte angesichts der genetischen Variabilität des HIV-Virus nicht gut funktionieren können, doch die ihm Rahmen des Projekts betrieben Forschung wird uns um viele Erfahrungen reicher machen. Auf dieser Grundlage werden weitere Impfstoffe entwickelt werden können, denen jeweils der genetische Background des HLA-Systems der Bevölkerung zugrunde liegt.
Trotz der Schwierigkeiten, auf die wir bei der Forschung stoßen, wächst unsere Hoffnung. Wir sind uns sicher, dass wir eines Tages durch die Synergie zwischen unseren Forschen viele Krankheiten und auch Aids zum Wohl der Menschen und zur Ehre Gottes besiegen werden können.
(AP) (Fidesdienst, 7/7/2003 – 86 Zeilen, 874 Worte)


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