AFRIKA/TUNESIEN - Nationaldirektor der Päpstlichen Missionswerke: „Tunesien ist ein interessantes politisches Laboratorium“

Montag, 10 September 2012

Tunis (Fidesdienst) – „Tunesien ist in diesem Moment ein äußerst interessantes politisches Laboratorium. Die politische Debatte ist tiefgründig und lebendig“, so der Nationaldirektor der Päpstlichen Missionswerke in Tunesien, P. Jawad Alamat, zum Fidesdienst.
„Ich habe den Eindruck, als ob die linken Parteien sich neu formieren wollen um sich nach dem Sieg der Ennhada (islamisch geprägte Regierungspartei, Anm. d. Red.) als Opposition zu profilieren. Die Wähler dieser Partei sind enttäuscht. Die Menschen erwarteten von den neuen Führungskräften rasche Lösungen für die Probleme des Landes, obschon sie erst seit kurzem an der Regierung sind. Wir befinden uns also an einem Punkt, an dem ein neues politisches Gleichgewicht in Tunesien entstehen könnt.“
Zu den Anschlägen der Salafisten (z. B. auf Hotels, in denen Alkohol verkauft wird) und Protesten gegen das Gesetz über das Verbot des Schleiers für Studentinnen an der Universität (das unterdessen abgeschafft wurde), sagt P- Alamat: „Man darf den Salafisten nicht zuviel Bedeutung beimessen, denn je mehr man über sie spricht, desto wichtiger werden sie. In Wirklichkeit sind sie nicht so wichtig, aber sie machen mehr auf sich aufmerksam als andere. Es handelt sich um eine gut organisierte Minderheit, die die Massen mobilisiert und auf diese Weise das Interesse der Medien weckt“.
„Was hier geschieht“, so der katholische Geistliche weiter, „ist eine Auseinandersetzung in den Reihen des Islam, zwischen Extremisten, wie zum Beispiel die Salafisten , und anderen, die eine ausgewogener Position vertreten. Es ist interessant, diese Diskussion innerhalb der islamischen Welt mitzuverfolgen, die dann auf politischer Ebene umgesetzt wird, weil es im Islam keine Trennung zwischen Religion und Staat gibt. Die Debatte findet zwischen denjenigen statt, die eine offene und moderne Gesellschaft wünschen, wie es sie in Tunesien bisher gab, und denen, die die eigene islamische Identität hervorheben wollen.“
Der Nationaldirektor der Päpstlichen Missionswerke in Tunesien betont auch, dass die christliche Religionsgemeinschaft ungestört ihre eigenen Aktivitäten fortsetzt“. „Die tunesische Gesellschaft ist in Bewegung und es ist normal, dass es in einer solchen Phase auf dem Weg zur Demokratie auch Ausrutscher gibt. Doch das Volk ist wachsam und beobachtet mit großem Interesse das Handeln der Regierung, weshalb es bei den nächsten Wahlen eine richtige Entscheidung treffen wird“, so P. Alamat abschließend. (LM) (Fidesdienst, 10/09/2012)


Teilen: