AFRIKA/SUDAN - Appell der sudanesischen Bischöfe für Darfur: „Wenn die Regierung in Khartum die eigene Verantwortung nicht übernehmen will, bitten wir die internationale Staatengemeinschaft um eine umgehendes Eingreifen“.

Montag, 30 August 2004

Khartum (Fidesdienst) - „Als Hirten können wir die Vernichtung einer ganzen Bevölkerungsgruppe nicht untätig hinnehmen, was immer auch ihr Credo, ihre Art oder ihr Clan sein mag“, schreiben die Bischöfe in einer Ende August veröffentlichten Verlautbarung zur dramatischen Krise in Darfur (Westsudan). „Darfur wurde seit jeher als billiger Arbeitsmarkt betrachtet und als Ort, an dem Soldaten rekrutiert werden konnten, die in Bürgerkriegen in den anderen Regionen des Sudan eingesetzt wurden“, so die Bischöfe, die darauf hinweisen, dass die gegenwärtige Krise bereits vor mehreren Jahren begann: „Während der vergangenen 10 bis 15 Jahre wollte die sudanesische Regierung die Aufstände in Darfur nicht eingestehen und es wurde in den Medien der Anschein erweckt, als ob die Rebellion in Darfur von Banditen und Straßenräubern verursacht werde“.
Zur Unterdrückung des Aufstandes der Bevölkerung in der Region Darfur (die der Zentralregierung die Vernachlässigung der Region vorwerfen), arbeiten die regulären Streitkräfte mit den so genannten „Janjaweed“-Milizen zusammen, die Massaker an Zivilisten verüben. „Wir stehen einem wahren Völkermord gegenüber und es handelt sich nicht mehr nur um die Schwelle zum Völkermord, wie die internationale Staatengemeinschaft weiterhin glauben machen will“, so Bischof Macram Max Gassis von El Obeid, in dessen Bistum sich die Region Darfur befindet, im Gespräch mit dem Fidesdienst. „Wenn man Zivilisten einer bestimmten Volksgruppe in einem bestimmten Teil der Region Darfur absichtlich ermordet, dann handelt es sich auf der Grundlage der Bestimmungen der Konvention über den Völkermord und des Gerichtshofs für internationale Verbrechen um einen Völkermord“, bekräftigt der Bischof. „Tausende von Zivilisten, die bisher von den Milizen ermordet, vergewaltigt und gefoltert wurden, reichen aus, damit der Begriff ‚Völkermord’ auf die Situation in Darfur angewandt werden kann und nicht länger von eiern Situation gesprochen wird, die ‚an einen Völkermord grenzt’“. Nach internationalen Schätzungen wurden bei den Gewaltakten gegen die Zivilbevölkerung in der Region Darfur über 30.000 Menschen getötet und rund 1 Million Menschen haben die Region als Flüchtlinge und Vertriebene verlassen.
Die Bischöfe erinnern in ihrer Verlautbarung auch an die Verantwortlichkeit derjenigen, die die Janaweed-Milizen mit Waffen versorgen. „Die Janaweed können fortschrittliche Waffen und Munition nicht selbst kaufen, denn sie besitzen nicht die notwendigen finanziellen Mittel. Außerdem verfügen sie auch nicht über die Kampfflugzeuge, mit denen die Luftangriffe auf die Zivilbevölkerung verübt werden“. Die Bischöfe erinnern außerdem an die augenscheinliche Ähnlichkeit der Janaweed-Milizen mit den in anderen Regionen des Sudan mit der Regierung zusammenarbeitenden Milizen.
„Wir fordern die Vereinten Nationen und die internationale Staatengemeinschaft auf, Druck auf die Regierung im Sudan auszuüben und zwar nicht nur um die Aufrüstung der Janaweed-Milizen zu verhindern, sondern auch um sicherzustellen, dass diejenigen, die diese Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen haben, der Justiz ausgeliefert werden“, so die Bischöfe. „Sollte die Regierung sich der eigenen Verantwortung nicht stellen, bitten wir die internationale Staatengemeinschaft um ein umgehendes Eingreifen auf. Die Zeit spielt eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, das Leben unschuldiger Menschen zu retten.“.
Die Bischöfe fordern die Regierung des Landes auf, internationalen Hilfswerken Zugang zu der betroffenen Region zu verschaffen und bitten „beide Kriegsparteien sich an den Verhandlungstisch zu setzen und sich um eine friedliche Lösung für die Situation in der Region zu bemühen“.
Am heutigen 30. August läuft das Ultimatum der Vereinten Nationen für die Regierung in Khartum hinsichtlich der Beendigung der Zusammenarbeit mit den Janaweed-Milizen ab. Sollte Khartum das Ultimatum nicht einhalten, werden wirtschaftliche Sanktionen gegen den Sudan in Kraft treten. Unterdessen werden in Abuja (Nigeria) die Friedensgespräche zwischen der sudanesischen Regierung und den beiden in Darfur agierenden Guerillabewegungen fortgesetzt. An den Gesprächen nehmen auch Beobachter der kirchlichen Gemeinschaft Sant’Egidio teil. (LM) (Fidesdienst, 30/8/2004 - 56 Zeilen, 609 Worte)


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