EUROPA/ITALIEN - PRÄSIDENT DES PÄPSTLICHEN INSTITUTS FÜR ISLAMKUNDE, PROF. LACUNZA ZUR FRAGE RADIKALER MUSLIMISCHER PRDIGER: „WERDE VIELLEICHT AUCH ICH, DER ICH SEIT 30 JAHREN ISLAMKUNDE SUTDIERE ALS FEIND DES ISLAM BETRACHTET?“

Donnerstag, 12 Juni 2003

Rom (Fidesdienst) – „Wir dürfen denjenigen, die den Hass verherrlichen und andere zum Töten aufrufen keinen Platz lassen. Dies ist wirklich Wahnsinn. Es handelt sich um ein Problem der Öffentlichkeit, mit dem sich die Regierung konfrontieren werden muss. Die Nutzung von institutionellen Orten, wie Moscheen und Plätze, für Reden, in denen zu Gewalt und Krieg aufgerufen wird, kann in einem zivilen und demokratischen Land nicht akzeptiert werden“, so der Rektor des Päpstlichen Institutes für Islamkunde (PISAI), Pater Justo Lacunza Balda, der weltweit zu den renommiertesten katholischen Islamexperten gehört, im Gespräch mit dem Fidesdienst zur Predigt, die am vergangenen Freitag in der Großen Moschee in Rom gehalten wurde. Der Imam Abdel Samie Mahmoud Ibrahim Moussa hatte dazu aufgefordert, „die Feinde des Islam zu vernichten und überall auf der Welt den Sieg der Muslimischen Nation sicherzustellen.“ Der Wortlaut dieser Ansprache, der am 7. Juni von der italienischen Tageszeitung „La Repbblica“ veröffentlicht worden war, hat zu heftigen Reaktionen und einer Stellungnahme des italienischen Innenministers geführt.
Prof. Lacunza ist besorgt hinsichtlich der weiteren möglichen Entwicklung: „Es handelt sich dabei nicht um eine Frage der Religionsfreiheit. Es sollte in diesem Zusammenhang klar gesagt werden, dass die italienische Verfassung das öffentliche Aufrufen zu Hass und Gewalt gegen unwirkliche Feinde, deren Identität in diesem Fall nicht genannt wird, verbietet. Was am vergangenen Freitag passiert ist, kann nicht als Zufall betrachtet werden: es handelt sich um schwerwiegende Fakten, die in einer demokratischen Gesellschaft unzulässig sind. Dies verdeutlicht das in Italien existierende ernsthafte Problem der Beziehungen zwischen Kulturen und Religionen, wobei es sich um eine Frage handelt, die das zivile Zusammenleben anbelangt. Der Aufruf zur Dschihad schadet auch der in Italien lebenden muslimischen Gemeinde selbst, denn er führt zu einer Kultur der Intoleranz und begünstigt Misstrauen und Ablehnung gegenüber Muslimen. Da frage ich mich schon: „Werde vielleicht auch ich, der ich 30 Jahre meines Lebens dem Studium muslimischer Texte gewidmet habe, als Feind des Islam betrachtet?“
Professor Lacunza wundert sich über die Tendenzwende in der Großen Moschee in Rom deren vorheriger Imam, Mahmoud Hammad Sheweita zu den wenigen gehörte, die das Attentat vom 11. September verurteilt hatten, und für seine Bereitschaft zu Toleranz, Öffnung, Dialog bekannt war. Dies war nicht zuletzt auch in seiner Teilnahme an zahlreichen interreligiösen Treffen zum Ausdruck gekommen. Der Rektor des PISAI weist in diesem Zusammenhang auch auf die Frage der Ernennung der Imam für das Islamische Kulturzentrum (mit Sitz in den Räumlichkeiten der Moschee in Rom) und der Verwaltung der muslimischen Gemeinde in Italien hin, an der Saudi Arabien, Marokko und die Al Azahr-Universität in Kairo beteiligt sind.
Prof. Lacunza hofft nun auf eine Verurteilung von gewaltsamen Worten und Verhaltensweisen seitens der in Italien ansässigen islamischen Organisationen, wie zum Beispiel die COREIS (Islamische Religiöse Gemeinde in Italien), die Muslimische Weltliga, Die Union der Islamischen Gemeinden in Italien und anderen. Abschließend betont er: „Wir wünschen und unterstützen politischen, kulturellen und religiösen Pluralismus und Freiheit. Doch wir dürfen nicht zulassen, dass Prediger Hass anschüren und zum Töten aufrufen.“
(PA) (Fidesdienst, 12/6/2003 – 44 Zeilen, 520 Worte)


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